Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) befürchtet nach dem Karlsruher Haushaltsurteil auch Auswirkungen auf die Energiepreisbremse. Das Urteil beziehe sich zwar nur auf den Klima- und Transformationsfonds, sagte der Grünen-Politiker im Deutschlandfunk. Allerdings: "In der Begründung bezieht sich das Urteil, weil es so fundamental gesprochen ist, in der Tat im Grunde auf alle Fonds, die aufgesetzt wurden und die überjährig sind."
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Habeck über Urteil: Bei nächster Krise keine Preisbremse mehr
Zur Ankündigung von Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU), auch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds auf Verfassungsmäßigkeit prüfen zu lassen, sagte Habeck, das Urteil beziehe sich seiner Ansicht nach auch auf diesen Fonds. Die Union müsse nicht klagen. "Das heißt aber im Klartext, dass jedenfalls für die Zukunft, der (Fonds) soll ja andauern bis zum Sommer 2024, die Bürgerinnen und Bürger höhere Strom- und gegebenenfalls höhere Gaspreise bekommen werden."
Bei kommenden Krisen gebe es dann keine Preisbremsen mehr zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger: "Sollten wir in eine Krise reingeraten, werden wir die Gas- und die Strompreisbremse nicht mehr ziehen können. Dann werden wir höhere Gas- und Strompreise und Fernwärmepreise haben."
Bürger sollen "Dankes-Schreiben" für höhere Preise an Union richten
Die "Dankes-Schreiben" dafür könnten die Bürgerinnen und Bürger an die Union richten, sagte Habeck. Diese hatte gegen die Schuldenumwidmung der Bundesregierung in Karlsruhe geklagt. Die Preisbremsen für Strom und Gas gelten noch bis zum 31. März. Die Preise werden dabei für einen Großteil des Verbrauchs von Privathaushalten gedeckelt - für Strom bei 40 Cent und für Gas bei 12 Cent je Kilowattstunde. Die Marktpreise sind inzwischen aber so stark gesunken, dass die Deckel für die meisten Haushalte irrelevant sein dürften.
Habeck über Lindners Sparvorschläge: "Alles nur Gerede"
Vorschläge von Finanzminister Lindern (FDP) wies Habeck zurück: Die Aussage, mit weniger Subventionen Klimaschutz und den Umbau der Industrie möglich zu machen, sei leicht gesagt, kritisierte der Grünen-Politiker. "Die halbe Welt subventioniert genau diesen Prozess." Der Wettbewerb sei intensiv. "Deswegen ist das erst einmal alles nur Gerede. Die Wirklichkeit sieht anders aus."
Auch Überlegungen aus der FDP, den Sozialetat zu kürzen, seien ein Zeichen für Ratlosigkeit. "Wo will man 60 Milliarden Euro Sozialleistungen kürzen? Das geht an der Dramatik der Situation dramatisch vorbei."
Verärgert über die Liberalen zeigte sich auch SPD-Fraktionsvize Sönke Rix: "Wenn die FDP jetzt Kürzungen bei den Sozialleistungen ins Spiel bringt, spielt sie nicht nur mit dem Zusammenhalt in der Koalition, sondern gefährdet auch massiv den demokratischen Zusammenhalt in unserem Land." SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast sagte der "Augsburger Allgemeinen": "Wer eilig Sozialkürzungen fordert, vergisst worauf Deutschlands Stärke fußt: auf dem Ausgleich von wirtschaftlichem Erfolg, Klimaschutz und sozialem Zusammenhalt."
Union weist Vorwürfe zurück
Die Spitze der Unionsfraktion im Bundestag verwahrte sich gegen Habecks Vorwürfe. Anstatt die Unionsfraktion zu beschimpfen, solle sich Habeck "die Frage stellen, warum das höchste deutsche Gericht die Finanztricks und den Haushalt der Regierung erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik für verfassungswidrig und nichtig erklärt hat", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), der Deutschen Presse-Agentur. "Robert Habeck verrutschen die Maßstäbe." Frei betonte, die Union wünsche sich mehr Nachhaltigkeit. "Und dazu gehört selbstverständlich auch eine nachhaltige Haushaltsplanung." Es dürfe keine unsolide Haushaltspolitik "auf Kosten unserer Kinder und Kindeskinder geben".
CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte in München, er sei erschüttert über die Reaktion der Ampel auf die Karlsruher Entscheidung. Die Regierung habe offenbar überhaupt keinen Plan B und stehe nun vor einem Scherbenhaufen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte in der vergangenen Woche die geplante Umwidmung von Krediten von 60 Milliarden Euro im Haushalt 2021 verboten. Sie waren zur Bewältigung der Corona-Krise genehmigt worden, sollten aber für Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Nun stehen die Milliarden nicht zur Verfügung.
Mit Informationen von dpa, AFP und Reuters
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