Kurz vor den Weihnachtsgottesdiensten hat die Polizei die Sicherheitsmaßnahmen am Kölner Dom wegen Hinweisen auf einen möglichen Anschlagsplan einer islamistischen Gruppe erhöht. Nach ARD-Informationen kam der Hinweis von einem ausländischen Nachrichtendienst. Auch eine Kirche in Wien sei mögliches Ziel gewesen, hieß es am Samstag.
"Auch konkrete Namen von möglicherweise beteiligten Personen ergeben sich aus dem Hinweis. Sie befinden sich in Österreich, Spanien und Deutschland, konkret ist nach Informationen von ARD-Hauptstadtstudio und SWR ein Mann im Saarland im Visier", berichtet tagesschau.de.
Generalbundesanwalt offenbar skeptisch
Nach ARD-Recherchen ist der Mann den Behörden schon lange als Extremist bekannt, die Hinweise auf seine mögliche Beteiligung an einer - wie auch immer gearteten - konkreten Straftat sind aber vage. Trotzdem wurde er am Samstag festgenommen.
Bis Sonntag um Mitternacht müssen die Behörden nun entscheiden, ob das vorhandene Material für den Antrag eines Haftbefehls ausreicht. Wenn nicht, muss er freigelassen werden.
Auch der Generalbundesanwalt in Karlsruhe war in den vergangenen Stunden mit dem Vorgang befasst, ist aber wegen des dünnen Sachverhalts skeptisch, heißt es laut tagesschau.de aus Ermittlungskreisen. Eine offizielle Stellungnahme der Behörde war am Samstagabend in der Sache nicht zu erhalten.
In Österreich wurden derweil nach Angaben des dortigen Innenministeriums vier Menschen festgenommen. Derzeit liefen Befragungen der Verdächtigen und entsprechende Auswertungen, teilte die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst im österreichischen Innenministerium mit.
Wer steckt möglicherweise hinter den Plänen?
Wie mehrere Medien berichten, könnte es bei der Gruppe, die den Anschlag geplant hat, möglicherweise einen Bezug zu einem Ableger des Terrornetzwerks Islamischer Staat (IS) geben, der sich Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) nennt und in Afghanistan schon seit einigen Jahren einen bewaffneten Konflikt mit den militant-islamistischen Taliban austrägt.
Für den Terrorexperten Peter R. Neumann sind die möglichen Verwicklungen des ISPK kaum verwunderlich. "Innerhalb kurzer Zeit investierte man in Propaganda und baute Netzwerke außerhalb der Region auf - quasi als Ersatz für die arabischen Netzwerke des IS, die von Sicherheitsbehörden Mitte der 2010er Jahre zerschlagen wurden", schreibt Neumann auf der Plattform X (vormals Twitter). Und: "ISPK ist vermutlich der einzige IS-Ableger, der aktuell fähig wäre, im Westen einen großen, koordinierten Anschlag durchzuführen."
Auch Verfassungsschützer haben in den vergangenen Monaten immer wieder vor dem IS-Ableger gewarnt. Über Online-Magazine wie "Voice of Khurasan" werde islamistisch motivierter Terrorismus (Dschihad) verherrlicht, heißt etwa im aktuellsten Jahresbericht des bayerischen Verfassungsschutzes von 2022.
Erhöhte Polizeipräsenz am Kölner Dom
Die Kölner Polizei hatte die Erhöhung ihrer Schutzmaßnahmen mit einem Gefahrenhinweis begründet, ohne Details zu nennen. Der Staatsschutz, der bei politisch motivierten Straftaten aktiv wird, habe Ermittlungen aufgenommen. Gottesdienstbesucher des Kölner Doms und Touristen müssten sich in den nächsten Tagen auf erhöhte Sicherheitsstandards einstellen.
"Auch wenn sich der Hinweis auf Silvester bezieht, werden wir bereits heute Abend alles für die Sicherheit der Dombesucher an Heiligabend in die Wege leiten. In Abstimmung mit dem Sicherheitsbeauftragten des Domkapitels wird die Kathedrale nach der Abendmesse mit Spürhunden abgesucht und anschließend verschlossen", sagte der Chef der Kölner Kriminalpolizei, Michael Esser, laut Mitteilung. Am Samstagabend fuhren Polizeifahrzeuge vor dem Kölner Dom vor. Am Sonntag würden "alle Besucher vor Betreten des Gotteshauses einer Kontrolle unterzogen".
Erhöhte Terrorwarnstufe in Österreich
In einer Mitteilung der Wiener Polizei hieß es zuvor, die Sicherheitsbehörden in Österreich hätten angesichts von Aufrufen zu terroristischen Angriffen gegen christliche Veranstaltungen in ganz Europa, insbesondere an Heiligabend, ihre Schutzmaßnahmen erhöht. Auch aufgrund einer aktuellen Gefährdungseinschätzung des Verfassungsschutzes gelte während der Weihnachtsfeiertage allgemein eine erhöhte Gefährdungslage, teilte die Polizei mit. Es werde als Vorsichtsmaßnahme in Wien und in den Bundesländern eine verstärkte Überwachung gefährdeter Orte geben, darunter auch Kirchen und Weihnachtsmärkte.
Es werden demnach zivile und uniformierte Einsatzkräfte mit besonderer Ausrüstung und auch mit Gewehren im Einsatz sein. "Die polizeiliche Aufmerksamkeit richtet sich vor allem auf Kirchen und religiöse Veranstaltungen, insbesondere Gottesdienste, und auf Weihnachtsmärkte", erklärte die Polizei weiter. Die Terrorwarnstufe in Österreich sei nach wie vor erhöht. Die zusätzlichen Vorsichtsmaßnahmen dienten der Aufrechterhaltung der allgemeinen Sicherheit in Österreich, hieß es.
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