Ingo Lierheimer, Teamleiter Politik und Hintergrund
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Landtagswahlen: Denkzettel für demokratischen Parteien

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Kommentar: Denkzettel für demokratische Parteien

Kommentar: Denkzettel für demokratische Parteien

Nach der Wahl in Thüringen und Sachsen stehen die demokratischen Parteien vor der Aufgabe, Bündnisse gegen die rechtsextremistische AfD zu ermöglichen. Denn diese will die freiheitliche Demokratie überwinden, meint Ingo Lierheimer. Ein Kommentar.

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Genüsslich und generös wiederholte Björn Höcke gestern Abend vor allen Mikrofonen, dass seine Hand ausgestreckt sei. Dass er zu Gesprächen mit anderen Parteien bereit sei. Und der AfD-Landesvorsitzende versuchte, die Brandmauer zu seiner Partei als dämliches Gerede abzutun. Der geschichtsvergessene Rechtsextremist weiß sehr wohl, dass in diese Hand niemand einschlagen wird und niemand einschlagen will. Und das ist gut so.

AfD will das demokratische System überwinden

Denn die AfD ist keine gewöhnliche Partei. Sie ist und wird immer mehr eine Gefahr für die Demokratie. Sie spricht von Umvolkung, faselt von Remigration, kündigt Angriffe auf Justiz, Medien und zivilgesellschaftliche Projekte an. Kurz: Sie will das demokratische System überwinden. Ihre Wähler votieren mehrheitlich aus Überzeugung für sie. Was bedeutet, dass die AfD die ihr gerne immer wieder zugeschobene Rolle als Protestpartei weitgehend abgelegt hat.

Denkzettel für alle demokratischen Parteien

Dass mit der AfD erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik eine als rechtsextrem eingestufte Partei in Thüringen stärkste Partei wird und in Sachsen nur knapp hinter der CDU landet, ist kein Denkzettel für die Ampel, es ist ein Denkzettel für alle demokratischen Parteien, die dies nicht verhindert haben, und auch für eine Gesellschaft, die diese Entwicklung lange nicht ernst genug genommen hat.

AfD ist in politische Lücke gestoßen

Die AfD, so zeigt die Analyse, ist dort besonders stark, wo die Regionen wirtschaftlich schwach sind. Das ist zwar irrational, weil sich die, die AfD wählen, genau gegen einen volleren Geldbeutel entscheiden. Aber es zeigt, wo vor allem das Problem liegt: In der strukturschwachen Fläche, auf dem Land sind demokratische Parteien immer weniger vertreten. Ihre Mitgliederzahlen schmelzen wie das Eis in der Sonne. Hinzu kommt, dass es auch im vorpolitischen Raum immer weniger Angebote gibt.

Demokratische Bündnisse gegen die AfD

In diese Lücke ist die AfD gestoßen. Sie ist kein Ostphänomen, aber im Osten schon zur Normalität geworden. Dagegen hilft der berechtigte Hinweis auf ihre rechtsextreme Ausrichtung nichts mehr. Dagegen helfen nur demokratische Bündnisse. Die sowohl in Sachsen wie in Thüringen nicht inhaltlich, sondern rein rechnerisch motiviert sein werden. Das bedeutet v.a. für die CDU, dass sie flexibler werden muss und darüber nachdenken sollte, ob sie den Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linken aufrechterhalten will.

Es ist allerhöchste Zeit, denn die AfD regiert indirekt über die erreichte Sperrminorität schon mit. Sie kann damit unter anderem die Wahl von Verfassungsrichtern beeinflussen oder die Auflösung des Landtags verhindern. Um diese neue Normalität zu einer vorübergehenden Episode werden zu lassen, müssen sich alle Demokraten mehr engagieren: Parteien genauso wie die Zivilgesellschaft.

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