Heinrich XIII. Prinz Reuß, Hauptangeklagter im Prozess gegen eine mutmaßliche "Reichsbürger-Gruppe" sitzt zwischen seinen Verteidigern auf der Anklagebank vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main. (Archiv, 25.06.2024)
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Im Reichsbürgerprozess vor dem OLG Frankfurt erzählte der mutmaßliche Rädelsführer Heinrich XIII. Prinz Reuß am Freitag von seinem Lebenslauf.

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"Lehne Gewalt ab": Prinz Reuß sagt in Reichsbürgerprozess aus

Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ist am Freitag der elfte Verhandlungstag im Reichsbürgerprozess zu Ende gegangen. Im Mittelpunkt stand dabei der mutmaßliche Rädelsführer Prinz Reuß. Er wies vor Gericht alle Vorwürfe der Bundesanwaltschaft zurück.

Mitgliedschaft in und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung sowie die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens - die Vorwürfe gegen Heinrich XIII. Prinz Reuß wiegen schwer. Im Prozess gegen den Immobilienhändler und insgesamt acht weitere Angeklagte vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte Reuß am Freitag erstmals die Möglichkeit, sich selbst zu äußern. Er selbst sieht sich demnach in dem Verfahren in der Opferrolle.

Reuß berichtet von "Vergewaltigungen der Psyche"

In seiner rund zwei Stunden dauernden Aussage gab Reuß vor allem Einblicke in seine persönlichen Verhältnisse und seinen Werdegang. Seine Familie sei 1945 von ihren Besitzungen in Thüringen nach Hessen geflohen.

In seiner Kindheit habe er oft "Vergewaltigungen seiner Psyche und Seele" erfahren müssen. So hätten ihn Mitschüler und Lehrer wegen seines Namens oft erniedrigt und angegriffen. Reuß pausierte seine Schilderungen immer wieder, den Tränen nahe, als er von seiner Familiengeschichte rund um seine vier Geschwister, das Leben seiner Eltern und seine Jugend sprach. Der Vorsitzende Richter Jürgen Bonk unterbrach die Sitzung insgesamt dreimal.

Enteignungen nach dem Zweiten Weltkrieg großes Thema für den Angeklagten

Nach einer harten Kindheit und Jugend habe er als Ingenieur und Betriebswirt verschiedenste Geschäfte verfolgt. Mit der "sogenannten Wiedervereinigung" Deutschlands beschäftigte er sich zunehmend mit einer Rückkehr zu den Familienländereien nach Thüringen, mit der ihn schon sein Vater beauftragt habe, so Prinz Reuß. Zu diesem Thema äußerte sich der 72-Jährige mehrmals. Er habe sich fortwährend um die Rückgabe von früherem Familieneigentum bemüht, aber die geforderten Nachweise seien aufgrund von Flucht und Zerstörung kaum vorhanden. 2022 wollte Reuß nach eigenen Angaben prüfen lassen, den "Volkstamm der Reußen" als indigenes Volk anerkennen zu lassen.

Reuß beteuert: strikter Gegner von Gewalt

Vor Gericht wies Reuß auch immer wieder daraufhin, dass er ein strikter Gegner von Gewalt sei. "Natürlich lehne ich Gewalt ab – aber die Anklage versucht mir das Gegenteil zu unterstellen", sagte er am Freitag.

Zu den Anklagepunkten machte Reuß keine Angaben, diese werden derzeit noch vom Prozess ausgeklammert. Mit nur einem Satz nahm er zur Sache und zum Glauben der Verschwörer Bezug: Es habe sich herausgestellt, dass "die Erdallianz" ein "trojanisches Pferd" sei, die nichts veranlasst habe. Damit spielte er auf die Annahme der Verschwörer an, ein ihnen gewogener Bund auswärtiger Mächte würde die Demokratie in Deutschland beseitigen.

72-Jähriger soll Kopf einer terroristischen Vereinigung sein

Die Bundesanwaltschaft wirft Prinz Reuß und insgesamt weiteren 25 vor, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein beziehungsweise diese unterstützt zu haben. Unter dem Eindruck von Verschwörungstheorien sollen sie einen Umsturz geplant haben, bei dem unter anderem der Bundestag in Berlin mit Waffengewalt gestürmt und Abgeordnete gefangen genommen werden sollten. Dabei hätten die Angeklagten bewusst Tote in Kauf genommen, so die Anklage. Reuß soll an der Spitze des Komplexes gestanden haben. Aufgeflogen war die Gruppe im Dezember 2022 bei einer bundesweiten Razzia im "Reichsbürger"-Milieu.

Prozess wird kommende Woche fortgesetzt

In Frankfurt wird gegen neun mutmaßliche Rädelsführer der Gruppe verhandelt. Neben Prinz Reuß sind das unter anderem die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete und Berliner Ex-Richterin Birgit Malsack-Winkemann und Rüdiger v. P., ein ehemaliger Oberstleutnant der Bundeswehr. Weitere Prozesse finden in München und Stuttgart statt. Das Verfahren in Frankfurt wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.

Mit Informationen von dpa und epd

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Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ist am Freitag der elfte Verhandlungstag im Reichsbürgerprozess zu Ende gegangen.

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