Nach rund einjähriger Verzögerung haben die Nato-Partner laut US-Angaben mit der Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine begonnen. "Während wir hier miteinander sprechen, läuft die Verlegung von F-16-Flugzeugen", sagte US-Außenminister Antony Blinken bei einem Sicherheitsforum am Rande des Nato-Gipfels in Washington.
Es geht um F-16-Jets aus amerikanischer Produktion, die von Dänemark und den Niederlanden bereitgestellt werden. "Das Übergabeverfahren für diese F-16 ist jetzt im Gange, und die Ukraine wird diesen Sommer einsatzbereite F-16 fliegen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der beiden Staaten und der USA. "Aus Sicherheitsgründen können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Einzelheiten bekanntgeben."
Kiew wurden die Kampfjets bereits im vergangenen Jahr in Aussicht gestellt. Die Lieferung verzögerte sich aber immer weiter. Wie viele Maschinen nun unterwegs sind, wurde nicht bekannt.
Selenskyj: Ukraine benötigt 130 F-16-Kampfjets
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte in Washington erneut, die Ukraine benötige rund 130 F-16-Jets, um ein Kräftegleichgewicht mit der russischen Luftwaffe zu schaffen. Die westlichen Verbündeten haben der Ukraine bislang weniger als hundert Kampfflugzeuge zugesagt. Russland kann laut Selenskyj täglich 300 Flugzeuge zu Angriffen auf die Ukraine einsetzen.
Auch Norwegen wird der Ukraine sechs Kampfflugzeuge vom Typ F-16 überlassen. Das kündigte Ministerpräsident Jonas Gahr Støre am Mittwoch an, nannte aber noch kein konkretes kein Datum für die Übergabe der Maschinen. Ziel sei es jedoch, noch in diesem Jahr mit der Lieferung zu beginnen. Die Fähigkeit Kiews, sich gegen Angriffe aus der Luft zu verteidigen, sei für den Verteidigungskampf gegen Russland von entscheidender Bedeutung, sagte Gahr Støre. Belgien will Kiew ebenfalls Kampfjets zur Verfügung stellen.
Beim G7-Gipfel in Japan im Mai 2023 hatten die USA den Weg dafür freigemacht, dass andere Länder Jets dieses Typs an die Ukraine liefern können. Dänemark und die Niederlande erklärten sich dazu bereit. Die Ausbildung ukrainischer Piloten und Bodenmannschaften für diesen Flugzeugtyp läuft seit Monaten. Doch bislang war noch keiner der Jets in der Ukraine eingetroffen. Sie sollen vor allem die ungehinderten Bombenabwürfe russischer Flugzeuge unterbinden.
Nato: Weg der Ukraine ins Bündnis "irreversibel"
Die Nato sichert der von Russland angegriffenen Ukraine zudem zu, dass sie auf ihrem Weg in das Verteidigungsbündnis nicht mehr aufgehalten werden kann. In dem Text für die Abschlusserklärung des Spitzentreffens wird der Pfad zur Mitgliedschaft als "irreversibel" bezeichnet, wie die Deutsche Presse-Agentur nach Abschluss der Verhandlungen über das Dokument erfuhr.
In dem Text wird allerdings auch erneut betont, dass eine formelle Einladung zum Beitritt erst ausgesprochen werden kann, wenn alle Alliierten zustimmen und alle Aufnahmebedingungen erfüllt sind. Dazu zählen Reformen im Bereich der Demokratie und Wirtschaft sowie des Sicherheitssektors.
Nato-Perspektive der Ukraine seit langem Streitthema
Der Text für die Abschlusserklärung ist ein Kompromiss, der die unterschiedlichen Positionen im Bündnis zum Nato-Beitrittsprozess abbildet. Die Nato-Perspektive für die Ukraine ist innerhalb der Allianz seit langem ein Streitthema. So lehnen es Länder wie Deutschland und die USA ab, in der derzeitigen Situation eine formelle Einladung zum Beitritt auszusprechen. Grund ist vor allem die Sorge, dass ein solcher Schritt zu einer weiteren Eskalation des Ukraine-Krieges führen könnte.
Auf der anderen Seite stehen etliche andere Alliierte, die argumentieren, dass Russland klar und deutlich gezeigt werden sollte, dass es einen Nato-Beitritt der Ukraine nicht wird verhindern können. In dieser Logik besteht die Hoffnung, dass eine Einladung der Ukraine in die Nato sogar zu einem schnelleren Ende des Krieges führen könnte. Eine Grundsatzeinigung zur Aufnahme der Ukraine hatten die Nato-Staaten eigentlich schon 2008 getroffen. Damals war bei einem Gipfeltreffen in Bukarest vereinbart worden, dass die Ukraine Mitglied der Nato wird – allerdings ohne jeden Zeitplan.
Scholz: Prozess "nicht abgeschlossen"
Unterdessen bezeichnete Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die bisherige Unterstützung der Ukraine mit Luftverteidigungssystemen als "großen Schritt". Gleichzeitig stellte er dem von Russland angegriffenen Land am Rande des Nato-Gipfels in Washington weitere Systeme in Aussicht. "Aus meiner Sicht ist dieser Prozess nicht abgeschlossen", sagte Scholz vor einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Die USA, Deutschland und weitere Verbündete hatten der Ukraine am Dienstag zum Auftakt des Nato-Gipfels fünf Systeme zur Abwehr russischer Luftangriffe zugesagt. Die Ukraine hatte bereits im April sieben zusätzliche Systeme gefordert, der Bedarf ist also noch nicht gedeckt.
Mit Informationen von AP, AFP und dpa
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