01.03.2025, ---, Berlin: Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, gibt ein Statement zum Eklat im Oval Office. Foto: Michael Ukas/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Michael Ukas
Audiobeitrag

Statement Baerbock zum Eklat im Oval Office

Audiobeitrag
>

"Neue Zeit der Ruchlosigkeit": Wie Berlin auf den Eklat reagiert

"Neue Zeit der Ruchlosigkeit": Wie Berlin auf den Eklat reagiert

Nach dem Eklat im Weißen Haus zwischen Trump und Selenskyj hat Außenministerin Baerbock von einer "neuen Zeit der Ruchlosigkeit" gesprochen. Kanzler Scholz hält sich zurück, CDU-Chef Merz bleibt vorsichtig. Die CSU verlangt schnellere Aufrüstung.

Über dieses Thema berichtet: Nachrichten am .

Von Seiten der Bundesregierung hat bisher nur Außenministerin Annalena Baerbock deutlich auf die Ereignisse am Freitagabend im Weißen Haus reagiert. Die Grünen-Politikerin sagte nach dem Eklat zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj: "Eine neue Zeit der Ruchlosigkeit hat begonnen."

Die Ministerin weiter: "Wir müssen jetzt schnell handeln, europäisch und national." Bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung könne man damit nicht warten, denn die Lage sei ernst. Deutschland müsse an dieser historischen Wegmarke Führung einnehmen." Dies sollten in den Wochen des Übergangs alle demokratischen Parteien in engster Abstimmung zwischen amtierender und künftiger Bundesregierung tun.

Baerbock: Feind sitzt "allein im Kreml"

Baerbock mahnte, niemand sollte sich im Feind irren. "Er sitzt allein im Kreml, nicht in Kiew oder Brüssel. Eine Täter-Opfer-Umkehr können wir niemals akzeptieren." Trump hatte gedroht, die Ukraine im Kampf gegen Russland im Stich zu lassen, sollte es nicht zu einer Einigung mit Russland kommen. Er überzog Selenskyj vor laufenden Kameras mit schweren Vorwürfen.

Baerbock warb dafür, über eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse zu sprechen. Ein erneutes Sondervermögen, über das derzeit diskutiert wird, sei die schlechtere Variante. "Sie hilft der Ukraine nicht, und wir können sie nicht für alle Bereiche einsetzen, die für unsere Verteidigung wichtig sind." Das betreffe etwa Maßnahmen gegen Bedrohungen im Cyberraum.

Offener Streit zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus
Bildrechte: Reuters
Videobeitrag

Offener Streit zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus

Steinmeier "stockte der Atem"

Entsetzt zeigte sich auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) über die Vorgänge. Die Szene im Weißen Haus habe ihm den Atem stocken lassen. Er hätte nie gedacht, dass wir einmal die Ukraine vor den USA in Schutz nehmen müssten, so Steinmeier. Und weiter: "Diplomatie scheitert, wenn Verhandlungspartner vor aller Welt gedemütigt werden."

Scholz telefoniert mit Merz

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) blieb eher zurückhaltend: "Niemand will Frieden mehr als die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine! Deswegen suchen wir gemeinsam den Weg zu einem dauerhaften und gerechten Frieden. Auf Deutschland – und auf Europa – kann sich die Ukraine verlassen." Insidern zufolge telefonierte Scholz mit Friedrich Merz. Scholz habe den CDU-Chef noch am Freitagabend angerufen, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Unionskreisen. Laut mit dem Vorgang vertrauten Personen ging es dabei um das am Sonntag in London geplante Treffen europäischer Spitzenvertreter auf Einladung des britischen Premierministers Keir Starmer. An dem Treffen nimmt auch Scholz teil.

Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid forderte angesichts der Eskalation in Washington eine zügige Regierungsbildung in Deutschland. "Für uns Europäer ist es dringender denn je, größere Verantwortung für unsere eigene Sicherheit zu übernehmen", sagte Schmid den Funke-Zeitungen.

Merz zeigt sich solidarisch mit Ukraine

Merz, der sich derweil um die Bildung einer neuen Regierung bemüht, stellte nach dem Vorfall bisher keine konkreten Forderungen, schrieb aber an Selenskyj gerichtet: "Wir stehen an der Seite der Ukraine, in guten sowie in herausfordernden Zeiten. Wir dürfen nie den Aggressor und das Opfer in diesem schrecklichen Krieg verwechseln."

Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt sagte im Deutschlandfunk, die Regierung in Washington müsse sich fragen lassen, wie das Wortgefecht auf Kreml-Chef Wladimir Putin gewirkt habe. "Da werden die Sektkorken geknallt haben gestern Abend", sagte er mit Blick auf Moskau. Hardt betonte die Notwendigkeit, die Ukraine weiter zu unterstützen, das sei "in unserem ureigensten Interesse". Und: "Wenn die Ukraine scheitert, werden wir vor ganz andere, viel größere Probleme gestellt und kommen einer konkreten Kriegssituation viel näher, als wenn das nicht passiert."

Dobrindt will schnellere Aufrüstung der Bundeswehr

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte eine schnellere Aufrüstung der Bundeswehr und Sofortkäufe von Waffen. "Das muss für uns mehr als ein Warnsignal sein. Wir müssen uns jetzt noch schneller mit deutlich mehr Investitionen in Militärtechnik, Waffen und Ausrüstung verteidigungsfähig werden", sagt Dobrindt der "Bild am Sonntag". "Das langwierige Beschaffungssystem muss ausgesetzt und durch das Prinzip Sofortkauf ersetzt werden", so Dobrindt.

Im Video: Florian Hahn, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Florian Hahn, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Bildrechte: BR
Videobeitrag

Florian Hahn, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Hofreiter will, dass Notlage erklärt wird

Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter forderte, dass der Bundestag rasch eine Notlage erklärt. "Die USA sind mit Trump nicht mehr der Verbündete Europas", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Wir brauchen jetzt die sehr schnelle Erklärung der Notlage durch den Bundestag und die Bereitstellung erheblicher Mittel für unsere Sicherheit."

Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann schrieb in einem Gastbeitrag für das Portal t-online, die USA hätten "ein weiteres Kapitel aufgeschlagen". "Ein völlig unberechenbarer US-Präsident, der die ukrainischen Opfer brutaler russischer Gewalt zum Täter macht, spricht nicht mehr für die freiheitliche, wertegeleitete westliche Welt."

Im Video: Reaktionen nach dem Eklat im Weißen Haus

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!