Der Tabellenerste Rapid Wien hat gewonnen, 2:1 gegen den Lokalrivalen Austria Wien, aber das interessierte nach dem Spiel niemanden mehr. Was bleibt, sind 17 Verletzte, zehn davon Polizistinnen und Polizisten. 577 Anzeigen gab es wegen verbotenem Böllerzünden bis hin zu schwerer Körperverletzung.
Rapid-Wien-Trainer Robert Klauß, früher Coach beim 1. FC Nürnberg, war ziemlich angefressen: "Ich finde, das hat im Stadion nichts zu suchen. Es ist eine Eskalation, die einfach völlig unnötig ist und vor allen Dingen alles andere Sportliche leider in den Hintergrund rücken lässt. Und das ist schade", sagte er nach dem Spiel. Auslöser der Tumulte sollen Hooligans gewesen sein, die als Fans ins Stadion kamen. Offenbar konnten sie, nur oberflächlich kontrolliert, jede Menge Feuerwerk und Knallkörper ins Rapid-Stadion schmuggeln.
Böller auf Familientribüne geworfen
Als dann Austria-Fans in der sowieso schon aufgeheizten Stadionstimmung Böller auf die sogenannte Familientribüne warfen, stürmten Schläger aus der Rapid-Fankurve los und prallten auf dem Spielfeld gegen die Austria-Fans. Austria-Trainer Stephan Helm zeigte sich ebenfalls betroffen: "Da muss ich echt sagen, es ist für mich erschütternd, dass es in einem Land wie Österreich zu solchen Ausschreitungen kommen kann. Man kann ja de facto nicht nur nicht mit seiner Familie zu so einem Event kommen, sondern man muss ja schon Angst haben."
Dass der Wiener Fußball ein Fanproblem hat, weiß man allerdings schon länger. Umso erstaunlicher, so die Kritik am Tag danach, dass die Security so lange zuschaute. Auch aus Sicht des Rapid-Trainers Robert Klauß: "Im Endeffekt hat es sehr, sehr lange gedauert, bis Einsatzkräfte vor Ort waren." Er bewerte das, was er gesehen habe, so Klauß, und da habe er das Gefühl gehabt, das habe sehr lang gedauert, bis irgendwie deeskalierend eingewirkt wurde. Da Rapid nach den Vorfällen beim Derby im vergangenen Februar "unter Bewährung" stehe, sei die Gefahr eines Punkteabzugs wohl gegeben, meint der 39 Jahre alte Deutsche. Damals hatten einige Rapid-Profis mit den Fans homophobe Schmähgesänge angestimmt.
Wiener Polizei weist Kritik zurück
Eigentlich ist es sein Verein Rapid Wien, der für die Sicherheit der Zuschauer verantwortlich ist, als Gastgeber im eigenen Stadion. Das betont auch Barbara Gass, Sprecherin der Wiener Polizei, scharf und bestimmt im Ton. Sie wehrt sich gegen den Vorwurf, auch die Polizei sei zu langsam gewesen: Falsch, sagt sie. In nur fünf Minuten habe die Polizei den Platz geräumt gehabt.
"Also um 19:04 Uhr hat der erste Fan das Spielfeld betreten, um 19:09 Uhr war kein Unbefugter mehr am Spielfeld und die strafbaren Handlungen wurden beendet durch die Polizei", erklärt sie. 577 Anzeigen sind auch ein Beweis. Die beiden Vereinsführungen und die österreichischen Bundesliga-Gremien wollen jetzt beraten, wie sie reagieren wollen - ob mit Punktabzug bei Rapid Wien, mit Geisterspielen ohne Zuschauer oder mit Geldstrafen und mit schärferen Kontrollen.
Nächste vier Wiener Stadtderbys ohne Auswärtsfans
Die Vereine haben am Dienstag ein erstes Ergebnis bekanntgegeben. Das Präsidium von Rapid Wien veröffentlichte via eigener Webseite, "bei den nächsten beiden Auswärtsderbys auf die Anforderung des Kontingents für den Gästesektor zu verzichten, gleiches macht unser Stadtrivale für die kommenden beiden Duelle in unserer Heimstätte".
Damit finden die nächsten vier Derbys ohne Auswärtsfans statt. "Aus unserer Sicht ist dies die momentan beste Lösung, weiteren Schaden vom SK Rapid abzuwenden und ab sofort werden wir an Verbesserungen und neuen Konzepten für ein Comeback von Wiener Derbys mit Fans beider Klubs arbeiten", schrieb der Klub weiter.
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