Nach einigen Irritationen in der Union haben sich die CSU-Politiker Markus Söder und Alexander Dobrindt hinter den "national verabredeten Kurs" zum Ukraine-Krieg gestellt. Laut Parteichef Söder stehen die Christsozialen "ohne Wenn und Aber" zu Sanktionen gegen Russland. Beim Auftakt der CSU-Sommerklausur im oberfränkischen Kloster Banz ergänzt er: Die Bundesregierung müsse aber ihr Versprechen einhalten, "dass wir trotz Sanktionen gut durch den Winter kommen".
Am Wochenende hatte CSU-Generalsekretär Martin Huber ausweichend auf die Frage geantwortet, ob die CSU ohne Wenn und Aber an allen Sanktionen festhalten will. "Wir müssen den Druck gegenüber Russland aufrechterhalten", sagte Huber dem "Münchner Merkur". "Aber wir sehen natürlich schon: Die Sanktionen treffen uns auch." Man unterstütze die Ukraine aus Überzeugung, müsse aber auch auf die eigene Bevölkerung schauen, ergänzte Huber mit Blick auf eine mögliche Gas-Notlage im Winter.
Söder: Hilfe für Schutzsuchende, Waffen, Sanktionen
Söder nennt in Banz weitere Beispiele für den Ukraine-Kurs der CSU: Hilfe für Schutzsuchende und die Forderung nach mehr Waffenlieferungen. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt spricht sich ebenfalls für die Russland-Sanktionen aus. Er kritisiert die Ukraine-Politik der Bundesregierung an anderer Stelle: Das anderen Ländern zugesagte Ringtausch-Modell für Waffenlieferungen an Kiew funktioniere ganz offensichtlich nicht, betont Dobrindt. Das sei ein "Versagen".
Laut einem Bericht von "tagesschau.de" wurde von den gestarteten Ringtausch-Verfahren bisher tatsächlich kein einziges abgeschlossen. So soll zum Beispiel Tschechien 15 Panzer aus deutschen Industriebeständen erhalten.
Kritik an Kretschmer: "Nimmt Sonderposition ein"
Den jüngsten Vorschlag des stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Michael Kretschmer, den Krieg in der Ukraine "einzufrieren", weist die CSU-Spitze zurück. "Michael Kretschmer nimmt eine Sonderposition ein", sagt Dobrindt. Diese könne er für sich in Anspruch nehmen, das sei aber nicht die Haltung von CDU und CSU. "Wir sagen sehr deutlich, dass wir die Ukraine in der Wahrnehmung ihres Selbstverteidigungsrechts unterstützen."
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer hatte zuletzt gefordert, Deutschland müsse sich dafür einsetzen, "dass dieser Krieg eingefroren wird". Er sei auch der festen Überzeugung, dass man weiter Rohstofflieferungen aus Russland brauche.
FDP-Vize: "Söder lange ein großer Putin-Kuschler"
Aber auch am Kurs der CSU gibt es durchaus Kritik. Nach den Äußerungen von Generalsekretär Huber über die Russland-Sanktionen zeigte sich etwa FDP-Vize Johannes Vogel empört. "Die CSU sollte sich lieber die Frage stellen, welche Verantwortung sie dafür trägt, dass wir so schlecht vorbereitet in diesen Konflikt gegangen sind, sagte Vogel vor Beginn der CSU-Klausur dem "Münchner Merkur".
"Die Bundeswehr ist katastrophal ausgestattet", erläuterte der FDP-Politiker. "Die Abhängigkeit von russischem Gas wuchs unter Angela Merkel von circa 30 auf über 55 Prozent. Markus Söder war lange ein großer Putin-Kuschler und wollte sogar den Propaganda-Impfstoff Sputnik kaufen.
AKW-Forderung erneuert - kein Tempolimit im Gegenzug
Die CSU-Spitze erneuert derweil ihre Forderungen, die drei verbliebenen aktiven Atomkraftwerke in Deutschland länger am Netz zu lassen. Stand jetzt sollen sie Ende des Jahres abgeschaltet werden. Laut der Bundesnetzagentur werde im Winter die größte Energienot des Jahres herrschen, sagt Dobrindt. Zu diesem Zeitpunkt könne man keine Energieträger vom Netz nehmen.
- Zum Artikel: "AKW-Abschaltung - Unvermeidlich oder "völliger Unsinn"?"
Gaskraftwerke würden derzeit genutzt, um Gas zu verstromen. Dies könne ersetzt werden durch Kernenergie, sagte Dobrindt im BR24-Interview. Es sei wichtig, Gas für den Winter "zu bunkern".
Wie es politisch dazu kommen könnte, bleibt aber offen. Von einem möglichen Kompromiss zwischen Grünen und FDP, neben einer Verlängerung der Atomkraftwerke ein befristetes Tempolimit einzuführen, hält Söder nichts. Mit Blick auf mögliche Gas-Engpässe warnt der CSU-Chef zudem davor, den Süden und Osten Deutschlands zu benachteiligen. Gleichzeitig räumt er ein, dass die Bundesregierung vor besonders großen Herausforderungen steht: "Es ist schwer, keine Frage, aber die Widersprüche sind offenkundig."
Grimm: Sanktionen verschärfen, Atomkraft fünf Jahre länger
Unterstützung in Sachen AKW-Verlängerung erhält die CSU aus der Wissenschaft: Die zur Sommerklausur eingeladene Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm plädiert dafür, die verbliebenen drei Atomkraftwerke in Deutschland noch ungefähr fünf Jahre laufen zu lassen. Die Sanktionen gegen Russland sollten laut Grimm bleiben - und idealerweise künftig die russischen Übergewinne wegen der hohen Energiepreise beschränken.
Anders als ihre CSU-Gastgeber hat Grimm, Professorin an der Uni Erlangen Nürnberg, auch ein Kompliment für die Bundesregierung: Die tue schon vieles. Allerdings sollte man laut der Ökonomin aktuell konsequenter und schneller Kohle statt Gas verwenden, um Strom zu erzeugen. Auch brauche es Prämien für Gas-Sparer sowie einen schnelleren Wasserstoff-Ausbau.
Dobrindt verteidigt gefordert Abwrackprämie
Dobrindt verteidigte im BR24-Interview außerdem die von der CSU gefordert Abwrackprämie für Haushaltsgeräte. Sie sei finanzierbar, da die Bundesregierung einen "Rieseninflationsgewinn" mache. Schließlich spülten steigende Preise mehr Mehrwertsteuer in die Kassen. Dieses Geld müsse an die Bürger zurückgegeben werden. Die Abwrackprämie könne das Energiesparen voranbringen. Mit sparsamen Geräten könnten bis zu 50 Prozent Energie im Haushalt eingespart werden. "Das wollen wir fördern, mit 200 Euro pro Gerät, damit das eben schlichtweg schneller passiert", betonte Dobrindt.
- Abwrackprämie für "Energiefresser" wie alte Kühlschränke, Fokus auf Straßenausbau, Raketenschutzschirm für ganz Deutschland: Welche Forderungen die CSU-Landesgruppe im Bundestag bei ihrer Sommerklausur Richtung Ampel-Regierung richten will, lesen Sie ausführlicher hier.
Am Donnerstag kommt Friedrich Merz zur CSU
Erstmals seit langem steht das Treffen der CSU-Bundestagsabgeordneten ganz im Zeichen der Oppositionsrolle: Bei ihrer Sommerklausur wollen die CSU-Bundestagsabgeordneten diverse Forderungen an die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP richten. Am Donnerstag wird Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender und Unions-Fraktionschef im Bundestag, ins Kloster Banz kommen.
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