Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wurde deutlich, wie groß die Differenzen zwischen den USA und Europa sind, auch in Bezug auf die Ukraine-Politik von US-Präsident Donald Trump. Heute folgt ein eilig einberufenes Treffen in Paris: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wird mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und anderen Staats- und Regierungschefs den Ukraine-Kurs in Europa abstecken.
Die Europäer wollen beraten, wie sie mit dem Kurswechsel der US-Politik umgehen. US-Außenminister Marco Rubio und ranghohe Vertreter Russlands sprechen diese Woche in Saudi-Arabien Berichten zufolge über ein Ende des russischen Angriffskriegs – zunächst ohne Beteiligung der Ukraine oder anderer europäischer Vertreter. Laut russischem Präsidialamt soll ein Treffen bereits am Dienstag stattfinden. Der russische Außenminister Sergej Lawrow betonte derweil, dass er keine Notwendigkeit für die Teilnahme von EU-Vertretern bei den Gesprächen sehe. "Ich weiß nicht, was sie am Verhandlungstisch zu suchen haben", sagte Lawrow angesichts von Forderungen aus der EU, an den Gesprächen beteiligt zu werden.
Starmer: Großbritannien bereit für Ukraine-Friedenstruppe
Der britische Premierminister Keir Starmer zeigte sich "bereit und willens", nötigenfalls auch Friedenstruppen in die von Russland angegriffene Ukraine zu entsenden. In einem am Sonntag erschienen Gastbeitrag für den "Telegraph" (Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) schrieb Starmer, Großbritannien könne bei der Arbeit an Sicherheitsgarantien für die Ukraine eine "führende Rolle" übernehmen. Das bedeute im Falle des Kriegsendes auch, Truppen vor Ort zu stationieren, falls das nötig sein sollte. Es ist das erste Mal, dass Starmer sich derart konkret dazu äußerte.
"Ich sage das nicht leichtfertig", schrieb der Premier. Er sei sich der Verantwortung bewusst, die damit einhergehe, dass britische Soldatinnen und Soldaten möglicherweise in Gefahr geraten. "Aber jede Rolle bei der Gewährleistung der Sicherheit der Ukraine hilft, die Sicherheit unseres Kontinents und die Sicherheit dieses Landes zu gewährleisten", schrieb Starmer. Das Ende des seit Februar 2022 währenden Krieges, wenn es denn komme, dürfe nicht nur eine Pause sein, ehe der russische Präsident Wladimir Putin seine Truppen wieder angreifen lasse.
Schweden schließt Entsendung von Friedenstruppen nicht aus
Auch Schweden schließt die Entsendung von Soldaten in die Ukraine nicht aus, um sich dort nach Beendigung des Krieges an einer Friedenstruppe zu beteiligen. "Wir müssen jetzt zunächst einen gerechten und nachhaltigen Frieden aushandeln, der das Völkerrecht respektiert, der die Ukraine respektiert und der vor allem sicherstellt, dass Russland sich nicht einfach zurückziehen, neue Kräfte mobilisieren und in nur wenigen Jahren die Ukraine oder ein anderes Land angreifen kann", sagt Außenministerin Maria Malmer Stenergard im schwedischen Hörfunk. "Wenn dieser Frieden erst einmal hergestellt ist, müssen wir dafür sorgen, dass er aufrechterhalten werden kann", fügt sie hinzu.
Scholz findet Debatte verfrüht
Kanzler Scholz dagegen hält die Debatte um eine Beteiligung von Bundeswehrsoldaten an einem möglichen friedenssichernden Einsatz in der Ukraine für verfrüht. Es gehe jetzt um die Frage, wie Frieden gewährleistet werden könne, ohne dass über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer hinweg entschieden werde, sagte Scholz am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Kassel. Zugleich beschwor Scholz die Einheit Europas. Es sei wichtig, alles dafür zu tun, dass Europa stark und geeint bleibe. "Das brauchen wir wegen der Ukraine, das brauchen wir für unsere eigene Sicherheit", betonte Scholz.
Ein Regierungsvertreter warnte zudem davor, sich zu sehr von möglichen US-Forderungen unter Druck setzen zu lassen. "Trump etwas für einen Deal zuzusagen, den wir nicht einmal im Ansatz kennen, wäre fahrlässig", sagte ein Regierungsvertreter in Berlin.
Auch Polen wird nach den Worten von Ministerpräsident Donald Tusk keine Soldaten in die Ukraine schicken. Es werde aber weiterhin und wie bisher sein Nachbarland unterstützen, sagt Tusk vor seinem Abflug nach Paris. Sein Land habe eine besondere Rolle, um eine enge Zusammenarbeit zwischen Europa, den USA und der Ukraine zu gewährleisten.
Keine Belohnung für Aggression
Die europäischen Staats- und Regierungschefs wollen nach den Worten des spanischen Außenministers José Manuel Albares bei ihrem Treffen verhindern, dass Friedensverhandlungen für die Ukraine letztlich eine Belohnung für die russische Aggression darstellen. "Ein Angriffskrieg darf nicht belohnt werden, wir dürfen andere nicht dazu ermutigen, Angriffskriege zu beginnen", sagt er in einem Interview des Hörfunksenders Onda Cero. "Heute bin ich davon überzeugt, dass Putin die Ukraine weiterhin angreifen und bombardieren wird. Deshalb sehe ich im Moment keinen Frieden am Horizont", fügt Albares hinzu.
Ungarn kritisiert Treffen "frustrierter" europäischer Politiker
Kritik kam von der ungarischen Regierung: Bei dem Treffen in Paris handele sich um eine Zusammenkunft von "frustrierten, pro Krieg und anti Trump" eingestellten europäischen Spitzenpolitikern mit dem Ziel, "ein Friedensabkommen in der Ukraine" zu verhindern, so Ungarns Außenminister Peter Szijjarto in Kasachstan vor Journalisten. "Im Gegensatz zu ihnen unterstützen wir die Bestrebungen von Donald Trump. Im Gegensatz zu ihnen unterstützen wir die Verhandlungen zwischen Russland und den USA", sagte Szijjarto.
In Paris werden unter anderem auch die Staats- und Regierungschefs von Italien, Polen, Spanien, den Niederlanden und Dänemark erwartet. Zudem sind EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident António Costa sowie Nato-Generalsekretär Mark Rutte mit dabei.
Im Video: Scholz zu den Ukraine-Beratungen
Kanzler Olaf Scholz
Mit Informationen von dpa, AFP und Reuters
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