Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt im Plenum des Bundestags eine Regierungserklärung zur "aktuellen Sicherheitslage" ab.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt im Plenum des Bundestags eine Regierungserklärung zur "aktuellen Sicherheitslage" ab.

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Thema Sicherheitslage: Scholz will mehr Härte bei Abschiebungen

Nach dem Messerattentat eines Islamisten in Mannheim will Kanzler Scholz die Ausweisungsregeln verschärfen, auch für Täter aus Syrien oder Afghanistan. In der Ampel regt sich dazu Widerspruch und auch sonst sorgt die Sicherheitslage für Diskussionen.

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Ohne Umschweife kommt der Bundeskanzler zur Sache. Olaf Scholz (SPD) weiß: Das Thema ist brisant. Es wird heiß diskutiert. Und die Bundesregierung muss in dieser Sache für Klarheit sorgen. Also sagt Olaf Scholz gleich zu Beginn seiner Regierungserklärung im Bundestag: "Der gewaltsame Tod des Polizisten in Mannheim hat uns alle ins Herz getroffen." Und weiter: "Jede und jeder muss in unserem Land ohne Furcht vor seinen Mitmenschen leben können. Das ist das zentrale Versprechen unseres Rechtsstaats. Und dieses Versprechen setzen wir mit aller Macht durch."

Wer deutschen Schutz für Straftaten ausnutzt, muss gehen

Wie aber gelingt innere und äußere Sicherheit? In Zeiten, in denen gewaltbereite Islamisten zuschlagen. In Zeiten des Klimawandels, in Zeiten, in denen Bayern und Baden-Württemberg unter Hochwasserfluten leiden, die alles mitreißen? In Zeiten des Kriegs gegen die Ukraine? In Zeiten einer verunsicherten Gesellschaft, die sich einerseits fragt, was man noch sagen darf, und die andererseits den Kopf darüber schüttelt, was man alles sagt und sagen kann?

In seiner Rede versucht sich der Kanzler an Antworten. Und zumindest, was die Islamisten betrifft, spricht er Klartext. "Wer unsere Freiheit angreift und unseren Frieden stört, der hat mich, der hat die Bundesregierung und unseren Rechtsstaat als seine entschiedensten Gegner." Der Bundeskanzler kündigt an, die Ausweisungsregeln zu verschärfen und auch das Strafrecht. Es empöre ihn, wenn jemand schwerste Straftaten begehe, der hier in Deutschland Schutz gesucht habe. Solche Straftäter sollen künftig auch abgeschoben werden, selbst wenn sie aus Afghanistan oder Syrien stammen. Das sind eigentlich Staaten, in denen die Bundesregierung derzeit nicht abschiebt, weil in ihnen terroristische Regime an der Macht sind.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sitzt mit starrem Gesichtsausdruck auf der Regierungsbank. Sie muss das umsetzen, zusammen mit den Innenministern der Bundesländer. Leicht ist diese Aufgabe nicht. Der Tenor des Kanzlers aber ist klar: Wer den Schutz Deutschlands ausnutzt, um Straftaten zu begehen, hat eben diesen Schutzanspruch verwirkt. Härte zeigen. Zumindest verbal. So klingt Olaf Scholz dieser Tage, da Europa vor richtungsweisenden Wahlen steht.

Opposition: Die Zeit des Warnens ist vorbei

Wie schwierig das aber in der Praxis ist, hält ihm der Koalitionspartner von den Grünen vor. Britta Haßelmann (Grüne) und Omid Nouripour (Grüne) verweisen darauf, dass etwa in Afghanistan ein Terrorregime an der Macht ist. Mit den Taliban verhandelt man nicht, ist der Tenor. Und wenn man daran denke, ausländische Straftäter in Drittstaaten abzuschieben: Für welches Drittland wäre es denn attraktiv, Terroristen oder schwere Straftäter aufzunehmen, fragt Haßelmann.

Die Frage ist nicht nur rhetorisch gemeint. Die Grünen setzen auf Prävention – und auf Verbote: Etwa des Islamzentrums in Hamburg, das im Verdacht steht, mit dem iranischen Mullah-Regime zusammenzuarbeiten. Bei diesem Verbot zumindest können die Grünen auf den Oppositionsführer bauen. Auch Friedrich Merz (CDU) will das Zentrum schließen. Aber sonst gibt es wenig Berührungspunkte mit der Ampelkoalition. Für Merz steht der Hauptschuldige schon länger fest: Der Kanzler ist bei allem zu zögerlich unterwegs. Nicht nur, was die Militärhilfe für die Ukraine betrifft, sondern ganz generell.

Die Zeit des Warnens, des Abwiegelns sei vorbei. Die Regierung müsse jetzt handeln, die Lage in den Griff bekommen. Faustrecht und nackte Gewalt dürften sich nicht durchsetzen. Merz' Antwort auf die von ihm beschriebenen deutschen Zustände: auf die zunehmende Verrohung hart und klar reagieren. Soziale Medien stärker kontrollieren, mehr Straftäter abschieben, und vor allem: das neue Staatsbürgerschaftsrecht noch einmal überarbeiten. Für Merz ist es ein Einfallstor für Menschen, die eigentlich in Deutschland keinen Platz haben.

Was merkwürdigerweise fehlt, in der Rede zur inneren und äußeren Sicherheit: Worte zur katastrophalen Lage in den Hochwassergebieten. Nicht nur die Grüne Britta Haßelmann wundert sich sehr darüber. Für Friedrich Merz ist Hochwasserschutz offenbar keine Frage der Sicherheit.

Hochwasserschutz: Elementarschadenversicherung soll kommen

Scholz wiederum hat in seiner Rede nicht nur sehr lange über die Sicherheit und den Schutz vor islamistischen Terroristen gesprochen, sondern auch über die Hochwasserkatastrophen in Bayern und Baden-Württemberg, die sich einreihen in eine lange Liste allein in diesem Jahr: Siehe Saarland und Rheinland-Pfalz. Die Bilder der Solidarität aus Bayerisch-Schwaben machen dem Kanzler Mut, Apps und Warnsysteme hätten funktioniert. Aber der menschengemachte Klimawandel sei die größte Herausforderung.

Noch in diesem Monat soll Bewegung in die Frage der Elementarschadenversicherung kommen, das will Scholz gemeinsam mit den Bundesländern am 20. Juni besprechen. Unterstützung erfährt er dabei sowohl von FDP-Fraktionschef Christian Dürr als auch vom Chef der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt. Der drängt darauf, endlich die Versicherung einzuführen und dankt dem Bundeskanzler dafür, dass der Bund bei der Beseitigung der Hochwasserschäden helfen wird.

Friedensverhandlungen für die Ukraine?

Hitzig wird die Debatte, als Alice Weidel von der AfD und Sahra Wagenknecht vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) das Wort ergreifen und Scholz für seine Haltung im russischen Krieg gegen die Ukraine attackieren. Die Regierung schlafwandle am Rande eines dritten Weltkriegs, sagt Weidel. Ein militärischer Sieg der Ukraine sei illusorisch, eine diplomatische Lösung müsse her. Exakt genau so argumentiert Sahra Wagenknecht. Der Bundeskanzler spiele Vabanque mit dem Leben der Menschen in Deutschland, es müsse endlich Friedensverhandlungen geben.

Scholz hatte angekündigt, zur Friedenskonferenz nach Genf zu fahren, die Hoffnungen auf einen baldigen Frieden allerdings gedämpft. Russland müsse seine Truppen zurückziehen, Frieden bedeute auch nicht die weiße Fahne der Unterwerfung.

Die Bundesregierung hatte nach langem Abwägen zugestimmt, dass deutsche Waffen eingesetzt werden dürfen, um russische Militärbasen zu treffen. Der Kanzler erklärte sich heute im Bundestag dazu. "Es ist richtig, dass wir uns vor solchen weitreichenden Entscheidungen wieder und wieder und wieder mit unseren Partnern und Verbündeten eng abstimmen", betonte Scholz und weiter: "Dass wir dabei besonnen handeln. Dass wir alle Risiken genau abwägen." Er blieb damit bei seinem Mantra: Die Regierung werde allem entgegentreten, was die Sicherheit Deutschlands gefährde, denn "ohne Sicherheit ist alles nichts".

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