Donald Trump und den Republikanern ist ein bemerkenswertes politisches Comeback gelungen: Neben der Präsidentschaft sind auch die beiden Kongresskammern Senat und Repräsentantenhaus in republikanische Hände gewählt worden. Derzeit stellt Trump seinen Beraterstab und sein Kabinett zusammen. Er hat aus seiner ersten Amtszeit gelernt: Loyalität ist ihm wichtig. Matt Gaetz als Attorney General ist da nur ein Beispiel.
Der Attorney General in den USA vereint das, was bei uns Justizminister und Generalbundesanwalt sind: Er berät die Regierung in Justizfragen, kontrolliert die Strafverfolgungsbehörden und vertritt die Vertretung der Vereinigten Staaten vor Gericht. Für den US-Verfassungsrechtler Russell Miller ist klar: "Trump könnte von dort aus die Durchsetzung und Anwendung von Gesetzen wirklich neu steuern."
US-Justiz unter Trump: Sein Wille geschehe?
Doch wie viel Macht und Einflussnahme hat ein US-Präsident dann? Laut Politikprofessor Thomas Jäger sind es vor allem zwei Kräfte, die eine eindeutige Antwort erschweren: "Auf der einen Seite diese Gewaltenteilung und Gewaltenverschränkung, wo weder der Senat, noch das Repräsentantenhaus, noch der Präsident alleine etwas machen können, sondern wo sie miteinander ins Benehmen kommen müssen. Und auf der anderen Seite die Vorstellung, dass der Präsident als einzig direkt legitimierte, direkt sozusagen von allen Amerikanern gewählte Institution, herausgehoben ist, dass auch die Stellung als Oberbefehlshaber ihn heraushebt und dass deshalb die anderen nicht ganz so viel wert sind in der politischen Willensbildung wie der Präsident."
Das heiße allerdings nicht, dass Trump völlig freie Hand hätte, stellt der US-Jurist Miller im Interview mit BR24 für "Possoch klärt" heraus. Denn anders als in etwa Ungarn oder Polen seien die US-Gerichte nicht in der Hand einer Partei oder einer Person, sondern unabhängig – selbst wenn ein Justizministerium voreingenommene Entscheidungen fällen sollte.
"Possoch klärt" im Video: "Wie will Donald Trump die USA umbauen?"
Trump kann durchregieren – aber in Grenzen
Weil die Republikaner zudem die Mehrheiten sowohl im Senat und als auch im Repräsentantenhaus geholt haben, kann Donald Trump bis zu den Midterm-Wahlen in zwei Jahren voraussichtlich der Rückendeckung bei der Umsetzung von Gesetzen sicher sein. Inhaltlich ist er laut Thomas Jäger nun in der Lage, viel umzusetzen. Er könne zum Beispiel die Gesetze wieder rückgängig machen, die Joe Biden per Dekret durchgesetzt hat.
Anders sehe es hingegen bei Verfassungsänderungen aus, sagt Jäger: "Dafür braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Senat, im Repräsentantenhaus und Dreiviertel der Bundesstaaten müssen zustimmen. Das kommt nicht durch." Denn eine konstitutionell vereinbarte Grenze zum Schutz vor Willkür bietet, ähnlich wie in Deutschland, der Föderalismus der USA. Darauf weist Julian Müller-Kaler von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik hin: "In der amerikanischen Politik ist ganz viel auf bundesstaatlicher Ebene gesetzlich vorgeschrieben. Das heißt: Der Föderalismus wird ihm zwangsläufig Grenzen setzen. Trump kann außenpolitisch relativ frei agieren als Präsident. Innenpolitisch haben die Bundesstaaten einen ziemlich großen Einfluss."
Demokratie am Ende? Nein, aber …
Gleichwohl spiegelt die Wahl Donald Trumps für Müller-Kaler auch die amerikanische Gesellschaft wider. Während sich die Demokratie in den USA schon immer durch "gewisse Paradoxien" ausgezeichnet habe, symbolisiere die Wahl Trumps nun, "dass autoritäre Tendenzen, sozialistische und nationalistische Tendenzen in der amerikanischen Politik auch wieder vermehrt eine Rolle spielen." Das bedeute zwar nicht das Ende der amerikanischen Demokratie, zeige aber doch "besorgniserregende Tendenzen, die das Land durch und mit Donald Trump zu spüren bekommt."
"Minderheiten werden am meisten leiden"
Schon bei Trumps erster Präsidentschaft ab 2016 habe man eine Verschiebung in der Gesellschaft beobachten können. Dazu zählt Müller-Kaler, "dass die Angriffe auf Minderheiten stark zugenommen haben, dass Antisemitismus auch wieder in der Gesellschaft quasi zutage tritt und dass der politische Diskurs sich massiv verschoben hat."
Diese Verschiebung ist für Müller-Kaler sowohl Symptom als auch Ursache der ersten Trump-Präsidentschaft. In der amerikanischen Bevölkerung und im ländlichen Amerika herrsche Frust gegenüber der Zentralregierung und gegenüber den Washingtoner Eliten. "Und wenn dann dieser Frust, der in der amerikanischen Bevölkerung und gerade in dem ländlichen Amerika [...] sich mit einer Person Donald Trump auch entlädt, ist das auch gleichzeitig das Herabsetzen von Grenzen des Mach- und Sagbaren und hat fundamentale Auswirkungen auf das gesellschaftliche Zusammenleben in Amerika", sagt Julian Müller-Kaler.
Die Konsequenzen hätten wieder die Schwächsten, also Minderheiten, zu tragen. Sie hätten wahrscheinlich unter einer Trump-Präsidentschaft am meisten zu leiden.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!