Atacms-Abschuss bei Übung (Archivbild)
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Ukraine greift Russland offenbar mit ATACMS-Raketen an

Ukraine greift Russland offenbar mit ATACMS-Raketen an

Kurz nach der Genehmigung durch US-Präsident Biden hat die ukrainische Armee wohl erstmals mit ATACMS-Raketen Ziele in Russland angegriffen. Moskau spricht von einer Eskalation und droht. Putin lockert die Regeln für den Atomwaffen-Einsatz.

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Die Ukraine hat wohl mehrere ATACMS-Raketen aus US-Produktion auf ein Ziel in Russland abgefeuert. Das berichtet unter anderem die britische Zeitung "Financial Times" (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) unter Berufung auf Insider. Demnach trafen an diesem Dienstag ATACMS-Sprengköpfe ein großes Waffenarsenal in der Nähe der Stadt Karatschew in der russischen Region Brjansk, mehr als 115 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.

Ukrainischer Angriff auf russisches Munitionslager

Das Waffendepot liegt dem Bericht zufolge rund 190 Kilometer nördlich der Frontlinie in der benachbarten russischen Region Kursk. Dort besetzen die ukrainischen Truppen seit August etwa 600 Quadratkilometer Territorium.

Der Generalstab in Kiew berichtete ebenfalls von einem nächtlichen Angriff auf ein russisches Munitionslager bei der Stadt Karatschew im Gebiet Brjansk. In dem Depot seien zwölf Folgeexplosionen beobachtet worden, teilte das Militär auf Facebook mit. Damit gemeint ist die Detonation von gelagerter Munition nach einem Einschlag. 

Medien in Kiew berichteten unter Berufung auf nicht genannte Militärs, dass dabei die von den USA gelieferten ATACMS-Raketen eingesetzt worden seien. "Das Objekt ist erfolgreich zerstört worden", zitierte das Portal RBK-Ukraina eine Armeequelle. Alle diese Angaben waren nicht unabhängig überprüfbar.

Russisches Ministerium: "Keine Opfer oder Zerstörungen"

Russlands Verteidigungsministerium berichtete von insgesamt sechs ATACMS-Raketen, stellte die Situation aber anders dar. Fünf der Raketen seien von der russischen Flugabwehr abgefangen worden. Die sechste Rakete sei beschädigt worden, teilte das Ministerium auf seinem Telegramkanal mit. Ihre Trümmer seien auf ein Militärgelände im grenznahen Gebiet Brjansk gefallen. Ein Brand sei gelöscht worden. "Es gibt keine Opfer oder Zerstörungen", hieß es.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sieht in den Angriffen der Ukraine auf die russische Region Brjansk mit US-Raketen ein Signal, dass der Westen den Konflikt eskalieren wolle. "Diese hochtechnologischen Raketen können ohne die Amerikaner nicht eingesetzt werden", erklärte Lawrow. "Wir werden dies als eine neue Phase des westlichen Krieges gegen Russland betrachten und entsprechend reagieren."

Klar ist in jedem Fall: Wenn die Angaben stimmen, wäre es der erste bekanntgewordene Angriff, seit die USA der Ukraine den Einsatz von ATACMS gegen Ziele in Russland erlaubt haben. Russland wiederum bezeichnet die US-Waffen als eine Eskalation und eine Verwickelung der USA und anderer westlicher Staaten in den Krieg. Die US-Erlaubnis gilt als Antwort auf den vermuteten Einsatz nordkoreanischer Soldaten aufseiten Moskaus.

Karte: Die militärische Lage in der Ukraine

Selenskyj warnt vor bis zu 100.000 Soldaten aus Nordkorea

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte, dass die Zahl nordkoreanischer Soldaten in Russland massiv steigen könnte. "Jetzt hat Putin 11.000 nordkoreanische Soldaten an die Grenzen der Ukraine gebracht. Dieses Kontingent könnte auf 100.000 wachsen", sagte Selenskyj in einer Videoansprache im Europäischen Parlament.

Nordkorea hat nach Angaben der Ukraine und ihrer westlichen Verbündeten neben der Unterstützung mit Waffen inzwischen auch Truppen nach Russland entsandt. Der südkoreanische Geheimdienst erklärte in der vergangenen Woche, dass nordkoreanische Truppen bereits an Kämpfen gegen ukrainische Streitkräfte beteiligt gewesen seien.

In der Ukraine griff Russland unterdessen laut Behördenangaben zum dritten Mal binnen drei Tagen ein ziviles Wohngebiet an. Dabei seien mindestens zwölf Menschen getötet worden, unter ihnen ein Kind, erklärten ukrainische Stellen.

Neue russische Atomdoktrin: Baerbock unbeeindruckt

Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock zeigte sich derweil unbeeindruckt von Russlands geänderter Atomwaffendoktrin. Wladimir Putin spiele mit der Angst, das sei seit Beginn des Ukrainekriegs immer wieder deutlich geworden, sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mehrerer europäischer Außenminister in Warschau. "Wir lassen uns nicht einschüchtern, egal, was immer wieder Neues herumposaunt wird", erklärte Baerbock.

Russlands Präsident hatte zuvor am 1.000. Tag des von ihm befohlenen Angriffskrieges gegen die Ukraine die erneuerte Atomwaffendoktrin seines Landes in Kraft gesetzt. Darin heißt es, dass Russland im Falle eines konventionellen Raketenangriffs, der mit Unterstützung einer Atommacht vorgenommen wird, selbst den Einsatz von Atomwaffen in Betracht ziehen kann.

Bereits im Juni hatte Putin die Änderung der Atomdoktrin angeordnet. Das fiel damals zusammen mit Überlegungen im Westen, der Ukraine den Einsatz gelieferter Waffen auch für Angriffe auf russisches Gebiet zu erlauben.

Im Video: Baerbock zur Lage im Ukraine-Krieg

Außenministerin Baerbock (B´90/Grüne) warnt vor der hybriden Kriegsführung Putins gegen die europäische Demokratie.
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Außenministerin Baerbock (B´90/Grüne) warnt vor der hybriden Kriegsführung Putins gegen die europäische Demokratie.

Mit Informationen von dpa und Reuters

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