US-Präsident Donald Trump
Bildrechte: REUTERS/Kevin Lamarque
Audiobeitrag

US-Präsident Donald Trump

Audiobeitrag
>

Ukraine-Krieg: Kopfschütteln über Trumps Täter-Opfer-Umkehr

Ukraine-Krieg: Kopfschütteln über Trumps Täter-Opfer-Umkehr

Die Ukraine hätte "ihn niemals anfangen sollen", sagt Trump mit Blick auf den russischen Angriffskrieg. Eine komplette Täter-Opfer-Umkehr. Selenskyj sieht den US-Präsidenten in einer "Desinformationsblase", auch deutsche Politiker sind empört.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Kopfschütteln in Kiew und Berlin: Die US-amerikanische Ankündigung von Friedensverhandlungen ohne die Ukraine ist noch nicht verdaut, da kam die nächste Überraschung aus Washington. "Ich habe heute gehört: Oh, wir waren nicht eingeladen", lästerte US-Präsident Donald Trump und schob nach: "Nun, ihr seid seit drei Jahren dabei." Der Krieg hätte längst enden sollen, mahnte er – und warf den Ukrainern Versäumnisse vor: "Ihr hättet ihn nie anfangen sollen. Ihr hättet einen Deal machen können."

Selenskyj sieht US-Präsidenten in einer "Desinformationsblase"

Außerdem behauptete Trump, der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj sei im eigenen Land unbeliebt. Dessen Zustimmungswerte lägen bei nur vier Prozent.

Die Reaktion aus Kiew ließ nicht lange auf sich warten. Selenskyj warf Trump vor, von Russland gestreuten Falschinformationen Glauben zu schenken. Er würde sich wünschen, dass das Team des US-Präsidenten besser über die Ukraine Bescheid wisse. "Trump ist in seiner Desinformationsblase gefangen."

"Trump übernimmt komplett die russische Narrative"

Die Entrüstung ist auch in Deutschland groß. Roderich Kiesewetter, außenpolitischer Obmann der Union im Auswärtigen Ausschuss, erklärte im Morgenmagazin von ARD und ZDF: Trump habe bereits Zugeständnisse an Putin gemacht, von denen er nie träumen konnte – Gebietsabtretungen, Verzicht auf Nato-Mitgliedschaft.

"Und wirft jetzt auch noch der Ukraine vor, den Krieg begonnen zu haben. Und wirft vor, dass Selenskyj keinen Rückhalt mehr in der Bevölkerung hat. Trump übernimmt also komplett die russischen Narrative und Europa schaut zu."

Pistorius: "Wir sind als Europa nicht irgendjemand"

Es ist die komplette Täter-Opfer-Umkehr in der Welt des Donald Trump. Verteidigungsminister Boris Pistorius sprach im Deutschlandfunk von der Abkehr der USA von fest geglaubten Gewissheiten. Der amerikanische Präsident stelle "weltpolitische Gewissheiten auf den Kopf", um Deals zu erzwingen.

Dass es in der Folge auch um Krieg und Frieden für Europa gehen könnte, weiß auch Pistorius. Und während der britische Premier Keir Starmer schon öffentlich über Großbritanniens möglichen Beitrag zu Friedenstruppen in der Ukraine redet, mahnen Kanzler und Verteidigungsminister unisono zur Zurückhaltung. Motto: Wir haben Pläne, aber wissen doch gar nicht, wer da gerade was verhandelt.

Trump solle Europa nicht unterschätzen, so Pistorius: "Wir sind als Europa nicht irgendjemand. Das mag er so sehen. Wir müssen aber unsere Rolle auch ernst nehmen als Europäer und aufhören, mit dieser Kakophonie durch die Welt zu laufen und jeden Tag andere Stimmen zu hören darüber, was Europa tun sollte. Es braucht Geschlossenheit."

USA als misstrauisch beäugter Akteur

Aus dem engen Verbündeten USA scheint ein misstrauisch beäugter Akteur geworden zu sein, dem auch Pistorius derzeit nicht mit eigenen Ideen für einen Friedensprozess entgegenkommen will: "Ich habe Vorschläge dafür, aber die werde ich nicht öffentlich diskutieren. Ich werde weder Donald Trump noch Wladimir Putin jetzt auf den Tisch legen, was ich bereit bin zu tun und was nicht. Solange nicht klar ist, dass wir am Friedensprozess beteiligt sind."

Dass die europäischen Nato-Partner jahrelang zu wenig getan haben und jetzt unvorbereitet und überrumpelt wirken - für Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik keine Überraschung: "Momentan rächt sich, dass die Europäer jahrelang nicht in ihre Verteidigung investiert haben", erklärte sie. "Hätten sie es gemacht, würden sie mit vielleicht mit am Tisch sitzen oder könnten zumindest eine Alternative anbieten." Selbst wenn die Europäer jetzt alle geschlossen wären, würden sie die Absicherung eines Waffenstillstands wohl alleine nicht hinkriegen, meint Major.

EU verschärft Russland-Sanktionen

Im Kreml nehmen sie das vermutlich erfreut zur Kenntnis. Und auch der deutsche Verteidigungsminister glaubt, die von ihm beklagte europäische Kakophonie helfe derzeit nur einem: Russland.

Geschlossen zeigte sich die EU heute beim Thema Strafmaßnahmen gegen Russland. Die ständigen Vertreter der Mitgliedsländer billigten in Brüssel ein 16. Sanktionspaket. Es umfasst ein Importverbot für russisches Aluminium sowie ein härteres Vorgehen gegen die sogenannte Schattenflotte, mit deren Hilfe Moskau das Ölembargo umgeht.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!