Rund 5.000 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Pakistan und der Stelle im Mittelmeer, an der vergangene Woche ein Fischkutter mit hunderten Migranten gesunken ist. Und doch: An Bord des Schiffes befanden sich nach Einschätzung des pakistanischen Innenministers Rana Sanaullah rund 350 Landsleute.
Bisher seien 82 tote Pakistani identifiziert worden, sagte der Minister in einer Rede vor dem Parlament in der Hauptstadt Islamabad. Doch er befürchtet, dass die Zahl der Ertrunkenen noch steigt. Insgesamt hätten mehr als 280 pakistanische Familien Angehörige als vermisst gemeldet. Ein Großteil davon habe die Tragödie vermutlich nicht überlebt. DNA-Tests sollen laut Ranaullah weitere Aufschlüsse liefern.
Staatstrauer in Pakistan für ertrunkene Landsleute
Zwölf Landsleute seien nach aktuellem Stand unter den Überlebenden, so der Minister. Wie viele Menschen genau an Bord des Schiffes waren, ist noch immer unklar. Schätzungen gehen von rund 700 Migrantinnen und Migranten aus. Insgesamt konnten nur 104 Menschen gerettet werden.
Die pakistanische Regierung hatte bereits für Montag Staatstrauer angeordnet. Flaggen auf Behördengebäuden wehten auf Halbmast. Zu dem Zeitpunkt gingen Behörden nach inoffiziellen Schätzungen von etwa 300 ertrunkenen Menschen mit pakistanischer Staatsbürgerschaft aus.
Fluchtrouten aus Pakistan haben sich verändert
Der 30 Meter lange Fischkutter war am Mittwoch vergangener Woche südwestlich von Griechenland in internationalen Gewässern gesunken. Er war von Libyen aus in See gestochen mit Ziel Italien. Dass Pakistanis über das Mittelmeer nach Europa fliehen, ist ein relativ neues Phänomen - die Fluchtrouten haben sich nach Ansicht von Migrationsexperten im vergangenen Jahr geändert. Pakistaner reisen nicht mehr über Land nach Europa, sondern fliegen über Umwege nach Libyen.
Pakistans Innenminister überrascht die Zahl der vielen ertrunkenen Landsleute daher nicht: Die Wirtschaft des Landes liege am Boden und deshalb wollten viele junge Menschen ins Ausland. Die Regierung versprach, rigoros gegen Menschenhändler und Schleuser vorzugehen - mehrere mutmaßliche Schlepper wurden bereits festgenommen.
Recherchen stützen Vorwürfe gegen griechische Küstenwache
Weiterhin ungeklärt ist die Frage nach den Ursachen für die Katastrophe. Recherchen der Süddeutschen Zeitung vor Ort stützen die Erkenntnisse des WDR von vor einer Woche, wonach Überlebende berichteten, die Küstenwache habe mit Abschleppmanövern versucht, das Schiff aus dem griechischen Zuständigkeitsbereich zu ziehen. Dabei sei das Schiff gekentert.
Die Küstenwache widerspricht dieser Darstellung und teilte mit, das Schiff habe sich aus eigenen Stücken nach Italien begeben wollen und sei dabei von allein gekentert. Dem entgegen stehen Recherchen der BBC, wonach sich das Schiff in den Stunden vor dem Unglück nicht mehr bewegt hatte.
Im Video: In Griechenland sind am Sonntag Wahlen
Mit Informationen von dpa und AP
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