Seit Tagen protestieren bundesweit Hunderttausende Menschen gegen den Asyl-Kurs der Union. Nun haben vor dem heutigen Bundesparteitag der CDU mehr als 100 Organisationen in einem Aufruf an die Delegierten appelliert, keine Ausgrenzung von Menschen mit Migrationsgeschichte zu betreiben. "Bitte nehmen Sie auch im Wahlkampf Abstand von Rhetorik und Forderungen, die unsere Gesellschaft weiter spalten und die Menschen gegeneinander aufbringen", heißt es. "Bekennen Sie sich zur menschenrechtlichen Brandmauer."
Unterzeichnet wurde der Aufruf unter anderem von Amnesty International, Pro Asyl, Arbeiterwohlfahrt, Brot für die Welt, Caritas und dem Deutschen Kinderhilfswerk. Insgesamt unterschrieben den Initiatoren zufolge 145 Bundes- und Landesverbände.
"Wir sind alle Teil dieser Gesellschaft"
"Ob geflüchtet, eingewandert oder hier geboren, wir sind alle Teil dieser Gesellschaft: Grund- und Menschenrechte gelten entweder für uns alle oder sie gelten gar nicht", schreiben die Verfasser - und kritisieren den Migrationskurs der CDU: "Die Diskussionen über Verschärfungen des Staatsangehörigkeits-, Aufenthalts- und Asylrechts, die aktuell auch von der CDU maßgeblich vorangetrieben werden, bedrohen dieses Selbstverständnis."
Die von Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) erhobenen Forderungen nach Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den deutschen Binnengrenzen und der Abschaffung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte seien "polarisierend und grob rechtswidrig", heißt es.
Eindringlich warnen sie vor einer Verschärfung der Migrationspolitik. "Taten einzelner Personen, die uns fassungslos machen und in Entsetzen zurücklassen, wie der schreckliche Angriff von Aschaffenburg, dürfen niemals dazu führen, dass ganze Gruppen stigmatisiert, rassifiziert oder entrechtet werden", schreiben sie. Deutschland dürfe nicht "zurück in eine düstere Zeit" gehen.
"Sofortprogramm" soll heute verabschiedet werden
1.001 Delegierte kommen heute zu einem eintägigen Bundesparteitag der CDU in Berlin zusammen, um ein "Sofortprogramm" für den Fall eines Wahlsiegs zu verabschieden. Das Programm sieht Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration, zur Belebung der Wirtschaft und zur Stärkung der inneren Sicherheit vor. Neben Merz ist unter anderem auch CSU-Chef Markus Söder als Redner angekündigt.
Rund um den Parteitag werden Demonstrationen erwartet. Bereits in den vergangenen Tagen hatte es Proteste mit Hunderttausenden Menschen gegeben. Teils wurden CDU-Büros und CDU-Abgeordnete attackiert. Hintergrund sind Abstimmungen im Bundestag: Einen Antrag für eine verschärfte Migrationspolitik hatte die Union am vergangenen Mittwoch nur mit Stimmen der AfD verabschieden können. Der Entwurf der Union für ein verschärftes Migrationsgesetz am Freitag war nach hitzigen Debatten gescheitert. Auch zwölf CDU-Abgeordnete hatten dagegen gestimmt.
Kretschmer: CDU ist Feind der AfD
CDU-Bundesvize Karin Prien sagte dem Magazin "Politico" (Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt), sie könne Kritiker auch innerhalb der CDU verstehen. Über den Weg bei einer möglichen Neuausrichtung der Migrationspolitik könne man sicherlich streiten. Zugleich betonte sie: "Wir stehen für keine irgendwie geartete Zusammenarbeit mit der AfD zur Verfügung." Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte im ZDF-Morgenmagazin: "Diese AfD hat einen großen Feind, und das ist die CDU." Zugleich verteidigte auch er das Vorgehen der Union.
Kritik der Kirchen
Zum Auftakt des Parteitags lädt die CDU zu einem ökumenischen Gottesdienst ein. Das Verhältnis der Union mit den Kirchen gilt seit der vergangenen Woche als angespannt. In einer Stellungnahme hatten die Kirchen die Migrationsvorhaben und das Unions-Votum mit der AfD scharf kritisiert.
Der hessische Ministerpräsident und Katholik Boris Rhein (CDU) wies in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) die Kirchenkritik zurück. Er könne nicht verstehen, warum sich die Kirchen "gegen die letzte verbliebene, sich klar zum Christentum bekennende politische Kraft aussprechen". Menschen in Not nehme Deutschland auf, so Rhein. "Aber es gibt einen Zusammenhang zwischen irregulärer Migration und innerer Sicherheit. Die Politik muss handeln - auch um den sozialen Frieden und die Solidarität unserer christlich geprägten Gesellschaft zu wahren."
Mit Informationen von AFP, KNA, AFP
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