Im Januar oder doch erst im März? Derzeit diskutiert die Politik über den Termin für Neuwahlen. Auch die Bundes- und Landeswahlleiter haben am Montag darüber beraten. In der Pressemitteilung nach dem Treffen heißt es: "Um Herausforderungen bei der Wahlorganisation (…) bestmöglich zu begegnen, sollte dabei der Zeitraum von 60 Tagen zwischen Auflösung des Bundestags bis zur Neuwahl ausgeschöpft werden."
Schon jetzt würden die zuständigen Stellen alle organisatorischen Schritte ergreifen, zum Beispiel Wahlausschüsse, Urnen- und Briefwahlbezirke bilden, nach Wahlräumen suchen und sich um die Beschaffung von Wahlunterlagen kümmern.
Warnung vor zu schnellen Neuwahlen
Zuvor hatte die Bundeswahlleiterin Ruth Brand vor zu schnellen Wahlen gewarnt. Sie wird am Dienstag im Wahlprüfungsausschuss im Bundestag sprechen. Auch andere Landeswahlleiter sind kritisch, wie Monika Wißmann aus Nordrhein-Westfalen. "Vorgezogene Neuwahlen stellen alle Ebenen der Wahlorganisation vor besondere Herausforderungen", sagte sie der Rheinischen Post. Das erhöhe die Fehleranfälligkeit.
Wie einfach oder schwer, eine sehr schnelle Neuwahl gestemmt werden kann, wird unterschiedlich beantwortet. Der Chef der größten Stimmzetteldruckerei, Bastian Beeck, hält einen Termin Januar nur "mit ganz viel Biegen und Brechen" für möglich. Beim Druck von Stimmzetteln würden zum Beispiel immer mal wieder Fehler passieren. Bei kurzen Fristen gebe es dann keine Zeit mehr für Korrekturen, sagte der Geschäftsführer von Köllen Druck und Verlag dem Magazin Stern.
Druckereiverband sieht kein Problem
Der Bundesverband Druck und Medien sieht hingegen kein Problem, für schnelle Neuwahlen ausreichend Wahlzettel zur Verfügung zu stellen. "Bei zeitnaher Bestellung können die Druckereien für eine vorgezogene Bundestagswahl produzieren", sagte Kirsten Hommelhoff vom Druckereiverband. Bleibt die Frage, wie zeitnah die zuständigen Behörden bestellen können.
Fristen für Neuwahlen
Für Neuwahlen gibt es klare Fristen. Fällt Kanzler Scholz bei der Vertrauensfrage im Bundestag durch, kann Bundespräsident Steinmeier innerhalb von 21 Tagen den Bundestag auflösen – ab dann muss innerhalb von 60 Tagen gewählt werden.
Gleichzeitig gibt es im Wahlgesetz weitere Fristen: zum Beispiel stehen vielerorts die Wahlvorschläge der Parteien für die Landeslisten noch nicht fest. In Bayern wollen unter anderem SPD und Grüne die Aufstellung nun im Dezember machen, bei der CSU ist das Datum noch in Klärung. Laut Wahlgesetz müssen die Parteien ihre Wahlvorschläge für Landeslisten und Wahlkreise 69 Tage vor der Wahl einreichen. Diese Fristen können aber vom Bundesinnenministerium im Fall von Vertrauensfrage und Neuwahl verkürzt werden. Das war 2005 unter Schröder der Fall, auf damals 35 Tage.
Das wiederum verkürzt die Zeit für die Wahlleiter, die Listen zu prüfen und die fertigen Wahlzettel an die Druckereien zu schicken. Die Wahlbenachrichtigungen können parallel zu diesem Prozess verschickt werden. Briefwahlunterlagen könnten die Menschen je nach Zeitplan deutlich später erreichen als sonst gewohnt, vermutet Druckereichef Bastian Beeck.
Auch zur Frage, wie gut die Städte und Gemeinden auf sehr schnelle Neuwahlen vorbereitet sind, gehen die Meinungen auseinander. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sieht laut Redaktionsnetzwerk Deutschland kein Problem, die Wahl innerhalb der vorgegebenen Fristen vorzubereiten und umzusetzen. Die Regionalverwaltung Hannover ist wiederum besorgt. Der Kreiswahlleiter Jens Palandt spricht von logistischen Herausforderungen, die durch die Feiertage und den Jahreswechsel zusätzlich erschwert würden.
Vorbereitungszeit bei vorherigen Neuwahlen
Vertrauensfrage und Neuwahlen gab es bereits mehrmals in der Geschichte der Bundesrepublik, nämlich bei Willy Brandt (1972), Helmut Kohl (1983) und Gerhard Schröder (2005). Damals dauerte es jeweils mehrere Monate ab dem Zeitpunkt, zu dem sie ankündigten, die Vertrauensfrage stellen zu wollen bis zur Neuwahl. Bei Brandt, SPD, fünf Monate und bei Kohl, CDU, viereinhalb und bei Schröder, SPD, knapp vier. Anders als jetzt war in keinem der Fälle aber die Koalition zerbrochen. Bei Brandt gab es nach Fraktionsaustritten ein Patt zwischen Koalition und Opposition. Kohl und Schröder hatten bis zur Wahl noch eine Mehrheit.
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