Die Frage nach dem Termin für Neuwahlen sollte nicht zu einem Politikum gemacht werden, findet Bundesminister Volker Wissing. Im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio stellt er sich hinter den Bundeskanzler. Es sei die Entscheidung von Olaf Scholz (SPD), wann dieser die Vertrauensfrage stellt, betont er: "Neuwahlen sind eine absolute Ausnahme in unserer Verfassung und sie werden nicht dann durchgeführt, wenn die Opposition das wünscht."
Wissing sieht wichtige Ampel-Projekte in Gefahr
Laut Wissing ist es jetzt für die Bürger viel wichtiger, dass Gesetze mit bestimmten Fristen und Gesetze, die bis zum Jahresende verabschiedet werden müssen, schnell durchs Parlament kommen. Als Beispiel nennt die weitere Finanzierung des Deutschlandtickets. "Das ist wichtig für die Länder, das sollte auf jeden Fall verabschiedet werden", mahnt Wissing, vor allem in Richtung von Oppositionsführer und CDU-Chef Friedrich Merz. Der knüpft die Zustimmung der Union bisher an Bedingungen. Wissing erwartet, "dass sich alle konstruktiv halten".
Er selbst will sich demnach dafür einsetzen, dass es bei der laufenden Generalsanierung des Bahnnetzes nach dem Ampel-Aus nicht zu Verzögerungen kommt, "denn die duldet keinen Aufschub". Wissing räumte allerdings ein, dass es bald einen Haushalt für 2025 brauche. Der dürfte jedoch erst in einigen Monaten verabschiedet werden.
FDP-Austritt: "Schwerer Schritt"
Volker Wissing ist in dieser Woche nach 26 Jahren Parteimitgliedschaft aus der FDP ausgetreten, um bis zu den Neuwahlen weiter als Minister im Kabinett von Kanzler Scholz arbeiten zu können. "Das ist ein schwerer Schritt", erklärt Wissing im ARD-Interview. "Ich konnte mich aber nicht gegen das Regierungsamt entscheiden, weil nach meiner tiefen Überzeugung immer zuerst das Land kommen muss und dann die Partei." Kritik, er klebe an seinem Amt oder habe seine Partei verraten, weist Wissing zurück. "Wenn ich es mir hätte bequem machen wollen, hätte ich geräuschlos mit meinen Ministerkollegen aus dem Amt ausscheiden können."
Ist Lindner Schuld am Ampel-Bruch?
Doch wer trägt nun letztlich die Verantwortung für das Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition? Wissing will FDP-Chef Christian Lindner nicht direkt die Schuld geben, merkt zur Zusammenarbeit in der Koalition jedoch an: "Mich hat das sehr geschmerzt, dass zu stark in der Öffentlichkeit die Konfrontation gesucht worden ist. Die Frage: Wie machen wir es denn jetzt gemeinsam, wie lösen wir es denn? Die ist immer weiter in den Hintergrund geraten."
Dem Ruf nach Neuwahlen, den auch Lindner im Koalitionsausschuss geäußert hat, kann Wissing wenig abgewinnen. "Man kann nach einer Neuwahl auch mit einer bösen Überraschung aufwachen. Und würde sich dann vielleicht wünschen, noch mal die Chance zu haben, in einer Ampel zu gestalten."
Seine eigene Zukunft lässt Wissing im Interview offen, gibt sich gelassen: "Ich selbst mache mir über solche Dinge nicht so viele Gedanken. Ich habe eine eigene Rechtsanwaltskanzlei, in der ich ein schönes Büro habe." Ob er irgendwann wieder in die FDP eintritt? "Solche Fragen stellen sich mir jetzt nicht."
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