Es ist eine Nachricht mit Vorlauf – aber sie wird von vielen, nicht nur fränkischen Ballettbegeisterten, sicher mit Trauer aufgenommen: Ballettchef Goyo Montero wird die Frankenmetropole verlassen, wie das Staatstheater am Freitag bekannt gab. Zur Spielzeit 2025/26 wird der gebürtige Madrilene weiterziehen. Dann übernimmt er die Leitung des Balletts an der Staatsoper Hannover.
"Goyo Montero hat in Nürnberg etwas Unglaubliches geschafft. Er hat die Compagnie so nach vorne gebracht, dass sie jetzt auf dem Niveau internationaler Ensembles mittanzt. Und er hat das Publikum auf eine künstlerische Reise mitgenommen, die zu immer neuen Ufern geführt hat" würdigt Staatsintendant Jens-Daniel Herzog die Arbeit Monteros und fügt an: "Seine vielen Nürnberger Fans danken ihm das mit Begeisterung und Liebe." Die Nürnberger Compagnie sei seit 2008 von 17 auf 24 feste Stellen angewachsen.
Seit 2008 das Ballett auf internationales Niveau gehoben
In kommenden Jahr feiert Goyo Montero seinen 50. Geburtstag – ob das ein Grund ist, weswegen er nochmal über eine neue künstlerische Herausforderung nachgedacht hat? Vielleicht will er auch den Baumaßnahmen und der Interimslösung entfliehen, die für das Nürnberger Opernhaus anstehen. Fest steht: Eigentlich kann man sich das Nürnberger Ballett ohne den zierlichen früheren Startänzer und international renommierten Ballettchef kaum mehr vorstellen.
Preisgekrönt und mit internationalem Rang
In der Spielzeit 2007/08 übernahm Montero, damals schon international bekannt, die Leitung des Nürnberger Balletts. Seither ist es ihm gelungen, mit seinen eigenen Choreografien, seiner Arbeit mit dem Ensemble, seinen nachdenklichen zeitgemäßen Neuinszenierungen und seiner Zusammenarbeit mit bekannten und renommierten Choreografen, Nürnberg als spannenden Ort auf der Ballettlandkarte zu verankern. So wurde dem Ballett des Staatstheaters unter seiner Direktion 2018 auch der "Deutsche Tanzpreis" für "herausragende Entwicklung im Tanz" verliehen. Im selben Jahr wurde er auch von "Dance Europe" zum "Choreografen des Jahres" gewählt.
Vernetzt mit den Star-Choreografen der Ballett-Szene
Zahlreiche Choreografen haben den Weg nach Nürnberg gefunden, um mit dem Nürnberger Ensemble eigene Stücke zu erarbeiten. Etwa mit dem Tschechen Jiri Kylián, den Ballettlegenden Marco Goecke und William Forsythe, Mats Ek oder dem israelischen Tänzer und Choreografen Hofesh Shechter, mit Ohad Naharin, dem Haus-Choreografen der Batsheva Dance Company in Israel, Edward Clug, dem Ballettdirektor des slowenischen Nationaltheaters in Maribor. So entstanden Inszenierungen, in denen die Tänzerinnen und Tänzer des Ensembles ihre künstlerische und tänzerische Variabilität unter Beweis stellen können. Derzeit am Staatstheater zu sehen: die Stücke der Choreografen Jean-Christophe Maillot, dem Direktor und Choreografen von Les Ballets de Monte-Carlo sowie Sol León & Paul Lightfoot vom Nederlands Dans Theater.
Ballett als Gesamtkunstwerk
Bisher hat der Ballettchef 25 Uraufführungen am Nürnberger Theater realisiert, darunter Stücke wie "Das Narrenschiff", "Sacre", "Cyrano", "Don Juan", "Goldberg", "Anthem" und "Der Steppenwolf". Und seine Aufführungen ziehen das Publikum magisch an, sind meist ausverkauft. Denn: Goyo Monteros Choreografien gelten als Gesamtkunstwerk aus Bewegung, Beleuchtung, Kostüm und Klang. Ob große Themenballette wie "Romeo und Julia", "Nussknacker", "Don Quijote" oder auch Eigenkreationen, zu denen er Soundcollagen komponieren lässt: Der Spanier packt das Publikum nicht nur mit seiner Choreografie, sondern auch mit seinen Themen: Freiheit, Gesellschaft, Träume und vor allem zwischenmenschliche Konflikte.
Mit Kreativität durch Krisenzeiten
Und er versucht auch in Krisensituationen mit Kreativität sein Publikum zu erreichen: so entstand in der Spielzeit 2020/2021 während der Corona-Zeit in Zusammenarbeit mit BR-KLASSIK – Studio Franken auch ein Ballettfilm: "S. Prokofjew 'Peter und der Wolf' – Ein Tanzstück 'Über den Wolf‘ von Goyo Montero" sowie die Filmversion seiner Neukreation "Blitirí". Mit einem digitalen Fundus und Ballettvideos versuchte Montero auch bei geschlossenen Theatervorhängen sein Publikum zu erreichen.
Ensemble: Chance, sich weiterzuentwickeln
Seinen Tänzerinnen und Tänzern gibt Goyo Montero immer wieder die Möglichkeit, sich mit eigenen Arbeiten weiterzuentwickeln. Die Compagnie-Mitglieder setzen in der Reihe "Exquisite Corpe" eigene Choreografien um. So steht am 22. Juni ein Abend mit dem sechsten Jahrgang junger Choreografen und Choreografinnen an, bei dem sie ihre oft überraschenden Stücke in Nürnberg im Opernhaus präsentieren.
Erste Opern-Inszenierung: die "Zauberflöte" im Oktober
Weltweit gut vernetzt, ist Goyo Montero seit 2019 zudem Hauschoreograf der Compagnie Acosta Danza, regelmäßig als Jurymitglied beim Prix de Lausanne und mit seinen Choreografien auf internationalen Festivals und bei Wettbewerben vertreten. Und in der kommenden Spielzeit wird Goyo Montero, wieder eine neue Rolle einnehmen und eine Oper inszenieren. Anfang Oktober feiert er Premiere mit Mozarts "Zauberflöte". Goyo Montero braucht eben immer wieder neue Herausforderungen.
Abschied mit Demut und Dankbarkeit
Schon jetzt blickt er mit Dankbarkeit und Demut auf seine im Sommer 2025 endende Amtszeit in Nürnberg: "Diese Stadt ist seit 17 Jahren meine Heimat. Das Staatstheater Nürnberg ist der künstlerische Hafen, an dem ich die längste Zeit meines Lebens verbracht habe." Seinen Dank richtet er vor allem an sein Team, seine Tänzer und alle Mitarbeitenden des Theaters sowie "an unser treues Publikum."
Den nun fälligen Übergang wolle er mitgestalten. "Ich wünsche und hoffe, dass Nürnberg auch zukünftig Ballettstadt bleibt. Ich werde den Spirit, den ich mit meinem Team in Nürnberg geschaffen habe, immer mit mir tragen und nun eine neue Tür öffnen", so Montero.
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