Ein Gottesdienstbesucher an Lichtmess hält eine Kerze in der Hand.
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An Lichtmess bekommen Gottesdienstbesucher eine dünne, weiße Kerze, die sie dann auch mit nach Hause nehmen können.

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Mariä Lichtmess: Wie Astronomie religiöse Rituale beeinflusst

Mariä Lichtmess: Wie Astronomie religiöse Rituale beeinflusst

Dass Mariä Lichtmess Anfang Februar und Ostern rund um die Frühlingssonnwende stattfindet, ist kein Zufall. Schon vorchristliche Riten haben sich an astronomischen Konstellationen orientiert. Sie wirken bis heute nach.

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Am 2. Februar feiern die Katholikinnen und Katholiken das Fest Mariä Lichtmess. Für den Alltag war das in früheren Jahrhunderten ein wichtiger Tag: Das Arbeitsjahr in der Landwirtschaft begann, es war Dienstbotenwechsel. Und mit der Wiederkehr des Sonnenlichts wurden auch die Kerzen fürs ganze Jahr über gesegnet. Passend dazu die biblische Geschichte, die die Kirche an diesem Sonntag erzählt: Nicht nur, dass Maria, wie es jüdischer Brauch war, 40 Tage nach der Geburt ein Reinigungsopfer im Tempel darbrachte. An diesem Tag wird der kleine Jesus auch als "Licht der Welt" erkannt.

Meteorologisch gesehen ist Mariä Lichtmess ein besonderes Datum. Ab diesem Datum werden die Tage wieder spürbar länger, um drei Minuten täglich. Es bleibt immer länger hell. Es gibt noch einige solcher astronomischer Wendepunkte im Jahr, die sich lebensbedeutsam anfühlen. Menschen haben sich in ihrem Alltagsleben schon immer an solchen markanten astronomischen Ereignissen orientiert und sie mit religiösen Ritualen verbunden. Manche machen das bis heute.

Lichtmess zelebrieren ohne religiösen Hintergrund

Manuela Motzel ist 56 Jahre alt, Familientherapeutin und Coachin in München, und begeht den Lichtmess-Tag immer mit einem besonderen Ritual. Gemeinsam mit einer Gruppe Frauen trifft sie sich, um die Kerzen zu entzünden, Wünsche für die kommende Zeit zu formulieren und für Vergangenes zu danken. Den Abschluss bildet ein selbstgeschriebenes Gebet, ohne direkten Bezug zum christlichen Glauben.

"Wenn du die Sommersonnenwende feierst und bewusst sagst: Jetzt beginnt der Sommer, und ich schaue zurück, was ich im ersten halben Jahr schon geschafft habe und was ich jetzt bis zur Erntezeit noch umsetzen will. Was braucht der Garten zum Beispiel? Und was brauche ich für einen Dünger? Was muss ich noch säen? Und das auf mein Leben übertragen? Das gibt viel Hoffnung", sagt Motzel.

Feste gehen auf vorchristliche Riten zurück

Die traditionelle Kirche spielt für das Leben der 56-Jährigen keine Rolle. Sie orientiert sich lieber an acht Jahreskreisfesten, von denen man annimmt, dass sie sich in vorchristliche Zeit zurückverfolgen lassen. Den Beginn macht die Wintersonnwende am 21. Dezember, es folgen Lichtmess Anfang Februar, die Tag-und-Nachtgleiche zum Frühjahrsbeginn, die Walpurgisnacht, die Sommersonnwende, zwei Erntedankfeste im August und zum Herbstbeginn sowie der Beginn der dunklen Jahreszeit am ersten November.

Nicht nur Maria Lichtmess, auch andere christliche Feiertage fallen mit bestimmten Sonnen- oder Mondkonstellationen zusammen. Kein Zufall, dass Ostern in die Zeit der Frühlingssonnwende fällt. "Das Christentum fußt auf dem Judentum und dort wurden diese kosmischen Ereignisse integriert in allerlei Rituale, später in die Liturgien", sagt Thomas Schindler, Volkskundler am Bayerischen Nationalmuseum. "Das ist keine Erfindung einer bestimmten Religion, das gab es schon früher."

Dass Himmelsereignisse, wie die Sonnwenden, Mondfinsternisse, Kometen und bestimmte Sternen- oder Planetenkonstellationen in Verbindung gebracht werden mit einer göttlichen Macht, ist wohl Jahrtausende alt.

Himmelsereignisse werden immer interpretiert

Da es Himmelsereignisse gibt, werden sie auch interpretiert, sagt der Volkskundler Schindler: "Das wird in einer säkularisierten Gesellschaft einfach gebraucht. Und wenn mir das Christentum diese Hilfestellung im Alltag nicht bietet, dann suche ich mir Alternativen. Und ob das das Neu-Heidentum mit allerlei interessanten Angeboten ist oder ob das ganz individuelle Wahrnehmungen, Zuschreibungen sind, das spielt dabei gar keine so große Rolle."

Fest steht: Eine Verbindung zum Übernatürlichen hätte sich auch in der modernen Gesellschaft gehalten. "Die Beobachtung des Himmels", sagt Thomas Schinder, "gehört zum Kulturwesen 'Mensch' dazu."

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