Hannes Aigner hat in der Kanu-Welt für ein kleines Erdbeben gesorgt. Der zweifache Olympiamedaillengewinner und Weltmeister von 2018 hatte den Deutschen Kanu-Verband in einem exklusiven BR24Sport-Interview scharf kritisiert und falsche Priorisierung bei der Vergabe von Förderplätzen vorgeworfen. "Leider ist es so, dass der Deutsche Kanu-Verband mittlerweile Leistungen nicht mehr in den Vordergrund stellt, sondern eher das Entwicklungspotenzial der Athleten. Das ist natürlich bei mir nicht mehr so groß, wenn man vorher schon gut war. Da ist es dann schwieriger, sich weiterzuentwickeln", hatte er am Freitag am Rande des Kanu-Slalom-Weltcups in Augsburg gesagt.
Der Kanu-Slalom-Weltcup im Augsburger Eiskanal: Verfolgen Sie die Kajak-Cross-Rennen am 02.06. ab 12.10 Uhr live im Stream.
Pohlen: "Müssen hinterfragen, inwiefern wir mit ihm planen können"
Am Samstag reagierte nun Bundestrainer Klaus Pohlen auf Aigners Aussagen. Es habe mittlerweile "ein Gespräch mit dem Hannes stattgefunden", zu den Inhalten möchte man sich "nicht in der Öffentlichkeit äußern", so Pohlen. Der Bundestrainer könne zwar den "Sportler verstehen", dennoch sei der Verband "aufgerufen, sich Richtung 2026 und 2028 die Weichen zustellen. Deswegen ist es bei dem einen oder anderen zu hinterfragen, inwiefern wir da mit ihm planen können."
Aigner: "Muss mich beruflich umschauen"
Bei der nationalen Olympiaqualifikation musste der 35-jährige Aigner Noah Hegge den Vortritt lassen. Hegge ist zehn Jahre jünger als Aigner und gilt als aufstrebendes Augsburger Talent. Dabei war es Aigner, der durch seine Leistung im Kajak-Einer bei der letzten WM 2023 in London und seines Weltranglistenplatzes dem Deutschen Team den olympischen Quotenplatz im Kajak-Einer sicherte - der Kajak-Olympiaplatz an sich läuft also unter seinem Namen.
Trotz der Leistungen - der Deutsche Kanu-Verband scheint mit Aigner nicht mehr weiter zu planen: "Mir wurde mehr oder weniger klargemacht, dass ich mich beruflich umschauen muss. Es läuft wahrscheinlich darauf raus, dass ich meine Sportförderstelle, von denen der Deutsche Kanu-Verband im Slalom über 20 Stück hat, verlieren werde, weil ich nur Zweiter bei der Olympia-Qualifikation war", sagt der 35-Jährige im BR24Sport-Interview.
Pohlen: "Nicht der Anspruch des Deutschen Kanu-Verbandes"
Pohlen betonte, dass eine endgültige Entscheidung über die Förderplätze nicht gefallen sei, deutete aber einen Umbruch an. "Die Anzahl der Sportförderplätze sind nicht unbegrenzt. Wir müssen damit haushalten", sagte er und verteidigte seine eigene Rolle an der aktuellen Situation, dass es besonders bei den Männern Probleme im Nachwuchsbereich gibt: "Hannes hat ja gesagt, die Fehler wurden vor 16 Jahren gemacht. Ich bin ja erst seit 2020 dabei und bin geholt worden, um neue Strukturen zu legen. Das ist genau das, was wir auch tun müssen. Wir müssen überlegen, wie wir unseren Nachwuchs nach und nach an die Weltspitze heranführen. "Da gibt es eben Dinge, die für den einen oder anderen nicht angenehm sind."
Pohlen betonte immer wieder: "Die Tür sei nicht zu", doch nahm auch Aigner in die Pflicht: "Aber es kommt bei den etablierten Sportlern auch auf die Ergebnisse an. Da reicht es nicht mehr zu sagen: 'Ich bin der beste Deutsche', das ist nicht der Anspruch des Deutschen Kanu-Verbandes." Um seinen Platz in der Sportfördergruppe der Bundeswehr zu behalten, muss Aigner sich nun in der Disziplin Kajak-Cross für die Olympischen Spiele in Paris qualifizieren.
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