Sprungkrafttraining auf dem Sportplatz in Herzogenaurach. Maryna Kovtunova ist 1,75 Meter groß, eine drahtige, athletische junge Frau. Für eine Hochspringerin sind diese Maße allerdings eher Durchschnitt. Deshalb ist der 17-Jährigen das Sprungkrafttraining besonders wichtig. Fehlende Körpergröße lasse sich bis zu einem gewissen Grad kompensieren, sagt ihr Trainer. Daran hält Maryna fest. Im August darf sie an der U20-Weltmeisterschaft in Peru teilnehmen. Eine tolle Chance für die Ukrainerin. Marynas Bestleistung liegt derzeit bei 1,85 Meter. Die erfolgreichsten Springerinnen der Welt kommen knapp über zwei Meter. Es ist also noch Luft nach oben.
Flucht aus Mariupol
Maryna ist vor zwei Jahren mit ihren Eltern aus Mariupol geflohen. Die ukrainische Metropole ist in großen Teilen zerstört. Sie könne sich nicht vorstellen, wie man dort weiter leben könne, meist ohne Wasser oder Strom, meint Maryna. Sie erzählt von ihrer besten Freundin, die noch immer in Mariupol lebt. Sie habe immer wieder Kontakt zu ihr. Gleichzeitig versucht die Schülerin, den Fokus auf ein neues Leben in Deutschland zu richten. Der Lebensmittelpunkt ist jetzt Erlangen, sportlich Herzogenaurach. Da Maryna noch online eine Schule in der Ukraine besucht, fehlen ihr in Franken feste soziale Kontakte. "Wegen der Sprache habe ich hier leider noch nicht so viele Freunde", erzählt Maryna Kovtunova in einer Mischung aus Deutsch und Englisch.
Start für die TS Herzogenaurach
Eine sportliche Heimat hat die 17-Jährige bei Trainer Peter Müller gefunden. Der hat in Herzogenaurach schon viele erfolgreiche Sportler betreut. Maryna sei fleißig, talentiert und ehrgeizig. So beschreibt der 63-Jährige seinen Schützling. Voraussagen für die WM in Peru ließen sich schlecht machen. Viel wichtiger sei, dass Maryna generell Wettkampferfahrung sammle und in Deutschland Fuß fasse. Mehrmals pro Woche trainieren die beiden zusammen. Auf dem Sportplatz schafft es Maryna inzwischen, den Krieg in der Ukraine vorübergehend auszublenden. Das war am Anfang noch nicht so, berichtet Peter Müller. Da sei der Blick des Mädchens ständig aufs Handy gewandert, die Nachrichtenlage immer im Blick.
Fliegen wie ein Schmetterling
Seit fünf Jahren ist der Hochsprung Marynas Passion. Mit zwölf Jahren hat sie mit diesem Sport angefangen. Schnell kamen die ersten Erfolge in der Ukraine. Der Kriegsausbruch im Februar 2022 stellt eine Zäsur dar, natürlich nicht nur sportlich. Der Hochsprung ist für Maryna etwas Bestehendes. Die Herausforderung, die Latte nicht zu reißen, ist in Deutschland dieselbe wie in ihrer alten Heimat. Das gibt ihr Sicherheit, macht ihr Mut.
"Ich fühle mich dabei ein bisschen wie ein Schmetterling, das ist wie Fliegen!" Maryna, Hochspringerin
In Peru will das Hochsprungtalent bei der U20-WM alles geben. Die internationale Konkurrenz ist riesig. Maryna Kovtunova muss eben über sich hinauswachsen, um ihre Chancen zu nutzen. Dass sie das kann, hat sie bereits mehrfach bewiesen. Nicht nur auf dem Sportplatz.
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