Die Lage der deutschen Autoindustrie hat sich zuletzt verschärft. Das haben die jüngsten Gewinnwarnungen von BMW und Mercedes sowie die aufgekündigte Jobgarantie bei VW deutlich gemacht. Wie wichtig die Branche für den Standort hierzulande ist, zeigt die Statistik. Gemessen am Umsatz ist dieser Wirtschaftszweig der größte Industriesektor. Beim Autogipfel wird über verschiedene Lösungsmöglichkeiten diskutiert.
Kommt die Abwrackprämie 2.0?
SPD-Politiker haben vor der virtuellen Gesprächsrunde von Politikern, Vorständen, Gewerkschaftsvertretern und Verbänden eine Abwrackprämie vorgeschlagen: Wer seinen Verbrenner "abwrackt" und ein neues E-Auto kauft, soll einen Bonus von 6.000 Euro bekommen. Für den Kauf eines gebrauchten E-Autos soll es dann 3.000 Euro geben. So eine Abwrackprämie für moderne Verbrenner gab es bereits, nach der Finanzmarktkrise. 2009 wurde der Begriff sogar zum Wort des Jahres.
Allerdings gab es auch viel Kritik an dieser Unterstützung. Unter anderem, weil aus Wettbewerbsgründen diese Prämien nicht nur für Elektroautos deutscher Hersteller gelten dürften, sondern auch für ausländischen Fabrikate. Man würde also mit heimischen Steuermitteln die Konkurrenz – auch aus China – unterstützen. Dem hat sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bereits entgegengestellt und mehr "Autopatriotismus" gefordert. Er schlägt eine neue Prämie vor, von der vor allem deutsche Hersteller profitieren sollen. Wie genau das funktionieren könnte, lässt Söder offen.
Wiederbelebung der Kaufprämien
Zur Sicherung von Arbeitsplätzen hat die IG Metall gleich ein ganzes Förderpaket für Elektroautos gefordert. Auch die Umweltorganisation Greenpeace hat sich in die Diskussion eingeschaltet. Sie will allerdings nur Prämien für kleine, sparsame E-Autos, die maximal 30.000 Euro kosten dürfen.
Allerdings gibt es aktuell kaum bezahlbare kleine Elektroautos und schon gar nicht von deutschen Herstellern. Darüber hinaus will Greenpeace diese Kaufprämien mit einer Neuzulassungssteuer für schwere Verbrenner gegenfinanzieren. Das dürften die Vorstände von Audi, BMW und Mercedes gar nicht gerne hören. Schließlich verdienen die sogenannten Premiumhersteller nach wie vor gerade mit solchen Fahrzeugen ihr Geld.
Erleichterung bei der Besteuerung von Elektroautos
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat bei seinem Besuch im VW-Werk in Emden Mitte September selbst Steuervorteile und günstigere Abschreibungen für Dienstwagen und gewerblich genutzte Elektrofahrzeuge ins Gespräch gebracht. Das könnte den deutschen Premiumherstellern gefallen. Denn ein Großteil der Neuwagen dieser Autokonzerne wird von Firmen und Selbstständigen geordert.
Lockerung der EU-Grenzwerte
Der Chef von Mercedes-Benz, Ola Källenius, hat im Handelsblatt gefordert, über eine Lockerung der europäischen Klimaschutzziele zu sprechen. Zwar stehe der Stuttgarter Autobauer zum Ziel der Dekarbonisierung der EU-Grenzwerte, doch die Schätzungen der EU-Kommission seien zu optimistisch, wie sich jetzt zeige.
Herstellern wie Mercedes, aber auch Volkswagen, drohen ab 2026 Strafzahlungen in Milliardenhöhe, wenn sie die verschärften Flottengrenzwerte nicht einhalten, die ab nächstem Jahr gelten. Es geht um die EU-Grenzwerte für den CO₂-Verbrauch der verkauften Neuwagenflotte eines Konzerns. Wenn Hersteller also ab nächstem Jahr zu wenige Elektroautos oder sparsame Verbrenner verkaufen, können sie die Grenzen nicht einhalten. Allerdings kann Deutschland nicht im Alleingang die EU-Flottengrenzwerte aushebeln. Dazu braucht es die Unterstützung anderer EU-Staaten.
Diskussion um neue Hilfen für Elektroautos mit Folgen
Der Autoexperte Prof. Ferdinand Dudenhöffer weist zurecht darauf hin, dass diese Diskussion über neue Hilfen für Elektroautos voraussichtlich dazu führen wird, dass sich Käufer weiterhin zurückhalten und erst einmal abwarten. So ein Verhalten ließ sich auch schon in der Vergangenheit im Vorfeld ähnlicher Förderungen beobachten.
Wenn die Politik die Industrie also unterstützen will, muss sie schnell und überlegt handeln. Sonst dürfte die Nachfrage nach Elektroautos eher weiter zurückgehen und gerade das will man ja vermeiden. Die Verunsicherung helfe überhaupt nicht, meint auch die Wirtschaftsweise Veronika Schnitzer im BR24-Interview.
Im Audio: Wirtschaftsweise Schnitzer zum Autogipfel
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