Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat es sich zum Ziel gemacht, die Deutsche Bahn aus ihrer Krise herauszuführen. Bei seinem Amtsantritt 2021 habe er das Unternehmen "in einem schwierigen Zustand vorgefunden", so der FDP-Politiker.
Mittlerweile werde zumindest besonders desolate Infrastruktur saniert, zum Beispiel bei der Riedbahn. Der Minister erhöht nun auch den Druck auf das Management: Der DB-Konzern müsse in seiner Struktur verbessert werden.
Verbesserung bis 2027 gefordert
Der Bund habe der Bahn zusätzliche Milliarden zur Verfügung gestellt, gesetzliche Reformen zur Finanzierung des Schienennetzes umgesetzt. Es sei außerdem eine neue Infrastruktursparte gegründet worden. Der Bund als Eigentümer sei in "Vorleistung" gegangen, sagte Wissing.
Nun müsse die Bahn selbst abliefern. "Wir wollen eine Verbesserung bis zum Jahr 2027 sehen", erklärte der Minister in Berlin. Alle relevanten Geschäftsbereiche seien defizitär. Die DB sei deshalb angehalten, ein Sanierungskonzept für bessere Betriebszahlen vorzulegen.
Pünktlichkeit und Auslastung der Züge im Fokus
Wissing nannte dabei sieben Handlungsfelder. Konkret soll die Bahn unter anderem Maßnahmen ergreifen, dass die Züge bereits während der Infrastruktursanierung pünktlicher werden. Im Juli lag die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr bei lediglich 62 Prozent. Welche Zielquote ihm künftig genau vorschwebt, wollte Wissing nicht sagen.
Weiter heißt es in einem Papier des Ministeriums, die DB Fernverkehr müsse ihre Züge besser auslasten, um wieder in einen wirtschaftlichen und nachhaltigen Betrieb zu kommen. Ob dies über "attraktive Preise" für niedrig ausgelastete Züge oder die Gewinnung neuer Geschäftskunden geschehe, liege in der Verantwortung des Bahnvorstands.
Wo die Bahn produktiver werden soll
Finanziell lief das erste Halbjahr für die Bahn nicht gut: Nach Zinsen und Ertragssteuern stand ein Verlust von 1,2 Milliarden Euro. Das Unternehmen muss deshalb sparen, wie Finanzvorstand Levin Holle Ende Juli angekündigt hatte. In den kommenden Jahren sollen rund 30.000 Jobs abgebaut werden – aber nicht im Zugbetrieb.
Auch hier fordert Wissing mehr Effizienz. Zwar wollte er sich nicht dazu äußern, ob diese Zahl der Stellenstreichungen ausreicht. Das sei nicht Aufgabe des Eigentümers, so der FDP-Politiker. Im Papier des Verkehrsministeriums heißt es aber, die Bahn müsse Doppelstrukturen abbauen und ihre "Personalproduktivität" wieder erhöhen. Investitionen außerhalb der Infrastruktursanierung müssten auf den Prüfstand gestellt werden.
Wissing: "Bahn muss auch bei extremer Witterung ankommen"
Eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit darf nach Angaben von Wissing jedoch nicht mit der Reduzierung des Angebots einhergehen. Konzernvertreter hatten gesagt, sie gingen davon aus, dass letztlich auch Fernzug-Verbindungen ausgedünnt würden. Laut Bahn-Papieren erwirtschaften zwei Drittel dieser Strecken keinen Gewinn.
Die Sparvorgaben sollen nicht dazu führen, dass wenig rentable Fernverkehrsstrecken gestrichen werden. "Das will der Eigentümer nicht, das will auch die DB nicht", versicherte Wissing. Die Anpassung an den Klimawandel listet das Papier Wissings als weiteren Punkt auf: "Die Bahn muss auch ankommen, wenn die Witterung extrem ist."
Ministerium will engmaschig kontrollieren
Der Aufsichtsrat der Bahn werde ein Konzept in seiner nächsten Sitzung beraten und nach seiner Erwartung beschließen. Er erwarte alle drei Monate einen Bericht, ob Ziele erreicht werden sollen. "Ich persönliche werde sofort unterrichtet, wenn es eine Zielabweichung gibt in einem Quartal." Mit dem Programm werde die Basis geschaffen, "bis zum Jahr 2027 den Wachstumspfad unserer Strategie 'Starke Schiene' wieder zu erreichen".
Die Bahn erklärte: "Der Vorstand wird ein Gesamtprogramm zur Sanierung der DB in den nächsten drei Jahren auf den Weg bringen und Mitte September dem Aufsichtsrat vorlegen." Damit wolle man auch die mit der Regierung vereinbarten verkehrspolitischen Ziele erreichen, sagte eine Bahn-Sprecherin.
Grüne werfen dem Minister Populismus vor
Insgesamt ist das Vorgehen Wissings ungewöhnlich, da die Überwachung des Bahnvorstands eigentlich dem Aufsichtsrat obliegt. Dort sind mehrere Staatssekretäre als Regierungs- und Eigentümervertreter mit der Aufgabe betraut.
Der bahnpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Matthias Gastel, warf Wissing vor, es lediglich auf eine "schnelle Schlagzeile" abgesehen zu haben. Die Forderungen des Verkehrsministers seien "eine Kombination aus Selbstverständlichkeiten, Populismus, Widersprüchen und schwammigen Formulierungen". Kein Zug fahre dadurch pünktlicher, so die Kritik.
Mit Informationen von dpa, afp und reuters.
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