Ein Mülleimer in dem sich ein Einweg-Kaffeebecher befindet.
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Dein Argument schaut auf die lenkende Wirkung von Steuern und was dahintersteckt.

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Steuern durch Steuern: Wie das funktioniert

Steuern durch Steuern: Wie das funktioniert

Einwegverpackungen vermeiden, aufhören zu rauchen und weniger Hunde halten. Bei all diesen Themen beeinflusst eine Steuer das Verhalten der Menschen. Dein Argument schaut auf die lenkende Wirkung von Steuern und was dahintersteckt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

💬 "Dein Argument" greift Euren Input auf: Kommentare aus der BR24-Community sind Anlass für diesen Beitrag. 💬

In Tübingen wird seit dem 1. Januar eine Steuer auf Einwegverpackungen wie Kaffeebecher und Pommesschalen erhoben. Laut Urteil vom Bundesverfassungsgericht aus dem Januar ist das rechtmäßig. Bayerische Städte wie Regensburg prüfen die Einführung einer solchen Steuer. In den Kommentaren hinterfragten die User von BR24 die Sinnhaftigkeit einer solchen Steuer. So zum Beispiel User "Boxdorf": „Doch werden die geplanten Einwegsteuern wirklich den Müllberg reduzieren? In Tübingen zumindest nur gefühlt, da so geringes Aufkommen, dass es nicht messbar ist.“

Lenkungssteuer oder "Sündensteuer"?

Erhobene Steuern, um den Konsumenten zu steuern sind nichts Neues. Was die BR24-User in der Diskussion "erzieherisch" nennen, wird wirtschaftswissenschaftlich als Lenkungssteuer bezeichnet. Einige Beispiele, die in der Community vorgebracht wurden, sind:

  • die Tabaksteuer, die Menschen vom Rauchen abhalten soll
  • die Hundesteuer, die verhindern soll, dass die Anzahl von gehaltenen Hunden außer Kontrolle gerät
  • die Einwegsteuer auf Einwegkaffeebecher und Co., über die wir zuvor berichteten

Prof. Thiess Büttner lehrt an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Finanzwirtschaft und erklärt gegenüber BR24, dass eine lenkende Funktion von Steuern ausdrücklich in der Abgabeordnung vorgesehen ist. Sie lasse sogar zu, dass das Erzielen von Einnahmen bloß ein Nebenzweck ist. Der Steuerrechtsprofessor unterscheidet zwischen beispielsweise der Tabaksteuer und der Hundesteuer.

Demnach sei die Hundesteuer eine klassische Lenkungssteuer. Bei dieser gehe es darum, einen externen Schaden, in diesem Fall zum Beispiel die Verschmutzung durch Hunde, in die Gesamtkosten für einen Hund einzupreisen. Ähnlich sei dies auch bei einer Steuer auf Einwegkaffeebecher.

Bei der Tabaksteuer sei die Lage anders. Diese sei "paternalistisch" und basiere auf der Annahme, man müsse den Bürger vor sich selbst schützen. Es geht nicht darum, einen externen Schaden, den die ganze Gesellschaft trägt, einzupreisen. Diese Art "Sündensteuer" werde zum Beispiel auch auf alkoholische Getränke erhoben.

Lenkungssteuern helfen die "echten Kosten" abzubilden

Klaus Grieshaber vom Bund der Steuerzahler in Bayern stellt sich im Gespräch mit BR24 klar gegen Steuern, die das Verhalten der Bürgerinnen und Bürger lenken sollen: "Steuern sind dazu da, um Steuereinnahmen zu erzeugen und die dann mit zusätzlichen Zwecken zu überfrachten, halten wir für vollkommen falsch."

Büttner dagegen verweist darauf, dass Nebenzwecke wie zum Beispiel eine Lenkungsfunktion durchaus für Steuern vorgesehen sind und sieht gerade bei den Lenkungssteuern einen Sinn: "Der Charme einer solchen Steuer liegt darin, dass sie einen Preisaufschlag erzeugt, der einen in der Kalkulation des Anbieters nicht berücksichtigten Schaden reflektiert. Der Sinn einer solchen Steuer ist nicht, dass die Aktivität völlig verschwindet, sondern, dass der darin liegende externe Schaden in den Preisen sichtbar wird."

Mit einer Lenkungssteuer würde also die Lenkungsfunktion von Preisen unterstützt, weil die Preise dann den echten Kosten entsprechen. Ohne eine Steuer würde dies nicht der Fall sein, da externe Schäden eben nicht mit einberechnet werden.

Probleme bei der Messbarkeit

Die fehlende Messbarkeit des Erfolges von Lenkungssteuern ist dem Bund der Steuerzahler ein Dorn im Auge. Büttner erklärt, dass man aus der unmittelbaren quantitativen Messung, also den Einnahmen aus einer Steuer, nicht ablesen könne, ob der Lenkungszweck erfüllt wird. Hierfür wäre eine Evaluation erforderlich. Beim Beispiel der Steuer auf Einwegbecher wäre ein Vergleich des Müllaufkommens mit einer Kommune ohne eine solche Steuer denkbar.

Einig sind sich Büttner und Grieshaber bei der Tabaksteuer. Grieshaber sieht hier einen Widerspruch, denn wenn man mit der hohen Tabaksteuer vermeiden wolle, dass Menschen rauchen, dann würde dies dafür sorgen, dass die Einnahmen durch die Tabaksteuer letztendlich ausbleiben.

Büttner findet ebenfalls deutliche Worte gegen diese Art "Sündensteuer": "Das sind ja nur vorgeschobene Argumente. In Wahrheit geht da ja wirklich darum, dass Kasse gemacht wird. Wenn ich denke, dass sich die Leute schädigen, dann muss ich versuchen, die Leute zu überzeugen, dass das ein falscher Weg ist. Aber die Dinge dann mit Steuern zu belegen, ist ein Eingriff in die Entscheidungsfreiheit."

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