Nach rund 140 Prozesstagen ist in einem der größten Wirtschaftsprozess in der bundesdeutschen Geschichte noch immer kein urteil absehbar
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Der frühere Wirecard-Chefbuchhalter äußert sich seit gestern erstmals persönlich im Wirecard-Prozess

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Wirecard-Prozess: Von Trump und Fallenstellern

Wirecard-Prozess: Von Trump und Fallenstellern

Der ehemalige Chefbuchhalter von Wirecard, Stephan von Erffa, hat im Wirecard-Prozess seine persönliche Erklärung fortgesetzt. Nachdem er gestern zum Auftakt sehr allgemein Fehler eingeräumt hatte, wurde er heute konkreter.

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Fast 200 Seiten umfasst von Erffas persönliche Erklärung. Nachdem der Ex-Wirecard-Chefbuchhalter gestern gut die Hälfte der vor ihm liegenden DIN-A-4-Seiten verlesen hat, knüpfte er am Morgen nahtlos an den Vortag an. Von Erffa tauchte tief in sein damaliges Aufgabengebiet ein und schilderte die hohen Anforderungen der Wirtschaftsprüfer bei der Erstellung der Jahresbilanzen des Zahlungsdienstleisters. Ausführlich legte er auch die Kommunikation mit verschiedenen Treuhändern dar, die Wirecard zustehende Gelder jahrelang auf Auslandskonten verwahrten. Mehrfach sorge er damit bei Richter Markus Födisch für kritische Nachfragen.

"Wie Trump-Attentat – nicht zu erklären!"

So schilderte von Erffa, wie unter Beteiligung des Mit-Angeklagten Oliver Bellenhaus, ehemals Statthalter von Wirecard in Dubai, per E-Mail übermittelte Stände von Konten eines Treuhänders quasi auf Zuruf geändert worden seien. So ging es 2017 etwa um eine Differenz in Höhe von 35 Millionen Euro – "ein großer Teil der Liquidität von Wirecard", stellte Födisch erstaunt fest – um kurz darauf nachzuhaken, warum von Erffa daraufhin nichts weiter unternommen habe.

Der erklärte, auch mit den Wirtschaftsprüfern sei der Vorgang "zurückgespielt" und innerhalb des Wirecard-Konzerns seien ebenfalls Kollegen informiert worden. Als Födisch abermals nachbohrte, sagte von Erffa: "Ja, heute, das ist so, wie das Attentat auf Trump, man kann es sich nicht erklären."

Marsalek und Bellenhaus als Fallensteller?

Von Erffa schilderte zudem einen Vorgang von Ende Dezember 2019/Anfang Januar 2020 – ein besonders arbeitsreicher Zeitraum, weil er einerseits mit der Jahresbilanz und andererseits mit der KPMG-Sonderprüfung befasst gewesen wäre. Diese hatte der Aufsichtsrat des Konzerns im Oktober 2019 in Auftrag gegeben, nachdem die Financial Times weitere Berichte über mögliche Unregelmäßigkeiten im Geschäft von Wirecard veröffentlicht hatte.

Mehrfach habe ihn der damalige Unternehmensvorstand Jan Marsalek aufgefordert und gedrängt, den E-Mail-Verkehr mit einem Treuhänder von Wirecard nachträglich für die Prüfer zu dokumentieren. Bellenhaus habe ihm dabei Tipps gegeben, wie sich zum Beispiel E-Mails rückdatieren ließen. Technisch sei das allerdings sehr schwierig gewesen, "mir hat das Know-how gefehlt", sagte von Erffa.

Ende Januar 2020 habe er schließlich einer Kollegin eingescannte Ausdrucke geschickt. "Heute denke ich, dass es eine Falle von Jan Marsalek und Oliver Bellenhaus gewesen sein kann." Schließlich seien die entsprechenden Dateien später von den Behörden als einzige in einem ansonsten gelöschten Postfach gefunden worden. Der hinter von Erffa sitzende Bellenhaus hörte von Erffa dabei ohne sichtliche Regung zu, ebenso der dritte Angeklagte, Ex-Wirecard-Vorstandschef Markus Braun. Brauns Verteidigerin Theres Kraußlach hatte schon gestern in einer Verhandlungspause betont, ihrer Meinung nach stütze von Erffas Erklärung die Position ihres Mandanten: "Wo keine Bande ist, beziehungsweise wenn man kein Mitglied einer Bande ist, wie Herr Dr. Braun und Herr von Erffa, dann kann man davon auch nichts wissen."

Die Staatsanwaltschaft wirft Bellenhaus, Braun und von Erffa unter anderem bandenmäßigen Betrug und Marktmanipulation vor. Am kommenden Montag findet der letzte Verhandlungstag vor der Sommerpause statt. Mitte August geht die Hauptverhandlung weiter. Ein Urteil in dem seit dem 8. Dezember 2022 laufenden Wirecard-Prozess ist nicht absehbar.

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