Seit Monaten kriselt es am Industriestandort Schweinfurt. Unternehmen streichen Arbeitsplätze und senken die Arbeitszeiten der Beschäftigten ab. Einer der größten Arbeitgeber in der Region ist ZF. Dort geht die Krise in der Automobilindustrie auch nicht spurlos vorbei. ZF prüft derzeit "strategische Kooperationen und Partnerschaften", heißt es von dem Unternehmen auf Anfrage. Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.
Elektromotorensparte bei ZF "leidet"
Rund 9.500 Menschen sind beim Automobilzulieferer ZF in Schweinfurt beschäftigt. Etwa 6.000 davon bauen unter anderem Elektromotoren für Automobilhersteller. Diese Geschäftseinheit - Division E genannt - leidet laut dem Unternehmen "in besonderem Maße unter dem verzögerten Anlauf der E-Mobilität, den hohen Kosten und daraus resultierenden geringen Margen im traditionellen Getriebe-Geschäft".
Um diesem Bereich wieder "profitables Wachstum zu ermöglichen und die dafür nötigen Investitionen zu tätigen, prüfen wir derzeit strategische Kooperationen und Partnerschaften. Sie können sich auf einzelne Komponenten oder auch die gesamte Division beziehen", so ZF.
Ausgliederung für IG Metall "keine Option"
Eine mögliche Ausgliederung der Antriebssparte im ZF-Konzern mit weltweit rund 168.700 Mitarbeitern lehnt die IG Metall Schweinfurt ab. In einer Pressemitteilung der IG Metall Schweinfurt heißt es, dass eine "Ausgliederung der Division E aus dem ZF-Konzern" für die Gewerkschaft keine Option sei. "Sollte ZF die Division E tatsächlich aus dem Konzern herauslösen, wäre das ein Wendepunkt für Schweinfurt – mit unkalkulierbaren Folgen für den gesamten Standort", wird Thomas Höhn, der Erste Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt, in der Pressemitteilung zitiert.
Eine solche Entscheidung berge ein immenses Risikopotenzial – nicht nur für die Beschäftigten der Division E selbst, sondern für den gesamten Standort. Die Sparte sei tief in die Strukturen Schweinfurts eingebunden – wirtschaftlich, technologisch und organisatorisch. "Ein Herauslösen dieses Bereiches würde Schweinfurt nachhaltig schwächen und zentrale Synergien im Konzern zerstören", sagt Höhn. Dieser Schritt wäre eine "fatales Signal".
Arbeitsplatzabbau läuft bereits
Der ZF-Betriebsratsvorsitzende am Standort Schweinfurt, Oliver Moll, sagte BR24 zuletzt, dass seit vergangenem Juli bereits rund 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Altersteilzeit-Regelungen das Unternehmen verlassen hätten. Rund 8.600 Mitarbeiter am ZF-Standort arbeiten seit Ende letzten Jahres 2,5 Stunden in der Woche weniger, um betriebsbedingte Kündigungen und den Abbau von 650 Arbeitsplätzen zu vermeiden.
Im Bereich des Ersatzteilbereichs ZF Aftermarket mit knapp 900 Mitarbeitern fürchten Betriebsrat und Gewerkschaft, dass über 120 Arbeitsplätze abgebaut werden, weil ZF seinen Logistikstandort im tschechischen Ostrov ausbauen will.
Oberbürgermeister sprechen mit ZF-Vorstandsvorsitzenden
Der Vorstandsvorsitzende des Automobilzulieferers ZF, Holger Klein, hat in dieser Woche die Oberbürgermeister von Schweinfurt, Passau und Saarbrücken zu einem Gespräch eingeladen. ZF spricht von nötigen "strukturellen Veränderungen".
"Um dem zu begegnen, ist es notwendig, dass wir ZF neu aufstellen. Uns eint der Wille, den damit einhergehenden Arbeitsplatzabbau zu begrenzen und sozialverträglich umzusetzen. Unser gemeinsames Ziel sind starke und zukunftsfähige Standorte." Holger Klein, Vorstandsvorsitzender von ZF
Von ZF heißt es weiter, dass "das Know-how unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unser wichtigstes Gut" sei. ZF betrachte alle Standorte individuell.
Der Schweinfurter Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) wird so zitiert: "Unsere Städte und ZF sind vereint in einer Schicksalsgemeinschaft. Deshalb ist der offene und konstruktive Austausch in schwierigen Zeiten so wichtig."
17 Stadtoberhäupter wichtiger Automobilstandorte fordern aktuell von der Europäischen Kommission unter anderem eine Revision der EU-CO2-Regulierung im Automobilsektor.
Massiver Stellenabbau bei ZF bundesweit erwartet
Ende Juli vergangenen Jahres teilte ZF mit, an seinen 50 Standorten in Deutschland mit rund 54.000 Mitarbeitern bis Ende 2028 zwischen 11.000 und 14.000 Stellen abbauen zu wollen. Das wäre rechnerisch ein Fünftel bis ein Viertel aller Stellen in Deutschland.
Die IG Metall befürchtet, dass ZF am Standort Schweinfurt bis Ende 2028 zwischen 2.000 und 3.000 Arbeitsplätze abbauen könnte.
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