Der Streit um die Stadtbahn bedeutet das Aus für die Regensburger Rathaus-Koalition aus CSU, SPD, Freien Wählern, FDP und CSB: Das Bündnis gebe es so nicht mehr, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Burger dem BR-Studio Regensburg am Freitag. Das Verhalten von CSU und Freien Wählern im Umgang mit dem Bürgerentscheid zur Stadtbahn sei ein demonstratives Verlassen der Koalition gewesen. Dies habe die SPD nun für alle Partner festgestellt.
Keine neue Koalition mehr für den Regensburger Stadtrat
Die Regensburger SPD-Fraktion im Stadtrat hatte am Mittag bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz das Ende des Bündnisses mitgeteilt. Bei dem Termin, an dem auch die Vertreter der FDP und des ebenfalls im Stadtrat vertretenen CSB teilnahmen, betonte SPD-Fraktionschef Thomas Burger, dass man die Schuld bei CSU und Freien Wählern sehe.
Die SPD will laut Burger nun bis zur Kommunalwahl im März 2026 eine andere Form der Zusammenarbeit mit den übrigen Stadtratsparteien finden: Projekt- und themenorientiert, also mit wechselnden Mehrheiten. Es würden also künftig nicht mehr Mehrheiten für Fraktionen gesucht, sondern für Themen. Dazu, so Burger, seien alle demokratischen Parteien eingeladen. Aus seiner Sicht werde die Arbeit damit nicht schwieriger. Eine neue Koalition solle es nicht mehr geben.
Die SPD hatte sich bislang mit CSU, Freien Wählern, der FDP und einem einzelnen Stadtrat zu einer Koalition zusammengeschlossen. Dies ergab eine Mehrheit von 26 der 51 Sitze im Stadtrat. Das bayerische Kommunalrecht sieht Koalitionen auf Stadtratsebene nicht zwingend vor.
CSU und Freie Wähler: Neutralitätsabkommen missachtet?
Bereits zuvor habe es immer wieder Uneinigkeit zwischen SPD und CSU gegeben, sagte Burger. Doch bei der Stadtbahn sei dies von der Qualität deutlich anders gewesen: Demnach hätten die beiden bisherigen Partner sich nicht an Vereinbarungen des Koalitionsvertrags und Regeln zum Umgang miteinander gehalten und damit eine gemeinsame Basis verlassen. Zuletzt beim Thema Stadtbahn, wo sich CSU und Freie Wähler - anstatt Neutralität zu wahren - gegen das Projekt ausgesprochen hatten. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei so nicht mehr möglich, obwohl man, so Burger, aus seiner Sicht trotz einiger Reibereien sehr erfolgreich gearbeitet und "viele Dinge umgesetzt, angestoßen oder zu Ende gebracht" habe.
Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer übt scharfe Kritik
Auch Regensburgs Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD) übt scharfe Kritik an der CSU und den Freien Wählern. Die zwei Partner hätten sich nicht mehr an Verabredungen aus der Koalitionsvereinbarung gehalten, sagte sie im Gespräch mit dem BR. Dabei betonte die SPD-Politikerin auch die Positionierung der CSU und der Freien Wähler gegen eine Stadtbahn im Vorfeld des Bürgerentscheids vergangenen Sonntag. "Wenn sich jeder beliebig von diesen Abmachungen verabschieden kann, dann brauche ich keine Koalition", so Maltz-Schwarzfischer. "So kann man nicht zusammenarbeiten, deshalb ist die Koalition Geschichte."
Ein neues Bündnis strebt die SPD nicht an, vielmehr gelte es jetzt für einzelne Beschlüsse Mehrheiten zu finden. "Da schließe ich niemanden aus", sagte Maltz-Schwarzfischer, "wir werden in der Zusammenarbeit mit allen offen sein".
Zweite Bürgermeisterin und dritter Bürgermeister bleiben im Amt
Die zweite Bürgermeisterin, Astrid Freudenstein (CSU), und der dritte Bürgermeister, Ludwig Artinger (Freie Wähler), werden unterdessen ihr Amt voraussichtlich bis zum März 2026 weiter ausführen. "Sie sind auf sechs Jahre gewählt und bleiben Bürgermeisterin und Bürgermeister", so Maltz-Schwarzfischer.
Dem Regensburger Stadtrat gehören neben den fünf bisherigen Koalitionären auch Bündnis90/Die Grünen, Die Fraktion "Brücke" des ehemaligen Oberbürgermeisters Joachim Wolbergs und die ÖDP an. Zudem sitzen im Gremium zwei Vertreter der AfD. Je einen Sitz haben "Die Partei", "Ribisl" und BSW.
CSU-Fraktion kann Kritik nicht nachvollziehen
Der CSU-Fraktionsvorsitzende Michael Lehner hatte am Montag noch gesagt, er könne den Unmut der SPD nicht nachvollziehen. Er habe der SPD angeboten, an ihrer Seite zu bleiben. Ob es zu einem Koalitionsbruch komme, sei Entscheidung der SPD gewesen.
Heute hieß es von Lehner, die SPD habe die Koalition de facto aufgekündigt. Die Kritik könne er aber weiterhin nicht nachvollziehen. Auch die SPD habe schon zweimal Koalitionsbruch begangen. Anlass für ein Ende des Bündnisses habe das aber nicht gegeben. Die CSU wäre laut Lehner in der Koalition geblieben. Er sieht im Handeln der SPD auch eine Reaktion auf gleich zwei "Klatschen" bei der Europawahl und dem Bürgerentscheid. Nun sei vor allem die Oberbürgermeisterin gefordert, Mehrheiten für ihre Vorlagen im Stadtrat zu finden. Die CSU wolle das pragmatisch angehen.
Regensburger stimmten gegen Stadtbahn: Chance verpasst?
Bei einem Bürgerentscheid hatten die Menschen in Regensburg am vergangenen Sonntag den Plänen einer Straßenbahn eine Absage erteilt. Knapp 54 Prozent stimmten gegen das Projekt, etwas mehr als 46 Prozent dafür. Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD) hatte daraufhin beklagt, Regensburg habe mit der Ablehnung der Stadtbahn "eine historische Chance verpasst".
Im Video: Streitpunkt Regensburger Stadtbahn: Bürger stimmten dagegen
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