Im März hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen "Digital-Turbo" angekündigt - mit Ergebnissen bis Ende 2025. Im Sommer wurde der Zeitplan nochmal verschärft: Bis Ende dieses Jahres sollte eine Zukunftskommission "Digitales Bayern 5.0" erste Pläne vorlegen, um die bayerischen Kommunen stärker zu vernetzen und einheitlich zu digitalisieren. Die Pläne kommen nun aber frühestens im März. Hauptgrund: Die Verhandlungen zwischen Freistaat und Kommunen sind noch nicht abgeschlossen.
Zukunftskommission verhandelt mit Kommunalverbänden
Wer zum Beispiel ein Auto zulassen oder eine Staatsbürgerschaft beantragen will, kann das in vielen Städten und Gemeinden schon online erledigen – aber eben bei weitem noch nicht in allen. Aktuell sind nur knapp die Hälfte aller kommunalen Verwaltungsleistungen in Bayern online abrufbar, was immerhin deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt.
Die Zukunftskommission unter Federführung des bayerischen Finanzministers Albert Füracker (CSU) will dies beschleunigen und vereinheitlichen – und verhandelt darüber mit den Kommunalverbänden. Laut Uwe Brandl (CSU), Präsident des Bayerischen Gemeindetages, muss der Freistaat aber erst einmal die Verhandlungen mit den Anbietern digitaler Plattformen, Cloud- und KI-Lösungen abschließen. Dann wisse man schließlich die Kosten des Projekts und könne über die Finanzierung reden, sagt Brandl BR24.
Kommunen haben bereits eigene Systeme
Albert Füracker macht klar, dass der Freistaat nicht alles bezahlen könne, die Kommunen müssten sich also selbst an der Digital-Vereinheitlichung beteiligen. Und hier liege das erste Problem, sagt Füracker: "Wir können nicht einfach auf der grünen Wiese beginnen, sondern jede Kommune hat schon ihr System: unterschiedliche Anbieter von Dienstleistungen im digitalen Bereich. Und das wollen wir vereinheitlichen – was bei 2.056 Kommunen und 71 Landkreisen ehrlicherweise eine Herkulesaufgabe ist."
Die Herkulesaufgabe bestätigt auch Uwe Brandl: "Da sind viele Gespräche notwendig. Wenn Sie etwa die Landeshauptstadt München sehen: Da haben wir Tausende von Mitarbeitern, die nur im Digitalisierungsbereich unterwegs sind. Die haben sich eine eigene Infrastruktur geschaffen. Die muss man natürlich überzeugen, dass die sich dann von dieser bisherigen Welt lösen und in eine neue Welt überführen." Die sei aber vor allem auch für den bayernweiten Datenaustausch wichtig.
Dürfen Datensätze für alle Ämter gespeichert werden?
Es geht hier laut Brandl vor allem um eine einheitliche Datenplattform der Kommunen, welcher zentrale IT-Dienstleister zum Zuge kommt und welche Cloud- und IT-Lösungen eingekauft werden.
Füracker und Brandl ist auch klar, dass die angestrebte digitale Vereinfachung für Bürgerinnen und Bürger den Datenschutz berührt: "Wir dürfen nicht alles machen, was wir gern machen würden. Es gibt zum Beispiel in Dänemark die Tatsache, wenn Sie dem Staat ihre Daten geben, hat jede Behörde Zugriff auf ihre Daten. Das erleichtert natürlich die Sache ungemein. Das haben wir noch nicht, weil der Datenschutz das in der Form nicht möchte. Das muss besprochen werden, und wir müssen möglicherweise Gesetze ändern, um das zu erreichen", so Füracker zu BR24. Und da seien auch die bundesweiten Datenschutzbestimmungen gefragt.
Finanzministerium steht über Digitalministerium
Die ersten konkreten Pläne und Maßnahmen zur Digitalvereinheitlichung kommunaler Verwaltungen kommen nun nicht, wie ursprünglich angekündigt, bis Ende 2024. Auf die Frage, warum es stockt, sagt Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler), dass nicht er, sondern der Finanzminister mit der Zukunftskommission beauftragt worden sei.
Es sei vereinbart, dass die gesamte Kommunikation zur Arbeit des Gremiums beim Finanzminister liege: "Ich habe das akzeptiert, mich daran gehalten, als es beispielsweise im Rahmen des ersten Zwischenberichts im Kabinett erste positive Nachrichten zu verkünden galt. Und ich werde mich an diese erwünschte Kommunikationsstrategie auch dann halten, wenn es jetzt kritische Rückfragen gibt", sagt Mehring.
"BayernPackages" als Zwischenlösung?
Der Digitalminister verweist darauf, dass es in seinem Aufgabenbereich ja große Fortschritte gegeben habe. Als Beispiel nennt er die sogenannten "BayernPackages" aus seinem Hause: Hier kann sich jede Kommunalbehörde eine passende Lösung für viele Online-Bürger-Dienste bestellen – vorausgesetzt, sie beteiligt sich zur Hälfte an den Kosten.
Dies könne aber nur eine Zwischenlösung sein auf dem Weg zur Gesamtlösung für die Kommunen, kommentiert Brandl für den Gemeindetag. Die hälftige Aufteilung der Kosten gelte zunächst nur für zwei Jahre. Der Rollout der BayernPackages, die mit der großen, bayernweiten Lösung kompatibel sein sollen, wird jedoch komplett vom Digitalministerium finanziert.
Neues Ziel: März 2025
Die Landtags-Grünen würden auch noch gern ein Wörtchen mitreden, wie der IT-Spezialist Benjamin Adjei, digitalpolitischer Sprecher der Fraktion, BR24 sagt: "Ich fordere eine Reform der Zukunftskommission hin zu mehr Einbindung der Öffentlichkeit und auch von uns als Landtagsopposition." Finanzminister Füracker blickt jetzt auf kommenden März: "Wir glauben, bis ins Frühjahr hinein identifizieren zu können, wann was umgesetzt sein könnte".
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