Hühnerbetreuerin Verena von Janotta mit einem schwarzen Huhn auf einer Hühnerschaukel
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Auch Hühner wollen sich vergnügen - hier auf einer selbst gebauten Hühnerschaukel im Garten der Begegnung der Caritas in Dillingen

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"Beruhigen und tun gut": Caritas hat Hühner als Therapeuten

In der Therapie kommen Hühner öfter zum Einsatz. Die Caritas in Dillingen hat sich nun Therapie-Hühner angeschafft, die den psychisch beeinträchtigten Klienten guttun sollen. Und auch Hühnerschaukeln werden hier neuerdings serienmäßig hergestellt.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Verena von Janotta öffnet die Tür eines roten Hühnerhauses und holt eine Henne heraus – die ist schwarz und erst etwa 20 Zentimeter groß. Die Caritas-Mitarbeiterin ist neuerdings nicht nur Heilerziehungspflegerin in der Caritas-Tagesstätte für psychische Gesundheit, sondern nun auch "Hühnerbeauftragte". 15 Junghühner gibt es dort seit Kurzem und sie sind die Attraktion im neu angelegten "Garten der Begegnung".

Manuela Goll steht neben Verena von Jotta und streichelt das Huhn vorsichtig. Sie ist eine von 40 Personen, die bei der Caritas in Dillingen eine Beschäftigung gefunden haben. Manuela Goll hat eine psychische Beeinträchtigung. Auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt ist es für sie schwierig. Hier bei der Caritas kann sie in geschütztem Rahmen arbeiten – und hat ein Zuhause gefunden.

Hühner mit therapeutischer Wirkung

Die 15 Hühner im "Garten der Begegnung" sollen ihr und ihren Kollegen guttun. Die Hühner sollen sehr positiv auf Menschen mit psychischen Einschränkungen wirken, erklärt Caritas-Heilerziehungspflegerin Verena von Janotta.

In der sogenannten tiergestützten Therapie kommt sie häufig zum Einsatz. Sie sollen soziale, emotionale und motorische Fähigkeiten fördern, gelten als den Menschen zugewandt und intelligent. Schon als die neu-erkorene Hühnerexpertin Verena von Janotta den Brutautomaten mit den Eiern in ihrem Büro aufgestellt hatte, waren Michaela Goll und andere Caritas-Klienten begeistert.

Gespannt haben alle auf den Tag gewartet, an dem die Hühner schlüpfen sollten. Und jetzt dürfen sie endlich raus, und die Caritas-Klienten besuchen sie, wann immer es geht, und beobachten die Tiere. Sie dürfen sie auch füttern, sich um sie kümmern. Haben somit eine weitere Aufgabe bekommen. Das tue den Menschen gut, sagt Caritas-Mitarbeiterin Verena von Janotta. Sie hält zuhause selbst Hühner, kennt sich deshalb so gut mit den Tieren aus.

Bau von "Hühnerschaukeln" als neues Betätigungsfeld

Das Hühnergehege liegt am Rand des Gartens der Begegnung, direkt neben dem neuen Caritas-Gebäude. Die Hühner werden hier bald sogar schaukeln. Denn bei der Caritas soll eine Hühnerschaukel erprobt werden. Und dann - bei Interesse - auch serienmäßig gefertigt werden, sagt Geschäftsleiter Alexander Böse: "Die Hühner sollten Beschäftigung haben, und die Schaukel wird hier bei der Caritas produziert, die kann man auch hier kaufen." Das Besondere: Hauptamtliche arbeiten hier Hand in Hand mit Menschen, die irgendwie beeinträchtigt sind.

Die Caritas geht hier eigene Wege. Denn die üblichen Aufträge von großen Firmen, die Sachen verpacken oder zusammenschrauben lassen, werden immer weniger. Auch im Caritas Bistro, dem Caristo, finden die Klienten, wie man bei der Caritas sagt, eine Beschäftigung.

Stefanie Neubauer ist gerade dabei, das Gestell, an dem der Ast für die Schaukel hängt, abzuschleifen. Hier entsteht der Prototyp für die Hühnerschaukel. Vier Vormittage die Woche arbeitet sie bei der Caritas. Auf dem ersten Arbeitsmarkt hätte sie Probleme, unterzukommen. Hier, in dem geschützten Rahmen, arbeitet sie gerne: "Das ist ein Zuverdienst. Und das ist ja auch sehr kreativ", sagt sie, hört kurz zu Schleifen auf, denkt nach und lächelt: "Ja es macht Freude, solche Sachen zu machen".

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Die Hühner kommen gut an im Garten der Begegnung in Dillingen

In erster Linie soll der Garten ein Ort der Begegnung sein. Aber auch Beratungsgespräche können hier stattfinden, erklärt Geschäftsleiter Alexander Böse. Die Corona-Zeit habe gezeigt, dass es manche Gespräche erleichtere, wenn sie nicht im Büro, sondern in anderer Umgebung geführt würden.

Schaukeln für Mensch und Huhn

Vor allem aber soll es ein Ort für alle sein. Offen für jeden – ob mit oder ohne Behinderung. Deshalb gibt es hier nicht nur eine Schaukel für die Hühner, sondern auch viele anderen Schaukeln. Etwa: Eine Hängemattenschaukel oder, nicht alltäglich, eine Schaukel für Rollstuhlfahrer. Der Rollstuhl kann in der Schaukel verankert werden.

Schaukeln gibt es hier für alle - und eben auch für Hühner. Und jetzt, ein paar Wochen später, will Hühnerexpertin Verena von Janotta es wissen. Sie holt ein Hühnchen raus und setzt es auf die Schaukel. Und siehe da – nach kurzem anfänglichen Unbehagen, scheint sich das kleine Huhn ganz wohl zu fühlen. Offenbar kommt die Schaukel an – Manuela Goll wird auf jeden Fall weiter mit dabei sein, wenn die Hühner ihr neues Zuhause mit all den Möglichkeiten entdecken.

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