Moore wurden oft entwässert, landwirtschaftlich genutzt, mit Wald bepflanzt oder für den Torfabbau ausgebeutet. Aber Moore sind wichtige CO2-Speicher im Kampf gegen den Klimawandel. Deshalb werden inzwischen immer mehr Moore renaturiert.
Oberpfalz: Bagger retten Moor im Steinwald
Wer den Bagger rumoren hört, der momentan in einem kleinen Moor im Steinwald alte Entwässerungsgräben bearbeitet, erschrickt: Wird hier ein Stück Natur zerstört? Das Gegenteil ist der Fall. Der Spezialbagger verfüllt die alten Gräben, mit denen man vor Jahrzehnten versucht hat, das nasse Gelände trockenzulegen. Wie in vielen Mooren im Steinwald wurden hier nach den zwei Weltkriegen Fichten gepflanzt, um Holz zu gewinnen. Die Fichten wurden inzwischen gefällt. Der Bagger macht den Rest.
Ziel der Arbeiten: Das Moor soll wieder genauso nass werden wie früher. Damit wird eine fatale Folge der früheren Trockenlegungen gestoppt: Wenn das oft meterdicke Torfmoos in einem Moor nach der Trockenlegung anfängt zu verrotten, werden große Mengen klimaschädliches CO2 freigesetzt.
Moore seien der CO2-Emittent in Deutschland, sagt Wolfgang Schödel, Förster im Steinwald. "Wenn wir alleine nur schaffen, dass sie nicht mehr entwässert werden, haben wir schon gewonnen. Auf dem größten Teil der Fläche schaffen wir es schon, dass sich das Moor sogar wieder aufbaut, und dann binden sie noch mehr – das ist ein ganz wichtiger Punkt", so Schödel.
Wiedervernässte Moore regenerieren sich
Im Steinwald wurden in den vergangenen Jahren schon einige Moore renaturiert. Den Effekt sieht man bei manchen schon nach nur einem Jahr: Viele Libellen, typische Moorpflanzen und seltene Tierarten kehren zurück. Im Idealfall baut sich wieder Torfmoos auf – wie immer ganz langsam: Torfschichten wachsen im Schnitt nur rund einen Millimeter pro Jahr.
Im Steinwald liefern die wiedervernässten Moorgebiete, die abschüssig liegen, sogar Trinkwasser. Die Gemeinde Pullenreuth im Kreis Tirschenreuth zum Beispiel erhält einen Teil ihres Trinkwassers aus dem Oberflächenwasser des Steinwalds, gefiltert und gespeichert durch die Moore.
Moor-Renaturierung in Bayern: 2.734 Hektar bis 2030
Bei den Bayerischen Staatsforsten sollen bis 2030 insgesamt mehr als 2.700 Hektar Hoch- und Übergangsmoore renaturiert werden. Insgesamt sind das 149 Einzel-Projekte. Bevor Bäume gefällt werden und der Bagger anrückt, ist viel Vorarbeit nötig. Das war auch so beim 2018 renaturierten Moor auf der Oberbreitenau in Niederbayern.
Schon einige Jahre davor wurde ein wissenschaftliches Gutachten und ein digitales Geländemodell erstellt. Die alten Gräben musste man dabei genau erfassen. "Der Baggerfahrer hatte dann ein GPS-Gerät, so dass er die alten Gräben relativ genau finden konnte, ohne dabei viel zu zerstören", erklärt Jürgen Völkl, Leiter des Staatsforstbetriebs Bodenmais, in dessen Gebiet 2023 noch weitere 26 Moore renaturiert werden sollen.
Naturidyll mit zahlreichen Tierarten
Die alten Entwässerungsgräben auf der über 1.000 Meter hoch gelegenen Hochebene waren teilweise 1,50 Meter tief. Ausgehoben wurden sie mühsam von Hand von den Bewohnern des kleinen Bergdorfs Oberbreitenau, wohl vor mehr als 300 Jahren. Sie wollten damit Weideflächen für ihre Rinder gewinnen. Aber so richtig gebracht hat es nie etwas und glücklicherweise grub man auch nur im Niedermoor, nicht im Hochmoorbereich des Gebiets.1956 wurde das ganze Bergdorf aufgegeben.
1990 begannen erste Renaturierungsmaßnahmen. 2018 wurden die alten Gräben nicht verfüllt wie im Steinwald, sondern nur mit Tannenbrettern abgedichtet, die wie Spundwände in den Boden getrieben wurden. Schon jetzt ist die Oberbreitenau wieder ein Naturidyll. So ist der Hochmoor-Laufkäfer, eine ganz seltene Art, zum Beispiel im Oberbreitenauer Hochmoor entdeckt worden. In solchen Gebieten gibt es auch wieder Feuersalamander oder Molche und auf den offenen Grasflächen unzählige Insekten und die ganze Schmetterlingsfauna, die sich natürlich hier "sauwohl" fühlt, schwärmt Jürgen Völkl.
Nicht alle Moore kann man retten
Aber nicht alle Moore, in die Menschen früher eingegriffen haben, sind so intakt, dass man sie problemlos wieder vernässen kann. Manche wurden so erfolgreich trockengelegt, dass kaum etwas oder nichts mehr davon übriggeblieben ist. In anderen wurde das Torfmoos massiv abgebaut und damit der Moorkörper zerstört.
Alfred Ringler, heute im Ruhestand, hat für das Bayerische Umweltministerium jahrzehntelang den Zustand der Moore im Freistaat untersucht. Nach seinen Daten ist bereits in den 1960er-Jahren ein Großteil der südostbayerischen Moore unrettbar verloren gegangen. Seitdem habe sich ihre Fläche noch einmal von 13.000 auf 7.500 Hektar reduziert. In Oberbayern sind die meisten Moorflächen laut dem Experten in den Landkreisen Traunstein, Rosenheim und Erding verschwunden, ebenso im Raum Mühldorf und Altötting.
Umweltbewusste Gartenfreunde kaufen torffreie Pflanzenerde
In der Bevölkerung steigt inzwischen spürbar das Verständnis für die Rettung der Moore. Wanderer bewundern die Ursprünglichkeit und Wildnis solcher nutzungsfreien Oasen. Sie strahlen fast immer eine unglaubliche Ruhe und fast mystische Stimmung aus. Viele wissen heute auch, dass Moore als CO2-Speicher und für die Artenvielfalt immens wichtig sind. Auch im Alltag kann man was tun: Umweltbewusste Gartenbesitzer und Blumenfreunde kaufen nur torffreie Erde für ihre Pflanzen.
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