Bisher sind dynamische Stromtarife nur ein Nischenangebot. Genutzt meist von Kunden, die etwas von Technik verstehen und denen es Spaß macht, ihren Stromverbrauch genau zu beobachten und zu steuern. Das könnte sich jedoch mit Gesetzesänderungen, die zum Jahreswechsel in Kraft treten, nach und nach ändern. Ab 2025 muss jeder Stromanbieter auch einen dynamischen Tarif im Programm haben.
Für wen sich ein dynamischer Stromtarif lohnt
Solche Stromtarife sind vor allem für Haushalte mit großem Stromverbrauch interessant, der sich zeitlich ein wenig verschieben lässt. Elektroautos und Wärmepumpen zum Beispiel müssen nicht unbedingt zwischen 18 und 21 Uhr laufen, wenn der Strom an der Börse regelmäßig am teuersten ist. Denn dann speist Photovoltaik nach Sonnenuntergang nicht mehr ein, während gleichzeitig viele Menschen nach Hause kommen und Elektrogeräte einschalten.
Tagsüber oder nachts ist der Strom billiger. Dynamische Tarife geben den Preisvorteil flexibel weiter, wenn die Wärmepumpe elektronisch gesteuert schon am Nachmittag vorheizt, oder der Autoakku erst nach Mitternacht lädt.
Hoher Stromverbrauch? Mehrere hundert Euro Einsparpotenzial
Aus Sicht von Verbraucherschützern sind deshalb flexible Stromtarife grundsätzlich ein sinnvolles Angebot. Haushalte mit hohem Stromverbrauch können damit jährlich mehrere hundert Euro bei der Stromrechnung sparen, sagt Norbert Endres, Energieberater für die Verbraucherzentrale Bayern.
Er beobachtet bereits jetzt, vor dem Jahreswechsel, dass zunehmend mehr Stromversorger solche Tarife anbieten, und erste Vergleichsportale sie listen: "Aber der Markt ist noch nicht so richtig in Schwung, das kommt 2025 bestimmt noch intensiver."
Der ungebremste Strom-Börsenpreis birgt Risiken
Wichtig für private Endverbraucher ist laut dem Verbraucherschützer, dass der Stromtarif auch einen Preisdeckel enthält.
Angebote, die völlig ungebremst dem Preis an der Strombörse folgen, können zwar in manchen Stunden sehr billig sein, in anderen dafür auch extrem teuer. Wer das nicht im Blick hat, kann böse Überraschungen erleben.
Intelligente Stromzähler sind bisher Mangelware
Voraussetzung für den Wechsel in einen Tarif mit dynamischen Preisen ist ein intelligenter Stromzähler. Den haben bisher nur sehr wenige Haushalte. Ab kommendem Jahr soll sich auch das ändern. Haushalte mit einem Strom-Jahresverbrauch von mehr als 6.000 Kilowattstunden oder einer Photovoltaikanlage müssen laut Gesetz nach und nach solche "Smart Meter" eingebaut bekommen, darum kümmert sich der Messstellenbetreiber. Der muss ab 2025 auch dann ein solches Gerät einbauen, wenn jemand es freiwillig anfordert.
Weil die Betreiber teils noch mit Schwierigkeiten kämpfen, kann die Wartezeit auf so einen Zähler allerdings durchaus mehrere Monate betragen. Teilweise installieren die Anbieter flexibler Stromtarife den Smart Meter für neue Kunden auch selbst.
Wer wenig Strom verbraucht, kann wenig sparen
Für Haushalte ohne Wärmepumpe, Elektroauto oder Stromspeicher sind dynamische Tarife weniger interessant. Weil einerseits bei einer niedrigen Stromrechnung auch das Sparpotenzial geringer ist. Und andererseits auch nur geringe Möglichkeiten zur Verschiebung von Verbrauch bestehen: Spülmaschine oder Waschmaschine nur zu bestimmten Zeiten laufen zu lassen, ist zwar möglich. Ein Gutachten im Auftrag des Verbraucherzentrale-Bundesverbands hat für Haushalte mit geringem Stromverbrauch aber nur ein Sparpotenzial von rund einem Prozent der Stromkosten ergeben.
Dynamischer Stromtarif: Auch die Allgemeinheit profitiert
Die etablierte Energiewirtschaft betrachtet die Einführung von dynamischen Tarifen gleichzeitig mit Hoffnung und Sorge. Einerseits hilft es auch dem gesamten Energiesystem, wenn möglichst viel vom Stromverbrauch sich zeitlich nach dem Angebot richtet. "Wir brauchen ein flexibles Preissystem", erklärt etwa Energie-Ökonom Andreas Löschel. Denn so sind weniger Leitungen, Ersatzkraftwerke und Speicher nötig. Andererseits ist es gerade für kleine Stadtwerke ein großer Aufwand, flexible Tarife zu kalkulieren und möglichst schnell intelligente Zähler einzubauen.
"Für das Gelingen der Energiewende ist das wichtig", betont jedoch Marian Rappl vom Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW). Die bayerische Energiewirtschaft schiebe das Ganze deshalb nicht auf die lange Bank.
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