Ein Schäferhund läuft neben einem Mann
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Können Spürhunde auch nach Monaten noch eine Geruchsspur aufnehmen?

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Fall Alexandra R.: Erhebliche Zweifel an Arbeit der Spürhunde

Im Fall der verschwundenen Alexandra R. aus Nürnberg-Katzwang standen erneut die feinen Nasen der Spürhunde im Mittelpunkt des Prozesses. Diesmal wurde deren Arbeit von einem Experten erheblich in Zweifel gezogen. Was können die Tiere und was nicht?

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Spürhunde hatten im Fall Alexandra R. ein zentrales Indiz geliefert. In einem Waldstück nahe der Autobahnausfahrt Irschenberg sollen sie Spuren der vermissten Hochschwangeren und der beiden Angeklagten wahrgenommen haben – rund sieben Monate nach dem Verschwinden von Alexandra R.

Geruch noch nach Monaten wahrgenommen?

Ob das nach so langer Zeit aber noch möglich ist, bezweifelt die Verteidigung. Ein unabhängiger Gutachter wurde deswegen eingeschaltet: Der österreichische Experte Leopold Slotta-Bachmayr. Er hält es für unwahrscheinlich, dass die Hunde nach Monaten noch eine Geruchsspur aufgenommen haben und dieser gefolgt seien. Der Biologe an der Uni Salzburg hat die Fähigkeiten von speziell ausgebildeten Spürhunden untersucht. "Denn es gibt viele Erfahrungsberichte, Mythen und Sagen, aber eben wenige wissenschaftliche Untersuchungen", betonte Slotta-Bachmayr vor Gericht.

Nach einer Woche nur noch "Zufall"

Das Ergebnis seiner aktuellen Studie: Im Labor gelang es zwar den Hunden auch nach 64 Wochen eine Geruchsspur zu identifizieren. Aber außerhalb des Labors sei dies nicht mehr der Fall gewesen. In einem aufwendigem Testverfahren zeigte sich, dass die Spürnasen nach zwölf bis 24 Stunden sehr gut einen Geruch finden können, nach drei Tagen aber schon nur noch zu rund 50 Prozent und nach einer Woche sei es nur noch Zufall gewesen.

"Erfolgschancen bei null"

Das Experiment wurde in der Stadt durchgeführt, wo sich viele Gerüche überlagern. Etwas besser schneiden die Hunde in weniger belebten Gebieten ab. Anders als im Labor setzen im Freien aber überall Umwelteinflüssen der Geruchsspur zu. Geringe Temperaturen und Feuchtigkeit könnten zwar dazu beitragen, dass sich der Zeitraum verlängert – aber nicht um Monate. "Die Erfolgschancen liegen nach einer Woche bei null", resümiert der Experte.

Rückschlag für Anklage

Die Aussagen des Biologen sind ein Rückschlag für die Staatsanwaltschaft, die davon ausgeht, dass der Ex von Alexandra R. und sein Geschäftspartner die Frau entführt und ermordet haben. Ihre Leiche wurde bis heute nicht gefunden. Auch Leichenspürhunde waren an mehreren Orten im Einsatz, schlugen aber nicht an. Auch über deren Fähigkeiten klärte Experte Slotta-Bachmayr vor Gericht auf.

Hunde können Leichengeruch nach 90 Minuten erkennen

90 Minuten nachdem ein Mensch gestorben ist, können trainierte Hunde dies erkennen, denn dann sei die bakterielle Zersetzung weit genug fortgeschritten. Das hat eine Studie aus den USA ergeben. In dem Land ist die Todesstrafe in einigen Bundesstaaten noch in Kraft, so dass der exakte Todeszeitpunkt bei der Studie bekannt war, so Slotta-Bachmayr.

Hunde können Verwesungsgeruch nach Monaten noch erkennen

Anders als Spürhunde können Leichensuchhunde über Wochen und Monaten Körperflüssigkeiten, die bei der Verwesung eines Körpers entstehen, wahrnehmen – etwa wenn ein toter Körper in einem Kofferraum transportiert wurde. In Plastik setzen sich die Gerüche lange fest. "Es ist für einen Hund deutlich leichter, eine Leiche zu erkennen als einer Geruchsspur eines Lebenden zu folgen", so der Experte.

Auf Bodenbeschaffenheit und Tiefe kommt es an

Untersuchungen zeigen zudem, wie sich Leichengerüche ausbreiten, wenn ein toter Mensch vergraben wurde. Dazu wurden Leichenteile in unterschiedliche Böden und unterschiedlich tief vergraben. Innerhalb der ersten 14 Tage finden die Hunde sehr schnell die Stelle. Danach nimmt die Treffsicherheit der Hunde ab. Je nach Boden haben es die Hunde schwerer. Lehmboden beispielsweise schließe eine Leiche nahezu geruchsdicht ab. Nach einem halben Jahr konnten die Hunde in den unterschiedlichen Böden nichts mehr finden.

Der Prozess wird fortgesetzt.

Der Fall Alexandra R.

Es ist ein Fall, der die ganze Region bewegt: Kurz vor Weihnachten 2022 verschwindet Alexandra R. aus Nürnberg-Katzwang. Sie war im achten Monat schwanger. Zwei Männer sitzen auf der Anklagebank, ihr Ex Dejan B. und dessen Geschäftspartner Ugur T. Die Staatsanwaltschaft will in einem Indizienprozess nachweisen, dass die beiden die Hochschwangere entführt und getötet haben. Die Anklage geht davon aus, dass die Männer so andere Straftaten vertuschen und an viel Geld kommen wollten. Es ist ein Mammutprozess am Landgericht Nürnberg-Fürth: Rund 100 Zeugen wurden bislang gehört. Es geht um jedes Detail. Und die Verteidiger rütteln an den Thesen der Staatsanwaltschaft.

Foto von der verschwundene Alexandra R.
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