Das Deutschlandticket für den Regional- und Nahverkehr ist unterfinanziert und wegen fehlender Zahlungen des Bundes nicht gesichert. Sollten die zugesagten Gelder nicht kommen, belaufe sich das Defizit allein im Bereich des Münchner Verkehrsverbundes MVV in diesem Jahr auf etwa 300 Millionen Euro, so der Geschäftsführer der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH (MVV), Bernd Rosenbusch.
Warten auf Gelder vom Bund
Deutschlandweit nutzen derzeit gut elf Millionen Menschen ein 49-Euro-Ticket. Im MVV-Gebiet sind es laut Bernd Rosenbusch 36 Prozent aller Einwohner ab 14 Jahren. Das Deutschlandticket sei also ein großer Erfolg bei den Fahrgästen, bedeute aber erhebliche Mindereinnahmen. Vom Bund war zugesagt, Haushaltsmittel aus dem Jahr 2023 für das Deutschlandticket auf dieses Jahr zu übertragen, um das Defizit zu decken. Das sei bisher nicht geschehen und die Zukunft des Deutschlandtickets damit nicht gesichert. Die Vertreter des öffentlichen Verkehrs in Bayern waren sich einig in ihrer Kritik an der Alternative entweder Deutschlandticket oder Investitionen in die Infrastruktur, die Finanzminister Lindner (FDP) ins Gespräch gebracht hatte.
"Große Errungenschaft": Scholz macht Ländern Zusage zur Finanzierung
Bundeskanzler Olaf Scholz machte nun den Ländern Zusagen zur Finanzierung des Deutschlandtickets in diesem Jahr. Der SPD-Politiker nannte das Deutschlandticket in einer Regierungsbefragung im Bundestag eine große Errungenschaft. Er könne versichern, dass die Bundesregierung – so wie mit dem Ministerpräsidenten besprochen – finanzielle Rahmenbedingungen schaffen werde. Eine dazu notwendige Änderung des Regionalisierungsgesetzes werde kommen.
In einem im April von der Verkehrsministerkonferenz der Länder beschlossenen Papier hieß es: Damit der Preis von monatlich 49 Euro stabil bleibe, sei es zwingend nötig, dass die 2023 nicht in Anspruch genommenen Mittel auf das Jahr 2024 übertragen werden – wie von Scholz und den Ländern im November vereinbart.
MVV-Kommunen fahren auf Sicht
Ob das Ticket zum Preis von 49 Euro bis August und möglichst auch noch bis Jahresende verlängert wird, entscheidet sich am 17. Juli 2024. Dann tagen dazu die Gesellschafter des MVV, also der Freistaat Bayern, die Landeshauptstadt München und die kreisfreie Stadt Rosenheim sowie die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, Miesbach, München, Rosenheim und Starnberg. Die Nahverkehrsvertreter rechnen derzeit noch damit, dass sich Bund und Land bald bewegen und das Ticket fortsetzen.
Planungssicherheit für Betreiber und Kundschaft
Das Deutschlandticket könne noch mehr Fahrgäste anziehen und Menschen zum Umstieg auf die Bahn motivieren, so Thomas Prechtl, Geschäftsführer der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG). Ausschlaggebend sei die Planungssicherheit und nicht den Preis. Prechtl glaubt, dass das Deutschlandticket auch für 59 oder 65 Euro gegebenenfalls noch attraktiv sein könne.
Züge besser ausgelastet, doch ohne Geld drohen Kürzungen
Es sei gelungen, Regionalzüge besser auszulasten, berichtet Thomas Prechtl. Vor allem längere Strecken, etwa von Nürnberg oder Regensburg nach München, hätten einen deutlichen Fahrgastzuwachs. Prechtl und MVV-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch erwarten, dass es noch vor der Sommerpause eine Einigung gibt, um das Deutschlandticket wenigstens bis zum Jahresende fortzuführen. Aufgrund der fehlenden Mittel drohten in Bayern in einigen Gegenden bereits Streichungen von Bus-Linien oder Rufbussystemen.
Wie BEG und MVG das Angebot stabil halten wollen
Die Bayerische Eisenbahngesellschaft will in Bayern das Angebot durch Einsparungen bei Ausschreibungen stabil halten, außerdem in der Verwaltung und Bereichen, die nicht das Angebot für die Fahrgäste betreffen. Geschäftsführer Thomas Prechtl betont, dass andere Bundesländer wie Schleswig-Holstein bereits Streichungen von etwa zehn Prozent im Nahverkehrsangebot vornähmen. Kürzungen bei der Münchner Verkehrsgesellschaft sind auch geplant, wenn auch in "homöopathischen Dosen", kündigt MVG-Chef Ingo Wortmann an. Das betrifft laut Wortmann die Trambahnlinie 29 und einzelne Buslinien, die ausgedünnt werden könnten. Nicht gefährdet sei der ab dem Fahrplanwechsel anvisierte Nachtverkehr der U-Bahnen.
Mit Informationen von dpa
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