Der Weg für das 500-Milliarden-Sondervermögen für Infrastruktur ist frei: Nach dem Bundestag stimmte auch der Bundesrat dem Finanzpaket von Union und SPD zu, das auch eine Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigung vorsieht. Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) ist mit Blick auf die 100 Milliarden Euro, die in den nächsten Jahren die Bundesländer für Investitionen in die Infrastruktur erhalten sollen, aber noch zurückhaltend. Zusätzliches Geld vom Bund sei "natürlich willkommen", sagt Füracker im BR24-Interview.
Noch sind dem Minister zufolge wichtige Fragen offen. Zunächst brauche es ein Gesetz. "Wir müssen jetzt sehen, was im Bundesgesetz stehen wird, wofür das Geld unter welchen Voraussetzungen eingesetzt werden kann." Je weniger Bürokratie, desto mehr Geld werde zur Verfügung stehen, betont Füracker. "Allerdings müssen wir Regeln einführen, damit das Geld auch dorthin kommt, wo es gebraucht wird und auch Wachstumseffekte erzeugt."
Söder: "Kein Selbstbedienungsladen"
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte in seiner Rede im Bundesrat eine Reihe von Bereichen, in denen er Investitionsbedarf sieht: Straße, Scheine, Brücken, Krankenhäuser, Schulen, Kitas, Wissenschaft. Jeder einzelne Euro müsse "überlegt ausgegeben werden", betonte er. "Dies ist kein Selbstbedienungsladen für irgendwelche Projekte, die immer schon mal gemacht werden sollten."
Deutschland hole manches nach, was in den vergangenen Jahrzehnten versäumt worden sei, sagte der Ministerpräsident. Wenn "Brücken zusammenbrechen" oder Straßen nicht mehr befahrbar seien, sei dies eine "verdeckte Verschuldung", argumentierte Söder. "Diese beheben wir und geben damit der nächsten Generation eine Chance, neu aufzusetzen."
Wünsche des Verkehrsministers
Bau- und Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) hat konkrete Vorstellungen, wohin Geld fließen soll. Dringend nötig seien Investitionen "in unsere Schienenwege, Straßen und Brücken". Wichtig sei, den ländlichen Raum zu stärken. "Dazu gehören zum Beispiel auch gut ausgebaute Nebenstrecken der Bahn." Damit das Infrastrukturprogramm nicht verpuffe, müsse der Bund eine ausreichende Finanzierung bereitstellen.
Nicht auf "dem Rücken zukünftiger Generationen"
Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) verweist darauf, dass es noch kein Geld gebe, sondern "erst ein potenzieller Rekord-Kreditrahmen definiert" sei. Während Söder die Milliarden als "Bekenntnis an die junge Generation" verstanden wissen will, warnt Mehring vor einer Verschuldung zulasten jüngerer Menschen. "Wir haben schlichtweg kein Recht, den Konsum der Gegenwart auf Pump und dem Rücken zukünftiger Generationen zu finanzieren."
Ziel müsse sein, so wenig Schulden wie möglich zu machen. Und wenn, dann nur für Investitionen in die Zukunft, die sich mittelfristig refinanzieren: "Als Digitalminister gesprochen: Beispielsweise indem wir endlich den Weckruf der großen KI-Revolution unserer Zeit hören und Deutschland fit für das digitale Zeitalter machen."
Landkreistag: Erstes Geld im Herbst
Landkreistagspräsident Thomas Karmasin (CSU) rechnet mit ersten Geld-Flüssen im Herbst. Er hofft auf eine Art "Sonderkontingent" außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs, wie er dem BR sagt. Am wirksamsten ist laut dem Präsidenten des Städtetags, Markus Pannermayr (CSU), Geld, "das nicht an sehr komplexe Bedingungen geknüpft ist, sondern der kommunalen Ebene zur Verfügung gestellt wird für Investitionen". Kontrollen solle es nur stichprobenartig geben.
Die Kommunen hat auch Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl im Blick: Diese benötigten mehr finanzielle Handlungsspielräume. Damit es schnell geht, schlägt die FW-Abgeordnete Marina Jakob aus Augsburg-Land vor, zunächst Geld in Projekte zu stecken, bei denen die Planungen bereits abgeschlossen seien: beispielsweise beim Hochwasserschutz oder bei Brücken.
Opposition sieht großen Bedarf
SPD-Fraktionschef Holger Grießhammer mahnt, man dürfe trotz neuer Schulden nicht mit der Gießkanne durchs Land laufen. Dringend notwendig sei unter anderem, dass die Kommunen Schwimmbäder renovieren, "damit Kinder wieder Schwimmen lernen". Zur Infrastruktur gehört für ihn auch, E-Mobilität durch neue Ladesäulen voranzubringen.
Der haushaltspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, Andreas Winhart, betont: "Wenn man jetzt diesen Schritt gegangen ist, dann muss auch dort investiert werden, wo irgendwann wieder was zurückkommt." Es dürfe nicht "staatlicher Konsum" finanziert werden, "sondern wir wollen wirklich Investitionen".
Der Bedarf ist groß, wie Landtagsvizepräsident Ludwig Hartmann (Grüne) aufzählt: Bei den Hochschulgebäuden sei schon vor Jahren ein Sanierungsstau von fünf Milliarden Euro festgestellt worden, bei Staatsstraßen und Brücken von mehr als zwei Milliarden Euro, und bei der Elektrifizierung von Bahnstrecken sei Bayern "eher Schlusslicht".
Video: Was sich die klammen Kommunen nun wünschen
Das marode Freibad in Waldkraiburg im oberbayerischen Landkreis Mühldorf am Inn wurde geschlossen – für eine Sanierung ist kein Geld da.
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