"Einer Maus reicht eine Lücke in der Größe eines kleinen Fingers zum Durchquetschen", sagt Jason Puschmann, Geschäftsführer der gleichnamigen Firma für Schädlingsbekämpfung aus München. Unterwegs am Hauptbahnhof in München zeigt er auf mehrere kleine Löcher an einem Gebüsch: "Da braucht man nur abends mal ruhig stehen und dann siehst du, wie es hier wimmelt von Mäusen und Ratten." Dann zeigt er auf drei Restaurants direkt nebenan: "Die brauchen nur mal unachtsam längere Zeit die Tür offen lassen und haben das Problem, dass Mäuse oder Ratten eindringen."
Viele Aufträge für die Münchner Schädlingsbekämpfer
In der letzten Zeit bekommt Puschmann vermehrt Aufträge von Gastronomen, die ein Mäuseproblem haben. Die würden meistens anrufen, wenn die Lebensmittelüberwachung gerade den Laden dichtgemacht hat: "Dann ist spontan reagieren für mich meist gar nicht möglich." Denn der Terminkalender von Jason Puschmann ist voll, kurzfristig vorbeikommen ist daher schwierig.
Auch Christian Schottenhamel vom Bayerischen Gaststättenverband Dehoga in München kennt das Problem: "Die Schädlingsbekämpfer und auch Wirte in unseren Gaststätten stellen vornehmlich in der Münchner Innenstadt einen erhöhten Befall fest." Schottenhamel spricht im Interview mit BR24 von einem kontinuierlich steigenden Problem in den vergangenen Jahren.
Doch woran liegt es, dass das Mäuseproblem in Münchner Gastronomiebetrieben anscheinend immer größer wird und die Landeshauptstadt besonders hart trifft? Und warum klappt es bisher nicht besser, die Mäuse in den Griff zu bekommen? Fragt man bei den Gastronomen, den Referaten der Stadt und den öffentlichen Verkehrsbetrieben, verweist jeder auf den nächsten – ein Katz-und-Maus-Spiel.
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"Kenne keinen Wirt in der Innenstadt, der keine externe Hilfe beauftragt hat"
Für Schottenhamel sind nicht die Gaststätten selbst das Hauptproblem. Er ist sich sicher: "Der Befall von Mäusen und Ratten kommt von außen." Die Kosten für die Schädlingsbekämpfung tragen die Betreiber der Gaststätten jedoch selbst. In der Münchner Innenstadt trifft das auf viele zu, sagt Christian Schottenhamel: "Ich kenne keinen Wirt in der Münchner Innenstadt, der keine externe Hilfe beauftragt hat."
Im Verdacht, die Mäuse anzulocken, hat er vor allem die verschiedenen Großbaustellen in der Innenstadt sowie das veränderte Konsumverhalten mit To-Go-Verpackungen und damit zusammenhängend auch die Abfallwirtschaft. In der Verantwortung sieht Schottenhamel deshalb die Stadtverwaltung: "Das Thema 'Bekämpfung von Mäusen und Ratten‘ muss von der Münchner Stadtverwaltung intensiver betrieben werden. Derzeit wird die Aufgabe zwischen KVR, RAW, MVG, Baureferat, Gesundheitsreferat et cetera hin- und hergeschoben."
Dehoga-Landeschef Thomas Geppert sieht das ähnlich: "Ich glaube, das Entscheidende ist, dass man vom Reden ins Handeln kommen muss, dass auch mal ein Referat die Federführung übernehmen muss." Gerade im Bereich des Tierschutzes fordert er eine pragmatischere Lösung: "Dass man Mäuse ähnlich wie Ratten auch im Außenbereich zumindest punktuell oder befristet mal bekämpfen kann."
Verantwortung wird in der Stadtverwaltung weitergereicht
BR24 hat bei den verschiedenen Verwaltungsämtern nachgefragt. Mehr Abfall durch To-Go-Produkte registriert auch das Baureferat, das für die Straßenreinigung innerhalb des Mittleren Rings zuständig ist: "Insbesondere der Verpackungsmüll, der ganz offensichtlich durch die gestiegene Verwendung von To-Go-Produkten entsteht, trägt mancherorts zu übervollen Abfallbehältern bei. Hier werden bei Bedarf Sonderreinigungen veranlasst." Zu Mäusen in der Gastronomie verweist das Baureferat jedoch an das Kreisverwaltungsreferat – ein grundsätzliches Problem durch Müll sieht das Baureferat in München nicht.
Auf BR24-Nachfrage sagt das Kreisverwaltungsreferat: "Grundsätzlich hängt es vom Einzelfall ab, wo Spuren von Schädlingsbefall entdeckt werden können. Hier lässt sich keine allgemeingültige Aussage treffen." Insgesamt sieht das Kreisverwaltungsreferat aber damit kein Problem in der Münchner Gastronomie: "Im Schnitt kommt es im Jahr zu circa 20 vorübergehenden Schließungen und circa 40 Beschwerden wegen Schädlingsbefall. Dies steht im Verhältnis zu mehr als 17.000 lebensmittelrechtlichen Kontrollen pro Jahr. Nur in 0,01 Prozent der Fälle muss nach einer Kontrolle vorübergehend wegen Schädlingsbefall geschlossen werden."
Wenn aber doch vereinzelt Mäusebefall auftrete, dann sieht das Kreisverwaltungsreferat teilweise auch die Gastwirte selbst in der Verantwortung: "Es kann auf das Verhalten des Betriebes ankommen, zum Beispiel wenn Türen nach außen offengehalten werden oder Lebensmittel über Nacht offen gelagert werden." Auch bauliche Mängel können ein Grund für Schädlingsbefall sein: "Es kann auch bauliche Mängel geben oder es gibt Mauerdurchbrüche und Rückzugsorte innerhalb des Betriebes, wo sich Schädlinge verstecken können."
Schädlingsbefall durch "alte Bausubstanz" auch in anderen bayrischen Städten
Auch in anderen bayrischen Städten kommen vereinzelt Fälle von Mäusebefall in der Gastronomie vor. BR24 hat bei der Lebensmittelsicherheit in Nürnberg und Augsburg angefragt. In Nürnberg kommt Mäusebefall in der Gastronomie schon immer vereinzelt vor. Akut steigende Fallzahlen sind aber nicht bekannt. Das Ordnungsamt teilt auf BR24 Anfrage mit, Nürnberg sei wie München aufgrund der alten Bausubstanz grundsätzlich stark gefährdet und man gehe dementsprechend aufmerksam mit dem Thema um. In Augsburg teilte das Ordnungsamt mit, es gebe "eher kein Problem mit Mäusen in der Gastronomie". Dass in einer größeren Stadt vereinzelt Fälle von Mäusebefall auftreten, sei normal und werde durch den Schädlingsbekämpfungsplan, den jeder Gastronomiebetrieb vorlegen muss, ausreichend behandelt.
Zum Video: "Mäuse und Menschen – eine zwiespältige Beziehung"
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