Polizist in Uniform.
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Zum Thema Antisemitismus werden die Auszubildenden der bayerischen Polizei in einem Workshop im Jüdischen Museum in Fürth geschult.

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Gegen Antisemitismus: Jüdisches Museum schult Polizei-Azubis

Gegen Antisemitismus: Jüdisches Museum schult Polizei-Azubis

Wie man Antisemitismus erkennt und dagegen vorgeht, darin werden die Auszubildenden der bayerischen Bereitschaftspolizei im Jüdischen Museum in Fürth gezielt geschult. Denn seit dem 7. Oktober 2023 steigen die Zahlen antisemitischer Straftaten enorm.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Seit zwei Jahren werden die Auszubildenden der bayerischen Bereitschaftspolizei im Jüdischen Museum in Fürth geschult. Die angehenden Beamtinnen und Beamten sollen Antisemitismus etwa auf Demos gezielt erkennen können und besser verstehen, warum beispielsweise der Schutz von Synagogen und jüdischen Kindergärten so wichtig ist, erklärt Thomas Lachner, Sachgebietsleiter für die Ausbildung bei der Bayerischen Polizei.  "Antisemitismus ist die Mutter aller Verschwörungstheorien und deshalb ist es sehr wichtig, dass die Polizei hier auch handlungsfähig ist." Natürlich habe die deutsche Geschichte zur Folge, dass man sehr wachsam sein müsse.

Täter-Opfer-Umkehr und Verharmlosung der Shoah

In der Bibliothek des Jüdischen Museums diskutieren angehende Polizistinnen und Polizisten deshalb im Rahmen der Schulung darüber, wann Behauptungen und Ansichten antisemitisch sind. Ein aktuelles Beispiel: Die Behauptung, dass das, was die Juden heute mit den Palästinensern machten, dasselbe sei, was die Nazis mit den Juden gemacht hätten. "Es werden wieder alle Juden über einen Kamm geschoren und es wird eben allen Juden zugeschrieben, dass sie Täter sind", sagt Jana, eine angehende Polizistin. Die Aussage sei eine klassische Täter-Opfer-Umkehr, die zudem die Shoah verharmlose - durch die Nationalsozialisten wurden bekanntlich sechs Millionen Jüdinnen und Juden systematisch ermordet.

Antisemitismus kommt aus verschiedenen Gruppen

Antisemitismus zu erkennen sei allerdings nicht immer einfach, sagt Alisha Meininghaus, Workshopleiterin im Jüdischen Museum in Fürth. Sie ist für Bildung und Vermittlung zuständig und sagt: "Die Herausforderung liegt mittlerweile darin, dass der Antisemitismus aus ganz vielen verschiedenen Gruppierungen in die Gesellschaft getragen wird. Es ist nicht mehr so, dass das nur ein Problem der Rechten ist." Antisemitismus komme von links, er komme teilweise von muslimischen Communitys, aber auch aus der bürgerlichen Mitte und habe deshalb auch unterschiedliche Erzählungen, Narrative sowie andere Codes. Die zu erkennen und souverän darauf zu reagieren, sei die Herausforderung in der Polizeiarbeit.

Eine Orientierungshilfe, um Antisemitismus zu erkennen, bietet die sogenannte "3D-Regel". Zu den 3Ds gehören Doppelstandards, Delegitimierung und Dämonisierung. Antisemitisch ist eine Aussage also beispielsweise dann, wenn Jüdinnen und Juden und der Staat Israel mit den Nazis gleichgesetzt werden, oder die Existenz des israelischen Staates infrage gestellt wird.

Warnung vor neuer Stufe der Eskalation

Gegen Antisemitismus vorzugehen, sei seit dem Angriff der Hamas auf Israel, am 07. Oktober 2023, eine noch größere Herausforderung. Denn: Antisemitismus nimmt zu. Sowohl Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle (CSU) als auch die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) warnen vor einer neuen Stufe der Eskalation bei israelbezogenem Antisemitismus.

Laut Informationen des Bayerischen Innenministeriums wurden vergangenes Jahr 542 antisemitische Straftaten registriert. Zum Vergleich: Vor dem 7. Oktober 2023 lag die Anzahl antisemitischer Straftaten bei 272 Fällen. Nach dem Überfall der Hamas auf Israel und dem Beginn des Krieges im Nahen Osten stieg die Anzahl der antisemitischen Straftaten im Jahr 2023 schlagartig an – auf mehr als doppelt so viele Fälle wie in den neun Monaten zuvor.

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