Das Gröben-Stadion in Garmisch-Partenkirchen: Greenkeeper Paul Radtke pflegt normalerweise den Sportrasen von RB Leipzig. Heute gibt er dem Trainingsgelände der schottischen Nationalelf während der EM den letzten Schliff. Mit dem Maßband werden die Bahnen für sein Düngegerät markiert. Geduldig zieht er Bahn für Bahn über den sündteuren neuen Rasenplatz. "Der Rasen muss jeden Tag gemäht werden", erklärt Radke, "durch die Düngung bekommt er die schöne Farbe". Er kennt die Geheimnisse, wie eine Wiese gemäht wird, damit ein Karomuster entsteht. Eigentlich ist das Stadion der Schulsportplatz der Gröbenschule. Und die Fußballer des heimischen FC trainieren und spielen hier. Seit Wochen ist der Platz aber gesperrt. Alles wird für die Ankunft der Schotten millimetergenau vorbereitet.
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Nahe am perfekten Fußballrasen
600.000 Euro kostet der neue Rasen die Marktgemeinde. Eine großzügige Förderung kommt vom DFB und einem Fördertopf des Freistaats für Schulsport. Damit schottische Edel-Kicker vor heimischer Edel-Kulisse in der Allianzarena bestens auf das Eröffnungsspiel gegen die deutsche Nationalmannschaft am Freitag vorbereitet sind. "Wir kommen nahe hin an Perfektion auf diesem Sportrasen", sagt der Greenkeeper Paul Radtke. "Hier wurde der gleiche Rasen verlegt wie im Sportpark Herzogenaurach, wo die deutsche Nationalmannschaft trainiert."
Die Arbeit von Greenkeeper Radtke hat "BR24 Vor Ort" begleitet
Urbayerischer Empfang
Nicht nur beim Rasen lässt sich Garmisch-Partenkirchen nicht lumpen, auch der Empfang am Sonntagabend ist gebührend. Einige hundert schottische und bayerische Fußballanhänger ziehen bei Gewitterregen gemeinsam zur Garmischer Bayernhalle. Nur noch wenige Minuten, dann biegt der bunte Bus mit der auffälligen Euro-Bemalung in die Auffahrt zur Halle. Hier sind alle vorbereitet auf den typischen bayerischen Begrüßungsabend - mit einer oder auch zwei Besonderheiten. Der Dudelsack vermischt die Klänge der schottischen Highlands mit den Bläserkaskaden der Musikkapellen Garmisch und Partenkirchen. Zum typischen Outfit mit kurzer Lederhose und Dirndl mischt sich der Kilt, das schottische Männerkleid.
"Einfach Wahnsinn, so nah an der Mannschaft!"
Auch Andrew Syme trägt ihn, der Garmischer Schotte, der seit 30 Jahren unter der Zugspitze lebt. Aufgeregt ist er, als seine Kicker die Bühne stürmen: "Es ist so ein Erlebnis für mich, so nah an der Mannschaft zu sein, einfach Wahnsinn." Sein Foto hängt derzeit auch auf schottischen Plakatwänden. Die Tourist-Info hat in Schottland zur EM für den Ort unter der Zugspitze geworben. Am Sonntagabend sind zwar noch keine Fernreisenden aus Schottland gekommen. Trotzdem tummeln sich knapp hundert Fans zusammen mit Syme vor der Bayernhalle. Die blauen Trikots der "Scots" sind die beherrschende Farbe bei der Begrüßung.
John McGinn - Schottischer Star beim Schuhplatteln
Die Mannschaft steht brav auf der Bühne, als Bürgermeisterin Elisabeth Koch "ihre" Schotten begrüßt. Sie ist happy, dass sie endlich da sind und die Zeit der Vorbereitung vorbei ist. Und dann kommt es zur ersten Begegnung der Kulturen. Sepp Grasegger von der Partenkirchener Musi bezieht den nächstbesten Spieler John McGinn beim Schuhplatteln in die Aufführung des bayerischen Traditionstanzes ein.
Der sei seitdem heimlicher Star der Mannschaft, verrät Hotelchef Christian Wolf am Tag darauf. Bei ihm haben die Schotten im Hotel "Obermühle" eingecheckt. Streng abgeriegelt von Fans und der Bevölkerung. Die Polizisten, die die Mannschaft bewachen, patrouillieren in den Trainingsanzügen der Mannschaft – kaum zu unterscheiden vom anderen Staff des Teams. 120 Leute sind angereist: Spieler, Trainer, medizinisches Personal, Fitness-Coaches und ein eigener Koch. Der schaut den einheimischen Köchen um Küchendirektor Martin Heiland auf die Finger. "Wir haben strikte Vorgaben, was die Ernährung betrifft", sagt der Spitzenkoch.
Skurrile Extraanforderungen
Kein Kristallzucker, viel Eiweiß, viele Kohlenhydrate. Beim schottischen Nationalgericht Haggis muss Heiland aber passen. "Da brauche ich die Unterstützung von den Schotten". Er ist sich trotzdem sicher, dass sein Haggis der Mannschaft die nötige Kraft für das Turnier geben wird. Besondere Wünsche der Schotten musste Hotelier Wolf im Vorfeld vorbereiten. "Die brauchen am Tag eine Vierteltonne Eis – und die Eiswürfel sind genau genormt". Die Eismaschine wurde extra umgebaut, um die richtige Größe einzufrieren. Auch bei der Deko gab es einige Veränderungen. Fensterscheiben wurden mit dem Logo des Fußball-Verbandes beklebt und hundert Schmuck-Kissen gegen schottische Motive ausgewechselt. Vermutlich alles Ideen der Motivations-Coaches, die das Team begleiten.
Trotz so manchen aufwendigen Sonderwunsches spürt man im Ort die Vorfreude auf die Euro. Wo sie sonst die Weltelite der alpinen Skiläufer und Skispringer zu Gast haben, werden Fußballfans und auch die Nicht-Fans vom Schottland-Fieber gepackt. Das Aufeinandertreffen der beiden Teams beim Eröffnungsspiel können die Einheimischen beim Fanfest im Kurpark im Ortsteil Garmisch verfolgen.
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