Ein Arzt führt einen Ultraschall am Bein einer Frau aus, die auf einer Liege liegt.
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Er ist der Neue: Internist und Gastroenterologe Dr. Masood Alarda aus Palästina hat in Wassertrüdingen eine Hausarztpraxis übernommen.

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Hausarztmangel: Palästinenser startet Praxis in Wassertrüdingen

Hausarztmangel: Palästinenser startet Praxis in Wassertrüdingen

In Wassertrüdingen läuft die Suche nach Hausärzten zäh. Jetzt hat sich ein 38 Jahre alter Palästinenser mit zwei deutschen Facharzttiteln für die Arbeit im Ort entschieden. Die Patienten sind begeistert und der Arzt will weitere Ärzte ausbilden.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Seit rund vier Wochen hat Dr. Masood Alarda die Hausarztpraxis in Wassertrüdingen im Landkreis Ansbach von seinem Vorgänger übernommen. Auch heute klingelt das Telefon durchgehend. Nach einer kurzen Besprechung mit seinen medizinischen Fachangestellten startet der Praxisbetrieb – allein heute wird Dr. Alarda rund 80 Menschen untersuchen. Manchmal sind es sogar bis zu 100 Kranke, sagt der Mediziner. Schuld daran: Zu wenige Hausärzte in der Region, Urlaubsvertretungen und Aufnahmestopps anderer Praxen.

Nachfolge-Regelung auf dem Land schwer

Gerade auf dem Land gestaltet sich die Suche nach Hausärzten, die Praxen von ausscheidenden Kollegen übernehmen, als schwer. Das ist auch in der Hesselberg-Region rund um Wassertrüdingen zu spüren. Laut Kassenärztlicher Vereinigung Bayern (KVB) liegt der Versorgungsgrad bei rund 82 Prozent und gilt damit als drohend unterversorgt.

Hinzu kommt: Das durchschnittliche Alter der Ärzte vor Ort liegt bei rund 62 Jahren. Im Vergleich: Bayernweit sind die praktizierenden Hausärzte etwa 55 Jahre alt – für die Nachfolge-Regelung bleibt also mehr Zeit.

Internist und Gastroenterologe entscheidet sich für Hausarzt-Praxis

Dr. Masood Alarda ist in Palästina geboren und aufgewachsen. Das Medizinstudium absolvierte der 38-Jährige in Jerusalem. Vor 13 Jahren kam er nach Deutschland und besuchte einige Sprachkurse. Alarda schloss in Deutschland zwei Facharztausbildungen ab – zum Internisten und zum Gastroenterologen. Er praktizierte unter anderem im Klinikum Altmühlfranken in Weißenburg, an den Kliniken in Neuendettelsau, Dinkelsbühl, Nürnberg, und Neuburg an der Donau.

Die Entscheidung zwischen seinem Job als Oberarzt in einem Klinikum und einer Tätigkeit in einer Hausarzt-Praxis fiel ihm nicht leicht. Lange habe er abgewogen, sich aber dann bewusst für die Landarzt-Praxis und die Menschen vor Ort entschieden. Neben der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei vor allem die große Abwechslung etwas, was dem verheirateten, dreifachen Familienvater im Praxis-Alltag gefalle. "Man lernt die Menschen gut kennen und kann sie lange Zeit begleiten", so Alarda.

Willkommens-Kultur und Dankbarkeit treiben ihn an

Vorbehalte gegenüber seiner Herkunft habe Alarda bislang nicht erlebt. Stattdessen sei er stets mit offenen Armen von Arbeitskollegen und Patienten empfangen worden, so der 38-Jährige. Hört man sich in der Praxis um, sind viele Wassertrüdinger begeistert über den Arzt aus Palästina. Er nehme sich viel Zeit, habe immer ein offenes Ohr und die Praxis sei ordentlich geführt.

"Es passt menschlich einfach gut", sagt Monika Eberhard, die heute zur Routinekontrolle bei ihm ist. Auch Wiltraut Neugebauer ist von dem Arzt überzeugt. Mit Schmerzen im Bein ist sie zu ihm gekommen und hatte große Angst. "Die Angst konnte mir Dr. Alarda nehmen und dafür bin ich sehr dankbar", sagt die 82-Jährige erleichtert. Gerade diese Dankbarkeit und das Miteinander mit den Patienten treiben ihn an, so Alarda.

Frischer Wind und Digitalisierung für die Praxis

Mit dem neuen Arzt komme auch wieder frischer Wind in die Praxis, sagt Anne Kränzlein. Die medizinische Fachangestellte ist seit 1997 im Team und hat schon mehrere Arzt-Wechsel mitgemacht. Die Praxis sei digital geworden und fast weg von der Karteikarte. Es gebe ein neues Praxissystem, die Patienten können künftig Online-Termine vereinbaren und der Arzt bietet ein digitales Wartezimmer an, so Kränzlein weiter.

Hausarzt hofft auf Unterstützung

Künftig will sich Dr. Alarda auch um einen Kollegen bemühen. Daher beantragt er eine Weiterbildungserlaubnis, um bei sich in der Praxis Assistenzärzte ausbilden zu können.

Von der im Jahr 2020 eingeführten Landarztquote und der Landarztprämie, bei der Mediziner, die sich im ländlichen Raum niederlassen mit bis zu 60.000 Euro unterstützt werden, verspricht sich Alarda allerdings nur wenig. Das habe schon in der Vergangenheit nur wenig Effekt gezeigt. Viele der rund 6.000 Wassertrüdinger sehen in dem Arzt schon jetzt einen Glücksfall und sind froh, dass er die Praxis in den nächsten Jahren weiterführen wird.

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