Wenn Leiterin Jana Schat morgens in die Kinderkrippe "Rappelkiste" in Regensburg kommt, lüftet sie als Erstes durch. Die Kita ist in einem Gebäude mit Flachdach untergebracht. Drinnen wird es schnell sehr warm. Schat öffnet alle Fenster und Türen, dann stellt sie Ventilatoren auf, um die warme Luft nach draußen zu blasen. Dazu werden die Schlafräume der Krippe mit einem mobilen Klimagerät gekühlt. "Damit kriegen wir den Raum ungefähr drei, vier Grad runtergekühlt. Und wenn die Kinder um 12 Uhr ins Bett gehen, haben sie erst mal eine gute Atmosphäre und auch ein gutes Klima zum Einschlafen", sagt die Erzieherin. Nachmittags können die Kinder dann im Planschbecken oder auf einer Matte mit Wasser spielen und werden regelmäßig zum Trinken ermuntert.
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Regensburg heizt sich besonders stark auf
Eine Analyse von BR Data zeigt: Regensburg ist ein Hotspot in Bezug auf Hitzetage, an denen es über 30 Grad heiß wird: Zwischen 1991 und 2020 haben die Menschen in der Stadt durchschnittlich neun heiße Tage pro Jahr mehr erlebt als im Vergleichszeitraum von 1961 und 1990 – mehr als in jedem anderen bayerischen Landkreis.
Besonders gefährlich ist die Hitze für Kleinkinder und ältere Menschen. Zwar fällt in Regensburg nur etwa jeder fünfte Mensch in diese Altersgruppen, doch die Hitze-Belastung ist im Vergleich zu früher deutlich gestiegen.
Grafik: So unterschiedlich hat sich Bayern aufgeheizt
Franken stark betroffen
Neben Regensburg kämpfen auch Würzburg, Kitzingen, Erlangen und Bamberg zunehmend mit Hitzewellen. In den fränkischen Städten wurden zwischen 1991 und 2020 pro Jahr rund sieben Hitzetage mehr als in den 30 Jahren zuvor gemessen. Auch Landshut und Kelheim in Niederbayern und die Stadt München sind in ähnlichem Ausmaß betroffen.
In Kaufbeuren und Garmisch-Partenkirchen sind gegenüber dem Vergleichszeitraum mit drei zusätzlichen Hitzetagen pro Jahr vergleichsweise wenige dazugekommen. Zum Glück könnte man sagen, weil in diesen Landkreisen relativ viele Menschen unter drei und über 65 Jahren leben, die zu den altersbedingten Risikogruppen zählen.
Grafik: So stehen die Landkreise mit Hitze-Risiko da
Für die Datenanalyse wurden Zahlen des Deutschen Wetterdienstes für alle bayerischen Landkreise und Daten des jüngsten Zensus ausgewertet, der im Juni veröffentlicht wurde.
Schutz von Risikogruppen wichtig
Das Bewusstsein für die Hitzebelastung von Risikogruppen steigt in den letzten Jahren, meint Johannes Nießen. Er leitet kommissarisch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und ist selbst Arzt.
Sind Menschen überhitzt, seien die Warnsignale immer die gleichen, egal ob bei Kindern oder älteren Menschen. "Man spürt Benommenheit, Schwindel, aber auch Übelkeit", erklärt er. Auch ein gerötetes Gesicht, bis hin zu Fieber, und zuletzt Bewusstlosigkeit sind Zeichen für einen Hitzeschlag oder einen Sonnenstich.
Gerade in Kitas und Seniorenheimen, aber auch in Krankenhäusern müssten Pflegende und Erziehende auf diese Warnzeichen achten, weil Kinder und Kranke nicht immer selbst auf die Symptome achten können. Das allein reiche aber nicht, so Nießen. "Es sind eben nicht nur die individuellen Maßnahmen, sondern zum Beispiel Schulungsmaßnahmen für Erzieherinnen oder auch für Altenpflegerinnen, damit die lernen, mit dieser besonderen klimatischen Situation umzugehen. Zum anderen muss man natürlich überlegen, dass Baumaßnahmen oder Schatten gebende Maßnahmen nötig sind, um jüngere und ältere Menschen zu schützen."
Erste Maßnahmen in Regensburg
In Regensburg wünscht sich das auch Eleonore Hartl-Grötsch. Sie leitet dort das Amt für Tagesbetreuung von Kindern und würde eine staatliche Förderung für Nachrüstungen beim Hitzeschutz in Einrichtungen für Ältere befürworten. Generell sei in der Stadt Hitze schon lange ein Thema. Für Kitas gäbe es demnach eine Hitze-Checkliste: Hinweise zum Lüften, zu Klimageräten und Getränken stehen darauf, ab 26 Grad in den Innenräumen müssen Temperaturen gemeldet werden. Einzelne Kitas sind bereits voll klimatisiert. Im Rest sind wie in der "Rappelkiste" mobile Klimageräte im Einsatz, um die Temperaturen in den Schlafräumen zumindest leicht senken zu können. "Wir sind an dem Thema dran. Aber es sind noch nicht alle Probleme gelöst."
Hitzeschutzpläne für Kommunen gefordert
Außerhalb der Kindergärten setzt die Stadt Regensburg beispielsweise auf mehr Bäume oder Trinkbrunnen für den öffentlichen Raum. Außerdem soll das Thema Hitze in der Städtebau-Planung eine größere Rolle spielen. Doch auch damit wird Regensburg ein Hitze-Hotspot bleiben, denn die stark versiegelte "Steinerne Altstadt" von Regensburg heizt sich im Sommer besonders schnell auf und bauliche Veränderungen sind im Weltkulturerbe oft nicht möglich. Um dem zu begegnen, wird gerade gemeinsam mit dem Landkreis ein Hitzeaktionsplan vorbereitet.
Solche Hitzeaktionspläne sollen nach Willen des Freistaats alle Kommunen erstellen. Dafür wurde eine Toolbox erstellt, die Kommunen nach dem Baukastenprinzip helfen soll, sinnvolle Maßnahmen für einen Hitzeaktionsplan zu finden. Nach Angaben des bayerischen Gesundheitsministeriums erarbeiten immer mehr Kommunen solche Pläne. Allerdings haben die wenigsten bereits einen fertigen Hitzeaktionsplan vorliegen. Das ging im Mai dieses Jahres aus einer Befragung der Kommunen durch die Bayerische Landesarbeitsgemeinschaft Gesundheitsschutz im Klimawandel hervor.
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