Der Höhepunkt des Hochwassers an der Fränkischen Saale scheint überschritten. Seit der Nacht fallen die Pegel wieder. So auch in Gräfendorf (Lkr. Main-Spessart) bzw. am Pegel Wolfsmünster: Als einzigem Ort in ganz Bayern gilt dort mit 5,11 Metern aktuell (7.15 Uhr) zwar noch die höchste Meldestufe 4, größere Schäden gab es aber nicht. Gräfendorf hatte sich mit Sandsäcken und mobilen Hochwasserschutzwänden gut vorbereitet, außerdem blieb die Scheitelwelle etwa 20 Zentimeter unter der kritischen Marke.
Nur noch geringe Niederschlagsmengen erwartet
In Bad Kissingen blieben die Pegel knapp unter der Meldestufe 4. Laut zuständigem Wasserwirtschaftsamt sind in der Region nur noch geringe Niederschlagsmengen zu erwarten. Am Main dagegen steigen die Wasserstände noch. Dort wird die Scheitelwelle erst in der kommenden Nacht erwartet, im Bereich der Meldestufe 2. Das bedeutet, dass land- und forstwirtschaftliche Flächen oder einzelne Straßen überflutet werden können. Aktuell gilt in Würzburg und Schweinfurt noch die Meldestufe 1.
Routine im Umgang mit Hochwasser
Hohe Gummistiefel und Wathosen waren in den vergangenen Tagen in Unterfranken Pflicht. Manche bewegten sich auch mithilfe von kleinen Booten durch die Gassen, wie in Westheim im Landkreis Bad Kissingen. Für Lukas Wahler ist das aber ein bekanntes Schauspiel. Er ist in Westheim mit der Nähe zur Fränkischen Saale aufgewachsen, kennt Hochwasser schon seit Kindertagen. "Mittlerweile bin ich in einem Alter, in dem ich meinen Vater unterstütze, wo es geht, wenn das Hochwasser kommt", sagt er. Morgens um 6 Uhr waren er und seine Familie bereits auf den Beinen, um Schutzmaßnahmen zu treffen. Sie haben wie viele andere sogenannte Spundwände montiert, um das Wasser abzuhalten.
Hohe Pegelstände rund um die Fränkische Saale
Die Feuerwehr geht davon aus, dass es zu keinen größeren Schäden kommt und beobachtet die Hochwasser-Lage. Am Abend hatte es weniger geregnet als erwartet. In Wolfsmünster war am späten Donnerstagabend die Ortsdurchfahrt überflutet.
Das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen ging am Donnerstag davon aus, dass die Saale den Pegel bis zum Wochenende hält. Abhängig ist die Situation von den noch kommenden Niederschlägen in der Rhön und dem Wasser, das dann von dort in die Fränkische Saale strömt. Die Lage scheint aktuell aber im Griff zu sein. Rettungskräfte und Freiwillige hätten gute Präventionsarbeit geleistet, berichtet die Integrierte Leitstelle in Schweinfurt. Dort laufen keine akuten Hochwassereinsätze.
"Wasser kommt, Wasser geht"
Ulrike Wahler ist seit vielen Jahren "Wahl-Westheimerin", nachdem sie in die Familie dort eingeheiratet hat. Auch sie ist schwankende Pegelstände der Saale mittlerweile gewöhnt. Lediglich beim ersten großen Hochwasser, das sie selbst miterlebt hat, wollte sie wieder weg. "Wasser kommt, Wasser geht" – das habe schon ihr Schwiegervater immer gesagt. Wichtig sei, dass alle gut vorbereitet sind und entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen werden. "Dann heißt es: Warten, bis das Wasser wieder geht".
Aufgrund des vorhergesagten Dauerregens haben sich unterfränkische Orte entsprechend auf die Wetterlage vorbereitet. So auch Westheim. Dort ist die Saale schon weit über die Ufer getreten, das Wasser reicht bis in die Fischergasse im Ort. Die Uferstraße zwischen dem Ort und der Saale ist komplett überspült, genauso wie die Brücke über die Fränkische Saale zwischen Langendorf und Westheim.
Auch die Bewohner von Gräfendorf im Landkreis Main-Spessart haben sich gut gerüstet. Bereits am Mittwoch hatte sich die Freiwillige Feuerwehr Gräfendorf auf ein mögliches Hochwasser vorbereitet und mehr als 500 Sandsäcke befüllt. Doch trotz der anhaltenden Regenfälle in den vergangenen 24 Stunden ist der Pegel an der entscheidenden Messstelle am Bad Kissinger Golfplatz gleichgeblieben. 4,40 Meter meldet der Hochwassernachrichtendienst Bayern – ab 4,60 Meter wäre Meldestufe 4 erreicht.
"Wir rechnen nicht mehr mit dem Ernstfall", so Bürgermeister Johannes Wagenpfahl am Donnerstagmorgen. Man beobachte die Lage natürlich weiterhin. Momentan sei die Situation aber so überschaubar, dass man nicht einmal den mobilen Hochwasserschutz, quasi eine Luftpolster-Stellwand, aufgebaut habe. Dennoch sei man froh, die 500 Sandsäcke befüllt zu haben und für ein mögliches Hochwasser gerüstet zu sein. Denn wenn die Fränkische Saale angestiegen wäre, könnte die Hauptstraße im Ortskern unter Wasser stehen. Bäckerei und Dorfladen wären davon betroffen, so Bürgermeister Wagenpfahl.
Bahndamm-Böschung zwischen Gemünden und Schlüchtern aufgeweicht
An der Regionalzugstrecke zwischen Gemünden am Main und Schlüchtern ist aktuell eine Böschung stark aufgeweicht und instabil. Laut einer Sprecherin der Deutschen Bahn AG in München ist daher auf dem betroffenen Streckenabschnitt ein Gleis gesperrt. Als Ursache nennt die Sprecherin eine massive Wasseransammlung. Der Bahnverkehr in beide Richtungen finde nun auf dem zweiten Gleis statt. Konkrete Auswirkungen auf den Bahnverkehr hat die Sperrung aktuell laut Sprecherin nicht, weder auf den Regionalverkehr noch den Fernverkehr. Die Bahn arbeite mit Hochdruck an der Beseitigung der Störung. Heute noch untersuchen Experten den Bahndamm und legen dann die weitere Vorgehensweise fest.
Markierungen in der Warnkarte: gelb = Wetterwarnungen (Stufe 1); orange = Warnungen vor markantem Wetter (Stufe 2); rot = Unwetterwarnungen (Stufe 3)
Im Video: Innenminister Herrmann zur Hochwasser-Lage
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