Die ehemalige Galeria Kaufhof-Filiale am Regensburger Neupfarrplatz.
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Die ehemalige Galeria Kaufhof-Filiale am Regensburger Neupfarrplatz.

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Islamzentrum im Regensburger Kaufhof – Alles nur Bluff?

Islamzentrum im Regensburger Kaufhof – Alles nur Bluff?

Eine Investorengruppe aus Nahost plant, aus dem Kaufhaus im Zentrum von Regensburg ein muslimisches Kulturkaufhaus zu machen. Allerdings gibt es bisher keinen direkten Kontakt zur Stadt. Experten zweifeln mittlerweile an einem seriösen Interesse.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Putz, der von der Fassade bröckelt. Tauben, die sich auf und zwischen den Betonplatten ansiedeln. Der langsame Verfall der ehemaligen Galeria-Kaufhof-Filiale mitten in der Regensburger Altstadt ist aber nicht der Grund, warum die leerstehende Immobilie für große Aufregung in der Stadt sorgt. Schon vor der Schließung war nicht ganz klar, wem das ehemalige Kaufhaus-Gebäude in der Regensburger Altstadt tatsächlich gehört. Ende vergangenen Jahres wurde der Verkauf des Gebäudes an eine internationale Investorengruppe bekannt. Welche genau, blieb unklar.

Islamisches Kultur- und Einkaufszentrum in Regensburg?

Jetzt gibt es angeblich wieder Kaufinteressenten. Medien hatten berichtet und die Stadt bestätigt: Die Interessenten stammen aus dem arabischen Raum und haben offenbar große Pläne: ein islamisches Kultur- und Einkaufszentrum.

In der Regensburger Stadtpolitik kann man sich das nur schwer vorstellen. Ein Kulturzentrum müsse untersagt werden. Die Stadt soll das riesige Gebäude möglichst selbst kaufen, fordern gleich mehrere Fraktionen – auch dann, wenn an der Seriosität der Pläne Zweifel bestehen.

Im Video: Islamzentrum im ehemaligen Kaufhof – oder alles nur Bluff?

Das ehemalige Galeria Kaufhof-Gebäude in der Altstadt von Regensburg von oben.
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Das ehemalige Galeria Kaufhof-Gebäude in der Altstadt von Regensburg von oben.

Bluffen für höheren Kaufpreis?

Der Regensburger Anwalt Bernhard Schmeilzl hat große Zweifel an einem ernsthaften Interesse der Investoren. Er ist Experte für internationale Vertragsgestaltung und Wirtschaftsrecht. "Ich persönlich halte das Ganze für einen totalen Bluff."

Für Schmeilzl würde ein seriöser Investor vor dem Kauf auf die Stadt zugehen. Denn die müsse später das Konzept genehmigen. Das wurde bisher nicht gemacht. Dieses Vorgehen sorgt in Medien, Politik und Stadtgesellschaft für aufgeregte Debatten: genauso einkalkuliert, glaubt der Jurist. So sollte die Stadt unter Druck gesetzt werden, damit sie zu einem hohen Preis ihr Vorkaufsrecht zieht. Das Vorkaufsrecht von Kommunen werde aber auch immer wieder ausgenutzt, um Schrott-Immobilien teuer an Städte und Gemeinden zu verkaufen.

Als Beispiel nennt Schmeilzl einen NPD-Anwalt. Der habe in den Nuller-Jahren alte Armee-Gebäude in Brandenburg gekauft und gedroht, darin NPD-Schulungszentren zu errichten. Aus Angst, dass dies Auswirkungen auf das Ansehen der Stadt hätte, seien Kommunen darauf eingegangen.

Vorkaufsrecht nur bedingt möglich

Damit die Stadt das Vorkaufsrecht aber nutzen kann, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. So muss ein wirksamer Kaufvertrag zwischen einem alten und den neuen Eigentümern vorliegen. Dann kann die Stadt einschreiten, wenn ein öffentliches Interesse an der Immobilie besteht. Etwa, wenn es um die städtebauliche Entwicklung geht.

Doch eine Kommune hat nicht ewig Zeit: Drei Monate nach dem Eingang eines Kaufvertrags muss sie eine Entscheidung treffen. Im Fall eines möglichen muslimischen Kulturzentrums in der ehemaligen Regensburger Kaufhoffiliale wäre das Anfang März. Laut Baugesetzbuch muss sie das Grundstück aber dann nicht zwingend zum Kaufpreis erwerben - offenbar ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag - sondern zum Verkehrswert. Experte Schmeilzl geht davon aus, dass dieser weit darunter liegen dürfte.

Kein direkter Kontakt zu Investoren

Allerdings ergibt sich für die Stadt Regensburg noch ein weiteres Problem: Die Stadt hat bisher keinen direkten Kontakt zu den Investoren, sondern nur über eine bevollmächtigte Kanzlei. Die war bereits für die alten Eigentümer, die Kaufhof Regensburg GmbH, tätig.

Von einer Quelle bekommen wir einen Tipp: Demzufolge handelt es sich um eine Steuerberatungs- und Treuhand-Gesellschaft aus Hessen. Eine telefonische Anfrage des BR wird abgeblockt: Man rede nicht mit der Presse. Das Gespräch wird einseitig beendet.

Stadt prüft weiteres Vorgehen

Auch die Stadt hinterfragt dieses Vorgehen. Trotzdem prüft sie gerade, ob sie ein Vorkaufsrecht nutzen soll. Wie viele Regensburger kann sich auch Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer ein islamisches Zentrum in dieser Dimension kaum vorstellen. 

Allerdings bekommt sie auch mit, dass die Diskussion der letzten Tage mit teils islamfeindlichen Aussagen und Online-Kommentaren bei vielen Muslimen schon Spuren hinterlassen habe. 

Muslimische Gemeinden am Rand der Stadt

Suleman Khan ist Sprecher der Ahmadiyya Gemeinde – einer von mehreren muslimischen Gemeinschaften in der Stadt. Mit den umstrittenen Plänen haben die Muslime vor Ort nichts zu tun. Er habe sogar Verständnis, dass viele Menschen sich Sorgen machen. "Viele haben Angst wegen dem Terror, der in den letzten 20 Jahren passiert ist. Das macht etwas negative Stimmung. Aber man muss auch verstehen: Nicht alle Muslime sind negativ."

Ein muslimisches Zentrum mit Warenhaus in dem alten Kaufhof-Gebäude würde er gut finden. Denn für Muslime sei es enorm schwer, in der Stadt Gemeinderäume zu finden. Nach der Kündigung ihres bisherigen Mietvertrags sucht die Ahmadiyya Gemeinde mittlerweile schon seit einem Jahr nach einer neuen Bleibe. Wie lange seine Suche noch andauern wird? Unklar. Bisher waren viele muslimische Gemeinden am Stadtrand angesiedelt. Ein islamisches Kulturzentrum inmitten der Stadt – für Khan mal was Neues.

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