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"Tritt gegen die Kirchen": Wirbel um Söders Warnung

"Tritt gegen die Kirchen": Wirbel um Söders Warnung

Die deutliche Warnung von CSU-Chef Söder an die Kirchen in der Asyldebatte sorgt für Wirbel. Ex-CSU-Chef Huber kritisiert Söders "Tritt gegen die Kirchen", auch FW-Fraktionschef Streibl geht auf Distanz. Die CSU legt derweil nach.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Markus Söder macht aus seinem Unmut über Wortmeldungen von Kirchenvertretern keinen Hehl: Mit deutlichen Sätzen verbat sich der CSU-Vorsitzende am Wochenende Kritik am Migrationskurs der Union. Auf einem CSU-Parteitag verwies er darauf, dass Bayern wie kein anderes Bundesland zu den Kirchen stehe – und auch Gehälter zahle. Damit spielte Söder auf 100 Jahre alte Verträge an, die den Kirchen einen Ausgleich für Enteignungen in der Zeit der Säkularisation garantieren.

Die Kirchen sollten sich stärker um "christliche Themen" wie den Lebensschutz kümmern und nicht vergessen, wer sie unterstütze. "Nicht dass irgendwann man ganz plötzlich alleine steht. Denkt mal darüber nach!", mahnte der bayerische Ministerpräsident. "Wir wollen Partner der Kirchen sein (...) Aber macht es uns manchmal nicht zu schwer!"

Kirchen schweigen

Während mehrere Politiker Söders Äußerung als Warnung oder gar Drohung interpretierten, hüllen sich hochrangige Kirchenvertreter in Schweigen: Von der bayerischen evangelischen Landeskirche heißt es, man habe vereinbart, sich in dieser Angelegenheit nicht zu äußern. Der Vorsitzende der bayerischen Bischöfe, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, will vorerst ebenfalls nicht reagieren.

Kein Kommentar auch vom Landeskomitee der Katholiken, also der Vertretung der katholischen Laien in Bayern: Der Vorsitzende Joachim Unterländer, zugleich CSU-Politiker, lässt auf Anfrage mitteilen, dass er sich nicht äußern werde.

Ex-CSU-Chef Erwin Huber kritisiert Söders Wortwahl

Auf Distanz zu Söders Kritik an den Kirchen geht derweil der ehemalige CSU-Chef Erwin Huber: Er sei "sehr verwundert" gewesen über diesen "Tritt gegen die Kirchen", sagt Huber dem BR. Die Kirchen seien keine politischen Gegner der CSU. "Im Übrigen würde ich durchaus sagen, sollte man mahnende Worte der Kirchen ernst nehmen und sie nicht als Angriff missverstehen."

Kirchenvertreter hatten in den vergangenen Monaten wiederholt Unions-Positionen in der Migrationspolitik widersprochen. Ende Januar sorgten die Berliner Büros der katholischen Bischofskonferenz und des Rats der Evangelischen Kirche mit einer vierseitigen Stellungnahme für Aufsehen, in der sie Forderungen der Union ablehnten.

FW-Fraktionschef: Kirchen sollten sich öfter melden

Widerspruch zu Söders Äußerungen kommt auch aus den Reihen des Koalitionspartners in Bayern, den Freien Wählern. Deren Fraktionschef und religionspolitische Sprecher, Florian Streibl, betont, gerade in schwierigen Zeiten habe das Wort der Kirche besonders Gewicht, da es Orientierung und Halt biete. Streibl würde sich "sehr wünschen", dass sich die Kirchen viel öfter zu Wort melden. "Die Kirchen bieten eine Sichtweise an, die nicht parteipolitisch verengt ist, sondern die vom Handeln Jesu her argumentiert."

CSU-Abgeordneter verlangt mehr Engagement der Kirchen

Unterstützung bekommt Söder aus der CSU-Fraktion im Landtag. Die Kirchen sollten nicht nur darüber reden, was aus ihrer Sicht nicht gut funktioniere, betont der CSU-Sprecher für Fragen der katholischen Kirche, Thomas Huber. Vielmehr sollten sie "selbst einen Beitrag leisten", beispielsweise bei der Unterbringung von Flüchtlingen. "Wie viele Pfarrhäuser werden zur Verfügung gestellt, um Flüchtlinge unterzubringen?"

Eine Entfremdung zwischen CDU/CSU und den Kirchen sieht Thomas Huber nach eigenen Angaben nicht. Stattdessen beklagt er "eine Entfremdung der Amtskirche von der gesellschaftspolitischen Realität". Viele Entscheidungsträger, "gerade auch im Vatikan", schätzten die Lage "nicht mehr richtig" ein. "Die Austrittszahlen zeigen doch auch, dass die Menschen das Vertrauen verloren haben", sagt der CSU-Politiker.

"Glaube nicht, dass es Söder zusteht"

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze zeigt sich erstaunt über Söders Kirchen-Kritik: "Die CSU nennt sich 'christliche' Partei, aber wenn mal Kritik von den Kirchen kommt, dann verbietet ihnen Markus Söder den Mund."

Gudrun Lux, Grünen-Stadträtin in München und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, sagt dem BR: "Ich glaube nicht, dass es Markus Söder zusteht, mal eben den Kirchen eine Ansage zu machen, worum sie sich zu kümmern haben und worum nicht." Im Christentum sei die Frage entscheidend, "wie gehen wir mit anderen Menschen um und gerade mit den Schwächsten". Da gehe es "natürlich" auch um Geflüchtete. Lux wünscht sich einen Regierungschef, "der wenigstens versucht, der Ministerpräsident aller Menschen in Bayern zu sein und nicht nur derjenigen, die ihm huldigen".

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