Seit dem Nachmittag tagt der Erlanger Stadtrat, um den Haushalt 2023 zu beschließen. Im Vorfeld hatte Fridays for Future (FFF) zum Klimaprotest vor dem Rathaus aufgerufen. Insgesamt nahmen rund 60 Menschen an der Aktion teil. Die Klimaschützer werfen den Erlanger Entscheidungsträgern vor, sich nicht an ihre Klimaversprechen zu halten. Der Stellenplan der Stadt reiche nicht aus, um die beschlossenen Klimaziele in die Tat umzusetzen, bemängelt Fridays for Future in einer Mitteilung.
OB: Kritik in Teilen gerechtfertigt
Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) sagte dem Bayerischen Rundfunk bereits vor der Stadtratssitzung, den Verantwortlichen seien zum Teil die Hände gebunden. "Wir können im Moment mit den Mitteln, die wir haben, nicht alles tun, was notwendig wäre." Insofern sei die Kritik zum Teil gerechtfertigt. "Wir sind weiterhin zu langsam", gab Janik zu.
Gleichzeitig wies das Stadtoberhaupt auf die neuen Stellen hin, die in der Verwaltung für das Thema Klimaschutz geschaffen würden. "Zu wenig", lautet die Antwort von Fridays for Future auf die Anstrengungen im Rathaus. Dem BR sagte der OB, er finde es gut, dass die Klimaschützer weiter Druck machten, es müsse objektiv gesehen viel mehr geschehen. "Aber die Stadt Erlangen streckt sich hier schon bis zur Decke und ehrlicherweise sogar noch ein Stück weiter im Augenblick."
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Stadt setzte 14 statt 41 Klima-Maßnahmen um
Bereits 2019 hatte die Stadt Erlangen den Klimanotstand ausgerufen. In der Folge wurden 41 Maßnahmen definiert, wie man das Ziel erreichen könne, die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten. Schließlich wurden Ende Oktober vergangenen Jahres 14 konkrete Maßnahmen beschlossen. Nun fürchten die Klimaaktivistinnen und -aktivisten, dass auch bei diesen Maßnahmen Abstriche gemacht werden. Den Stadträten wirft Fridays for Future vor, sich aus der Verantwortung zu ziehen. "Wir fordern einen echten Klimaaufbruch statt Greenwashing der Stadtregierung", so die Initiative.
Janik entgegnet den Befürchtungen im BR-Interview, dass die angesprochenen 14 Klima-Maßnahmen sehr wohl umgesetzt würden, "aber wir werden nicht bei allen mit maximaler Geschwindigkeit vorangehen." In diesem Zusammenhang verwies der Oberbürgermeister auf die Verpflichtung des Stadtrats, einen ausgewogenen Haushalt auf die Beine zu stellen, auch mit Blick auf die kommenden Jahre.
Vorwurf von FFF: "OB will sich uns vom Leib halten"
Bei der Stadtratssitzung im vergangenen Oktober kam es zu lautstarken Protesten von Klimaschützern, die sich mit Sprechchören, Fahnen und Plakaten im Ratssaal Gehör verschafften. Diesmal schob Florian Janik einem solchen Szenario den Riegel vor: Fahnen und Plakate waren im Rathaus verboten. Die Stadtratssitzung sei nicht der richtige Ort für eine Demonstration, zumal sich Stadträte aller Fraktionen nach den Geschehnissen im Oktober an den OB gewandt haben sollen, sie hätten sich bedrängt, teilweise sogar bedroht gefühlt.
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Entsprechend sei es seine Aufgabe, so Janik, den demokratisch gewählten Vertretern zu gewährleisten, dass sie ihrer Arbeit ungestört nachgehen können. Auch die zugelassene Zuschauerzahl der öffentlichen Sitzung war auf die Anzahl der Sitzplätze begrenzt, im Foyer vor dem Ratssaal wurden jedoch sämtliche Reden auf einer Leinwand übertragen. Fridays for Future sieht die Maßnahme Janiks als Affront: "Der OB will sich uns vom Leib halten", sagte ein Demonstrationsteilnehmer dem BR. "Aber wir werden der Stadt weiter auf die Finger schauen."
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