Immer mehr Brauereien in Bayern geht die Kohlensäure für die Herstellung von Bier, Wasser und Limo aus. Bei vielen sei unklar, ob in den kommenden Wochen überhaupt noch produziert werden könne. Denn für die Brauereien ist Kohlensäure nahezu unverzichtbar.
Brauerei in Kaufbeuren: Produktion von Limo und Wasser eingestellt
Bei der Aktienbrauerei Kaufbeuren im Landkreis Ostallgäu gehen normalerweise an einem guten Tag rund 140.000 Flaschen vom Band - nun seien die Kohlensäure-Tanks leer, beklagt Geschäftsführer Gottfried Csauth. Die Produktion von Limonade und Wasser musste die Brauerei komplett einstellen. Derzeit könne nur noch Bier hergestellt werden - denn beim Bier brauche man die Kohlensäure nicht als Zutat, sondern nur für die Abfüllung. Dabei könne man zeitweise darauf verzichten.
Ende August hatte die Aktienbrauerei ihre letzte Lieferung an Kohlensäure erhalten. Doch statt der sonst üblichen 28 Tonnen wurden nur 7,5 Tonnen geliefert. "Wir haben keine Perspektive, wann wir's kriegen, wir haben keine Zusage", sagt Csauth. Nun stehe die Entscheidung an, ob und wie viele seiner 93 Mitarbeiter er in Kurzarbeit schicken muss.
Auch Lieferanten fehlt Kohlensäure
Doch auch die Kohlensäure-Lieferanten haben Probleme mit der Produktion, erklärt Mario Čurčić von der Sol Group. Das Unternehmen könne zwar noch Kohlensäure an Kunden liefern, muss die Menge allerdings auch schon rationieren. "Die aktuelle Lage ist sehr schlecht, in ganz Europa", sagt Čurčić. Denn rund die Hälfte des Kohlensäure-Marktes basiere auf der Ammoniak-Synthese in der Herstellung von Düngemitteln. Dabei fällt die Kohlensäure als Nebenprodukt an. Aufgrund der hohen Erdgaspreise hätten laut Čurčić die meisten Düngemittelhersteller entweder die Produktion komplett heruntergefahren oder deutlich reduziert. "Im Moment fehlen ungefähr 30 bis 40 Prozent der Komplett-Kohlendioxid-Menge, die benötigt wird in Europa."
Rückgewinnungsanlage lohnen sich nur für Groß-Brauereien
Im Vorteil sind jetzt die Brauereien, die sogenannte Rückgewinnungsanlagen eingebaut haben. Mit diesen kann die Kohlensäure, die bei der Biergärung entsteht, aufgefangen und wieder verwendet werden. Solche Anlagen rentieren sich meist aber nur für Groß-Brauereien. Die Brauerei Oettinger besitzt beispielsweise Rückgewinnungsanlagen. Auf Nachfrage des Bayerischen Rundfunks erklärt das Unternehmen, mit Hilfe dieser Anlagen mehr als die Hälfte der benötigten Kohlensäure selbst zu produzieren. Damit könnten Engpässe phasenweise ausgeglichen werden. Ganz ohne Kohlensäure-Zukauf gehe es aber selbst bei Oettinger nicht.
Sorgen bei unterfränkischen Brauereien wächst
Von den mittelständischen Brauereien hat kaum jemand so eine Anlage – sie sind angewiesen auf die Kohlensäure-Lieferanten. Wie eine Umfrage des BR bei Brauereien in Unterfranken zeigt, ist dort die Sorge vor unvorhersehbaren Lieferstopps groß: "Es ist eine einzige Katastrophe", sagt Herbert Brust, Inhaber der Karmeliter Bräu GmbH in Salz im Landkreis Rhön-Grabfeld. Sein Lieferant habe in einem Schreiben mitgeteilt, dass wegen höherer Gewalt womöglich kurzfristig keine Kohlensäure geliefert werden könne. Andere Anbieter würden erst gar keine Angebote mehr herausschicken.
Wenn es einen Lieferstopp gibt, würde bei Streck-Bräu in Ostheim vor der Rhön die Produktion innerhalb von zwei Tagen zum Erliegen kommen. Beim Kauzen Bräu in Ochsenfurt sei die Lage "ernst, aber nicht hoffnungslos". Die Brauerei Faust in Miltenberg will wegen des Mangels in den kommenden Tagen die Abfüllung mit Stickstoff statt Kohlensäure testen.
Preiserhöhungen im Herbst
Insgesamt seien allgemein die Produktionskosten, etwa auch von Malz und Leergut, explodiert. Die bei der Umfrage teilnehmenden Brauereien kündigten deswegen an, die Preise im Herbst erhöhen zu müssen. Ein Kasten Bier würde dann um 1,20 Euro bis 1,50 Euro teurer werden. Weitere Preiserhöhungen seien nicht ausgeschlossen.
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