Der Landwirt Stefan Hirler hat eine große, gerahmte Luftaufnahme in der Hand, auf der sein Hof abgebildet ist. Er sieht auf das Bild und steht vor seinem Hauseingang.
Bildrechte: BR/Fabian Schöpf
Audiobeitrag

Landwirt Stefan Hirler hat Bedenken: Wenn das Umspannwerk hier gebaut wird, könnte er viel landwirtschaftliche Fläche verlieren.

Audiobeitrag
>

Neue Umspannwerke: Landwirte fürchten um ihre Existenz

Neue Umspannwerke: Landwirte fürchten um ihre Existenz

Die geplanten Höchstspannungsleitungen und Umspannwerke zwischen Simbach und Burghausen sorgen für Unmut. Landwirte sorgen sich um ihre Existenz und befürchten starke Eingriffe in die Natur. Kritik gibt es auch an der Kommunikation von Tennet.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet sucht aktuell nach großen Flächen für zwei neue Umspannwerke in Simbach am Inn und Burghausen und eine neue Schaltanlage bei Zeilarn. Gründe sind ein prognostizierter PV-Ausbau in der Region und der Energiehunger des Bayerischen Chemiedreiecks: Das braucht schon jetzt sehr viel Strom. Der Bedarf wird in den nächsten Jahren allerdings noch steigen. Deshalb soll Tennet - gemäß dem Bundesnetzentwicklungsplan - eine neue 380 kV-Höchstspannungsleitung von Simbach nach Burghausen bauen.

Burghausen: Landwirtschaftliche Flächen oder Staatsforst?

Bei Burghausen hält Tennet in zwei Suchkreisen nach geeigneten Flächen Ausschau: im Daxenthaler Forst und Richtung Haiming. Während in Haiming viele Grundstückseigentümer betroffen wären, gehören die Flächen im Daxenthaler Forst den Bayerischen Staatsforsten. Da es sich jedoch um Bannwald handelt, müsste dieser in unmittelbarer Nähe wieder aufgeforstet werden - wofür ebenfalls Flächen notwendig wären: "Das wäre ein erheblicher Eingriff, das ist uns bewusst. Deshalb wollen wir auch frühzeitig ein Konzept haben, aus dem Kompensationsmaßnahmen hervorgehen", sagt Tennet-Sprecher Markus Lieberknecht.

Simbach: Zersiedeltes Hügelland erschwert Flächensuche

In der Region rund um Simbach rechnet der Verteilnetzbetreiber mit einem erheblichen Zuwachs von Sonnenstrom, der durch ein neues Umspannwerk ins Hochspannungsnetz integriert werden soll. Tennet sucht deshalb im Norden von Simbach nach geeigneten Flächen. Denn dort laufen mehrere Stromkreise zusammen. Das Problem: Die Landschaft ist sehr hügelig und mit Einzelgehöften zersiedelt. Für das Umspannwerk braucht Tennet eine 27 Hektar große Fläche - also etwa so groß wie 35 Fußballfelder. Und: der Grund muss eben sein, ist er das nicht, müsste man die Landschaft terrassieren oder anderweitig ebnen.

Einzelne Betriebe fürchten um Existenz

Ab dem nächsten Jahr will Tennet persönliche Gespräche mit Grundstückseigentümern führen. Dabei wird es laut Sprecher Matthias Lieberknecht auch um existentielle Fragen gehen: "Wir nehmen durch den Kauf dieser Flächen weitere landwirtschaftliche Nutzflächen aus der Bewirtschaftung raus. Für einzelne Betriebe könnte das eine solche Einschränkung bedeuten, dass sie sich fragen: Kann man so einen Hof noch weiterführen?"

Diese Frage stellt sich auch Landwirt Stefan Hirler: Sein Hof in Simbach liegt mitten im Suchgebiet. Er rechnet fest damit, dass Flächen, die ihm gehören oder die er gepachtet hat, für das Umspannwerk gebraucht werden: "Es heißt dann immer so schön: Du kriegst ja eine Entschädigung. Aber ich kann meine Viecher nur ernähren, wenn ich eine Fläche zum Bewirtschaften zur Verfügung habe." Im Zweifel müsste er neue Pachtflächen finden - weiter weg. Dadurch hätte er mehr Aufwand und Kosten bei gleichen Einnahmen.

Kritik an der Kommunikation mit dem Netzbetreiber

Landwirt Stefan Hirler befürchtet zudem einen Wertverlust von Immobilien, eine "Verschandelung" der Landschaft und tiefe Eingriffe in die Natur - gerade wegen der ungeeigneten Topografie. Gemeinsam mit dem Simbacher Stadtrat, in dem er Mitglied ist, hat er eine Petition gegen den Bau auf den Weg gebracht. Hirlers größte Kritik an Tennet ist, dass nicht offen genug kommuniziert werde: "Mein Gefühl ist, dass Tennet uns nicht zuhört", so Hirler, "ich wünsche mir, dass einfach ehrlich mit uns umgegangen wird."

Tennet-Sprecher: Langer Planungsprozess

Tennet-Sprecher Markus Lieberknecht entgegnet auf die Kritik: "Es ist immer ein sehr langer Planungsprozess. Gerade am Anfang haben wir sehr hohe Flugebenen, was die Flächensuche betrifft. Das führt verständlicherweise zu Unmut." Konkrete Flächen könne man jedoch erst nach zahlreichen Gespräche mit Verwaltungen, Genehmigungsbehörden, Eigentümern, Verbänden oder sonstigen Trägern öffentlicher Belange benennen. Lieberknecht selbst sei etwa schon vor 13 Jahren in Simbach gewesen, für eine 380kV-Leitung, die im vergangenen Jahr fertig geworden sei.

Enteignungen bezeichnet der Tennet-Sprecher als "das allerletzte Mittel und die absolute Ausnahme". Bisher habe man sich immer mit Eigentümern einigen können. Bis 2026 hofft er auf Vertragsschließungen - denn erst, wenn die Flächen für die Umspannwerke stehen, kann Tennet die eigentliche Leitungsführung planen.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!