Die Blaualgenkonzentration am Altmühlsee ist in diesem Jahr so hoch wie noch nie. Der aktuell gemessene Wert von 260 Mikrogramm pro Liter übersteigt den langjährigen Durchschnitt um ein Vielfaches, so das zuständige Wasserwirtschaftsamt Ansbach.
Ab einem Wert von 15 Mikrogramm wird eine Badewarnung ausgesprochen, ein Badeverbot kommt ab 75 Mikrogramm. Dieses gilt an allen drei Stränden des Altmühlsees bereits seit Anfang Juli, erstmals auch am Surfzentrum Schlungenhof. Doch warum gibt es ausgerechnet in diesem Jahr so viele Blaualgen?
Starker Regen schwemmt gedüngtes Erdreich in den See
Mit jedem der in diesem Jahr häufigen Platzregen haben die Blaualgen Nachschub bekommen. Der Regen schwemmt Erdreich mit Nährstoffen in Gräben und Bäche, die in die Altmühl und anschließend in den See fließen. Nährstoffe für Blaualgen sind Phosphor und Stickstoff. Sie befinden sich in Klärschlamm und Düngemitteln. "Wir werden die Blaualgen nicht loskriegen – schon gar nicht per Knopfdruck", sagt Thomas Keller, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach.
Einzugsgebiet der Altmühl: Äcker und Felder
Ein Grund dafür: Im Einzugsgebiet der Altmühl befinden sich rund 570 Quadratkilometer landwirtschaftliche Flächen. Schon vor rund 20 Jahren wurden Düngegespräche mit 1.000 Landwirten geführt, wie amtliche Dokumente belegen. Bei großen "Seenlandkonferenzen" in den Jahren 2008 und 2009 waren alle wichtigen Player im Fränkischen Seenland zusammengekommen, um über die Wasserqualität zu beraten. Ergebnis war ein umfangreicher Maßnahmenplan.
Seit 2009: Ausbaggern, abfischen, Kläranlagen sanieren
Das Wasserwirtschaftsamt als staatliche Behörde habe die meisten Punkte des mehrseitigen Planes Schritt für Schritt umgesetzt, so Thomas Keller: "Hätten wir nichts gemacht, wäre jetzt jedes Jahr ein halbes Jahr lang Badeverbot." So hätten 17 Kommunen ihre Kläranlagen erneuert, mitfinanziert von der Bayerischen Staatsregierung. Das Amt ließ Fische entfernen, die das Wasser eintrüben. Jedes Jahr werden eingeschwemmte Erde und Schlamm am Grund des Sees abgesaugt. "Die Sedimente sind der Phosphor-Pool", erklärt Gabriele Trommer, Fachbereichsleiterin für technische Gewässeraufsicht. Eine letzte Renaturierungsmaßnahme des Wasserwirtschaftsamtes soll im September an der Altmühl oberhalb des Sees starten. Sie soll dafür sorgen, dass das Wasser sauberer im See ankommt.
Tonnenweise Phosphor aus der Landwirtschaft im See
Doch all diese Maßnahmen werden ein gravierendes Problem nicht lösen: Es kommt tonnenweise Phosphor im Altmühlsee an. 40 Tonnen haben Experten für das Jahr 2008 ausgerechnet. Die Größenordnung sei gleichgeblieben, so Trommer: "Vor allem Hochwasser schwemmt Phosphor in den See." Und als Auffangbecken für Hochwasser sei der Altmühlsee ja gebaut worden. Ein Drittel der Phosphormenge hatten die Experten auf Kläranlagen zurückgeführt, den Rest auf Abflüsse von Äckern und Wiesen sowie Bodenerosionen.
"Die Kommunen haben ihre Hausaufgaben gemacht", erklärt Thomas Keller vom Wasserwirtschaftsamt. Rund fünf Tonnen Phosphor konnten dadurch reduziert werden. "Die Ursachen verschieben sich in Richtung Landwirtschaft." Die Hinterlassenschaften von Gänsen und Enten seien im Vergleich dazu zu vernachlässigen, rechnet auch Gabriele Trommer vor.
Bodenerosion aufhalten – nur wie?
Der Bayerische Bauernverband erklärt, in den letzten Jahren sei durch strengere Auflagen bereits viel passiert. Landwirte hätten durch die neue Düngeverordnung weniger Mineraldünger, Gülle und Mist ausgebracht. "Entlang der Gewässer wird überwiegend Grünlandnutzung betrieben", erklärt Ottmar Braun, Geschäftsführer im Bezirksverband Mittelfranken. Dort müssen Landwirte zu kleinen Bächen einen fünf Meter breiten Streifen stehen lassen, als Folge des Volksbegehrens zum Artenschutz. Außerdem würden sich immer mehr Landwirte an Vertragsnaturschutzprogrammen beteiligen. Das bedeutet, sie pflegen Wiesen ohne Düngung und bekommen dafür Ausgleichszahlungen. All diese Entwicklungen müssten den Phosphor-Eintrag deutlich reduzieren. "Es braucht halt eine gewisse Zeit, bis es wirkt", gibt Ottmar Braun zu bedenken.
"Vielleicht muss ein großes Umdenken stattfinden", sagt Roland Rösler vom Wasserwirtschaftsamt. "Wenn jeder im Quellgebiet Sorge trägt, dass kein Bodenabtrag stattfindet, könnte man Wasser und Nährstoffe zurückhalten". Wie das gelingt? Rösler empfiehlt Feldraine, Büsche und Bäume zwischen Ackerflächen, kleinere, strukturierte Flächen, das Zuschütten von Entwässerungsgräben. Im Grunde wäre das die Rolle rückwärts zur Flurbereinigung.
Klimaerwärmung verschlimmert Situation
Darüber hinaus machen sich globale Entwicklungen bemerkbar. "Der Klimawandel ist unser größter Gegenspieler", sagt Thomas Keller, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes. Je wärmer es ist, desto wohler fühlen sich Blaualgen. Sie verdrängen dabei andere Algenarten oder Wasserpflanzen, die helfen könnten, die Wasserqualität zu verbessern.
"Der Altmühlsee war nie als Badesee konzipiert", so Keller. Vor rund 40 Jahren war der Altmühlsee als Hochwasserspeicher gebaut worden, um Wasser der Altmühl aufzuhalten. Er ist nur 2,2 Meter tief und heizt sich deshalb schnell auf. Doch auch insgesamt sei die Wassertemperatur im See laut Wasserwirtschaftsamt in den letzten 40 Jahren um vier Grad gestiegen. "Das ist ein Grad pro Jahrzehnt", erklärt Gabriele Trommer. Damit können die Algen früher im Jahr mit der Blüte loslegen – mit allen Auswirkungen.
Altmühlsee: Naturerlebnis statt Badespaß
Das Badeverbot am Altmühlsee gilt in diesem Jahr schon seit mehreren Wochen – so lang wie noch nie. Die Folge: Die Tagesgäste bleiben aus, klagt der Zweckverband Altmühlsee. Die schlechten Nachrichten zum Thema Baden verderben das Geschäft mit dem Tourismus. Der Zweckverband will deshalb künftig das Naturerlebnis beim Altmühlsee stärker herausstellen. "Man kann den See mit dem Rad umrunden und an der Vogelinsel seltene Vögel beobachten. Das gibt es sonst nirgends", sagt Daniel Burmann, Geschäftsführer des Zweckverbandes. Zum Schwimmen dagegen empfiehlt sich der deutlich größere und tiefere Brombachsee. Er ist nur wenige Kilometer entfernt.
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