Vollgelaufene Keller, überflutete Straßen, Schneebruch: Bayerns Feuerwehren hatten in den vergangenen zwei Tagen zahlreiche Einsätze. Und es hätte noch schlimmer kommen können: Durch das Vb-Tief sind im Südosten Bayerns in den vergangenen fünf Tagen Rekordniederschläge gefallen, die eigentlich ein Jahrhundert-Hochwasser hätten auslösen müssen. Doch das Wasser konnte abfließen, ohne allzu großen Schaden anzurichten, so Bernhard Lederer, Leiter des Wasserwirtschaftsamts Traunstein, im Gespräch mit BR24 - und das vor allem aus zwei Gründen.
Niedrige Schneefallgrenze "bindet" die Fluten
Das eine sei die für Mitte September ungewöhnlich niedrige Schneefallgrenze gewesen, die verhindert habe, dass große Regenmengen in die Gewässer eingetragen wurden. Außerdem seien die Niederschläge mit knapp zehn Liter pro Quadratmeter in der Stunde sehr gleichmäßig über die Tage verteilt gefallen.
Hätten höhere Temperaturen geherrscht und wäre der Regen als Starkregen innerhalb kürzerer Zeit gefallen, "dann hätten wir ein richtig großes, vielleicht katastrophales Hochwasser gehabt, wie etwa im Jahr 2013", sagt Behördenleiter Bernhard Lederer.
Wo es am meisten geregnet hat
Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zeigen: Besonders am Alpenrand und im südöstlichen Bayern sorgte die Wetterlage für enorme Niederschläge. An manchen Stellen im Chiemgau und im Berchtesgadener Land hat es laut Wasserwirtschaftsamt Traunstein in fünf Tagen so viel geregnet wie sonst normalerweise in zwei bis drei Monaten. In der Gemeinde Marktschellenberg im Berchtesgadener Talkessel zum Beispiel wurde ein Spitzenwert von 350 Liter pro Quadratmeter gemessen.
Am DWD-Standort Ruhpolding im Landkreis Traunstein gab es am Freitag einen weiteren Rekord für das laufende Jahr: Rund 157 Liter pro Quadratmeter kamen hier an einem Tag herunter. Der Pegelstand des Chiemsees ist seit Donnerstag um etwa einen Meter angestiegen und hat damit 80 Millionen Kubikmeter Wasser aufgenommen – das Wasser fließt jetzt langsam bei Seebruck in die Alz ab.
Die folgende Karte zeigt die Niederschlagssumme für alle vier Tage an 395 bayerischen Messstationen – wählen Sie die Stationen in Ihrer Region aus:
Karte: Wo hat es in den vergangenen Tagen in Bayern am meisten geregnet?
An 191 Orten fiel dabei am Montag sogar noch mehr Regen als am Freitag. Insgesamt brachen 38 Messstationen in den vier Tagen ihren Niederschlagsrekord für 2024: am Alpenrand, im Berchtesgadener Land, in den Landkreisen Traunstein und Rosenheim und in der Region um Landshut. Die meisten Regenrekorde verzeichnet der DWD am 31. Mai – sie führten zum Juni-Hochwasser: gravierende Flusshochwasser und Überschwemmungen an vielen Orten in Bayern.
Auch der Durchschnitt für Bayern macht deutlich: Die Regenmenge der vergangenen Tage spielt in einer ähnlichen Liga, reicht aber noch nicht an die Spitzenwerte aus der ersten Juni-Woche heran:
Grafik: Sind die aktuellen Regenmengen größer als im Mai und Juni?
Trotz Wetterbesserung: An Isar und Donau ist es noch nicht vorbei
Auch wenn die Hochwasserlage sich im Süden und Osten Bayerns allmählich entspannt: Zunächst steigen die Wasserstände an einigen Flüssen laut Hochwassernachrichtendienst (HND) noch leicht an.
In Passau hat die Donau schon Meldestufe 3 erreicht. In diesem Bereich soll der Wasserstand noch leicht steigen, ehe in der Nacht zum Mittwoch ein deutliches Absinken erwartet wird. Die zweithöchste Meldestufe 3 bedeutet, dass das Wasser einzelne bebaute Grundstücke oder Keller fluten kann und Sperrungen überörtlicher Verkehrsverbindungen möglich sind.
Im Einzugsgebiet der Isar hat sich laut HND eine neue Welle aufgebaut, die die Isar in München im Bereich der Meldestufe 2 ansteigen lassen soll. Der Scheitel wird in München im Lauf des Dienstags erwartet, in Plattling erst am Mittwoch. Dort und auch in Landshut könnte Meldestufe 3 erreicht werden.
Die Lage in den Alpen
In den Bergen wirkt sich der Schneefall der vergangenen Tage weiter aus. So ist auf dem Wank in Garmisch-Partenkirchen das Gelände für Besucher und Bergsteiger nicht zugängig. Die Berghütten der DAV-Sektion Berchtesgaden bleiben - mit Ausnahme der Blaueishütte - ebenfalls vorerst geschlossen.
Die Nullgradgrenze soll bis Mittwoch auf über 3.000 Meter steigen. Der Hochwassernachrichtendienst rechnet dadurch mit einer moderaten Schneeschmelze aus dem Hochgebirge. Diese dürfte einige Tage anhalten.
Wetter-Ausblick: Spätsommer nach Maß
So blieb Bayern letztendlich von einem erneuten großen Hochwasser verschont – anders als etwa Österreich oder Rumänien. Mittlerweile ist der Regen im Freistaat auf dem Rückzug. Erheblicher "schauern" dürfte es heute und morgen allenfalls noch im Donauraum, im Bayerwald und im Umfeld der Fränkischen Alb, ansonsten bleibt es meist trocken bei 15 bis maximal 20 Grad.
In den nächsten Tagen dann stabilisiert sich das ruhige Spätsommerwetter, die Temperaturen steigen örtlich nochmal auf 25 Grad.
- Zum ausführlichen Wetter-Bericht: Nach Dauerregen: Warme Herbsttage in Bayern erwartet
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