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Schlimme Zustände? Prozess zu Pflege-WG in Nüdlingen beginnt

Notärzte, die nicht gerufen wurden und wundgelegene Patienten - die Zustände in einer Pflegeeinrichtung in Nüdlingen sollen verheerend gewesen sein. Nun muss sich der Betreiber vor dem Amtsgericht Bad Kissingen verantworten. Von Norbert Steiche

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Es soll schlimm zugegangen sein in einer Pflegeeinrichtung in Nüdlingen (Lkr. Bad Kissingen). Das zumindest sagen ehemalige Pflegekräfte sowie Angehörige von Bewohnern der sogenannten Pflege-Wohngemeinschaft. Ab heute steht nun der Betreiber der Einrichtung vor dem Bad Kissinger Amtsgericht. Die Anklage gegen den 30-Jährigen lautet auf Misshandlung von Schutzbefohlenen an zwei Patienten und in drei Fällen.

Pflegeeinrichtung in Nüdlingen: Notarzt soll verweigert worden sein

Ein Anklagepunkt gründet sich auf einen angeblichen Vorfall im August 2015. Damals soll der Angeklagte die Pflegekräfte angewiesen zu haben, keinen Notarzt zu rufen, obwohl ein Patient dringend notärztliche Behandlung gebraucht hätte - so steht es zumindest in einem Schreiben einer ehemaligen Pflegekraft, das dem BR vorliegt. Betroffen war ein 63-jähriger Mann, der nach einem Motorradunfall im Wachkoma lag.

Angeblicher Notfall-Tipp: "Kaffee spritzen und nicht verrückt machen"

Obwohl der Mann 41 Grad Fieber und einen Puls von 220 Schlägen pro Minute gehabt habe, sei vom Betreiber der Pflegeeinrichtung die Anweisung erfolgt, keinen Notarzt zu rufen. Stattdessen solle dem Mann mit "Beine hochlagern, über eine Sonde Kaffee spritzen, Wadenwickel und nicht verrückt machen" geholfen werden, heißt in dem Schreiben der ehemaligen Pflegekraft.

Umfangreiche Beweisaufnahme: 15 Zeugen vor Bad Kissinger Amtsgericht

Von dem Bruder des mittlerweile verstorbenen Patienten liegen Aussagen vor, denen zufolge sein Eindruck von der Einrichtung in Nüdlingen "verheerend" gewesen sei. Er habe Fotos seines Bruders mit wundgelegenen Stellen gemacht. Außerdem seien zu wenig Pflegekräfte in der WG gewesen. Der 30-jährige Angeklagte streitet die Vorwürfe ab.

Für den Prozess sind drei Verhandlungstage angesetzt. 15 Zeugen sollen gehört werden. Der Prozess hätte eigentlich schon im Sommer 2017 beginnen sollen. Weil der Anwalt des Angeklagten aber keine Ladung bekommen hatte, wurde der Prozess ausgesetzt und neu terminiert. Die Pflegeeinrichtung in Nüdlingen gibt es nach Angaben der Heimaufsicht mittlerweile nicht mehr.