Lichtblitze in Blau und Lila durchzucken den dunklen Raum. Die Tanzfläche ist rappelvoll, und alle, wirklich alle singen lauthals mit. "It's me, hi, I am the problem – it's me." Aus den Lautsprechern kommen heute nur Songs von Taylor Swift und Harry Styles. Die Stimmung ist anders als bei normalen Partys. Es ist eine fast heimelige Atmosphäre, alle gehen sehr respektvoll miteinander um. Es sind fast nur Frauen da, Armbändchen werden getauscht, Alkohol wird kaum getrunken. Die Barkeeper langweilen sich fast.
"Eras"-Tour in Rekordzeit ausverkauft
Im Juli ist Taylor Swift in Deutschland. Bei ihrem allerersten Konzert in Gelsenkirchen hat sie 60.000 begeisterten "Swifties", also den Hardcore-Fans auf Deutsch "Guten Abend!" und "Schön, euch zu sehen" zugerufen. Kommende Woche tritt Swift dann in Bayern, genauer gesagt in München auf. Die Stadt erwartet zu den Konzerten am 27. und 28. Juli 150.000 Besucher. Die Tour war in Rekordzeit ausverkauft. Auch Val und Elena haben Tickets ergattert, 150 Euro haben sie jeweils ausgegeben, und sie werden für das Konzert sogar bis nach Wien fahren. Seit zehn Jahren folgen sie dem Superstar. Doch erstmal feiern sie in Erlangen.
Im Video: Vorlesungsreihe der Uni Bamberg über Taylor Swift
Taylor-Party ist ein Safe Space
Vor dem Erlanger E-Werk stehen die Fans Ende Juni die Straße entlang und warten auf Einlass. Die Security kontrolliert Tickets und Taschen. Die "Taylor und Harry Party" ist eine sogenannte Safe-Zone. Die Swifties sollen in Ruhe feiern können. Elena und Val wissen das zu schätzen. "Wir können so sein, so feiern, wie wir wollen", erzählen sie, "alle sind in der gleichen Stimmung. Alle wollen Spaß haben."
Zufallsgäste, Pöbler oder Betrunkene haben hier keinen Zutritt. Die Besuchenden – in der Mehrzahl Frauen – sollen einen friedlichen Abend erleben. Security-Leute weisen ausdrücklich darauf hin, dass sie jederzeit angesprochen werden sollen, falls es zu einem unerwünschten Vorfall kommt.
Ohne Bändchen geht gar nichts
An den Freundschaftsbändchen erkennen sich die Swifties. Bunte Perlen, mit und ohne Schrift. Es gibt einen Farbcode für die verschiedenen Alben, die Taylor Swift im Laufe ihrer langen Karriere veröffentlicht hat. In einem ihrer Songs heißt es: "Make your friendship braceletes", und das haben die Swifties sofort getan.
Diese Braceletes werden getauscht, verschenkt. Vor allem bei Partys und Taylor Swifts Konzerten. Einfacher geht Kontaktknüpfen kaum. Travis Kelce, der Freund von Taylor Swift, habe ihr eins beim Kennenlernen geschenkt, berichtet Elena, während die beiden Frauen in einem Bamberger Geschäft bunte Perlen aussuchen.
Taylor Swift könnte Wahlen in USA beeinflussen
Die Freundschaftsbändchen tragen auch viele Studierende im Hörsaal der Uni Bamberg. Sie sitzen in der Vorlesung von Professor Jörn Glasenapp. Der Kulturwissenschaftler, selbst ein Swiftie, versucht das Phänomen Taylor Swift zu ergründen: "Die Welt wird derzeit von hypermaskulinen Spaltern wie Putin und Donald Trump in Atem gehalten, und die stehen in gewisser Weise für ein Universum, das gar nicht konträrer zu dem Universum sein könnte, für das Taylor Swift steht."
Taylor Swift könnte also über ihre Fans den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf beeinflussen. Professor Glasenapp geht tatsächlich davon aus, dass die Sängerin sich vor dem Wahltermin im November dazu äußern wird: "Sie kann zur Königsmacherin werden."
Taylor Swift – ein Phänomen der Superlative:
- 283 Millionen folgen ihr auf Instagram
- Number-One-Artist auf Spotify: Album-Rekord von 300 Millionen Streams an einem Tag
- Das "Time Magazine" wählte sie 2023 zur "Person des Jahres"
- Allein in München werden sie bei zwei Konzerten rund 150.000 Fans sehen
Einfluss durch Reichweite
Taylor Swift hat durch ihre enorme Reichweite tatsächlich Einfluss auf viele Menschen. Sie steht für Emanzipation, vor allem der jungen Frauen. Die Fans, die oft belächelt und als Teenies nicht ernst genommen wurden, sie sind nun erwachsen.
Sie sind gemeinsam mit Taylor Swift durch die Teenie-Jahre gegangen. Das schweißt zusammen. Diese Fans bringen nicht nur Hallen und Stadien zum Beben: Sie sind viele und könnten mit ihrer Stimme tatsächlich die Welt verändern.
Darum fühlen sich Frauen im "Taylorverse" so wohl
Was uns bei allen Interviews und Recherchen auffällt: Viele Swifties sind wahnsinnig zurückhaltend, wollen ungern mit Medien reden und genau wissen, was über sie geschrieben wird.
Dahinter stecken offenbar leidvolle Erfahrungen, die einige Frauen wahrscheinlich nachvollziehen können. So erzählt Swift-Fan Elena beim Bändchenknüpfen: "Ich glaube, das ist allgemein, wie weiblich gelesene Hobbys und Fandom dargestellt wird. Es ist okay, wenn bei der EM die Männer ultra ausrasten und sich in die Arme fallen. Wenn aber Frauen Fans sind, dann werden sie als hysterische Teenager abgestempelt und belächelt. Das ist Teil des Phänomens, dass Emotionalität bei Frauen negativ ausgelegt wird."
Viele sehen es so, dass Frauen von der Gesellschaft in jeglichem Tun bewertet werden – und das immer aus einem anderen Blickwinkel, als es bei Männern geschieht. Verständlich, dass gerade Frauen sich im "Taylorverse", der Welt um Taylor Swift, so wohlfühlen. Im Taylorverse soll sich jeder willkommen fühlen. Alle Swifties wollen respektvoll miteinander umgehen, niemand soll abgewertet und alle sich verbunden fühlen.
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