Günzburg: Die Donau ist beim Kraftwerk über das Ufer getreten. Nach den ergiebigen Regenfällen der letzten Tage wird Hochwasser erwartet.
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Günzburg: Die Donau ist beim Kraftwerk über das Ufer getreten. Nach den ergiebigen Regenfällen der letzten Tage wird Hochwasser erwartet.

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Unwetter und Hochwasser in Bayern: So geht es weiter

Die Gründe für das Hochwasser in Bayern: Starkregen trifft auf gesättigte Böden. In der Nacht zum Sonntag ließen die Niederschläge zwar vielerorts nach, doch nun ziehen unwetterartige Gewitter durch. In Nordbayern drohen teils extreme Regenmengen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

In der Nacht hat der Dauerregen in Bayern in seiner Intensität zwar etwas nachgelassen, doch ab Sonntagmittag ziehen laut Deutschem Wetterdienst von Norden her erneut Unwetter mit teils ergiebigem Regen durch. Im südlichen Bayern hat das Zusammentreffen gleich mehrerer hochwasserträchtiger Faktoren bereits zu Überschwemmungen und zu Hochwasser an Flüssen geführt. Hauptverantwortlich ist die Großwetterlage: Ein Tief zieht von Norditalien langsam über die Ostalpen bis nach Polen. Die berüchtigte "V-b"-Zugbahn (sprich: 5 b), wenn es um Hochwasserereignisse in Mitteleuropa geht.

Intensiver Starkregen trifft auf gesättigte Böden

Die meisten Hochwasserkatastrophen im südlichen und östlichen Mitteleuropa gehen auf das Konto dieser Großwetterlage. Denn ein solches Tiefdruckgebiet bezieht reichlich Wasserdampf vom Mittelmeer in seine Zirkulation mit ein, zugleich bewegt es sich nur sehr langsam. So dauern die Regenfälle länger an und sind ergiebig. Zudem intensivieren sich die Niederschläge infolge einer nördlichen Luftströmung an der Nordseite der Alpen (Stau-Effekt).

Deshalb hat es im südlichen Bayern besonders viel geregnet, mit Regenmengen binnen 48 Stunden von vielerorts 30 bis 50 Liter pro Quadratmeter (Stand: 1.6.). In weiten Teilen Schwabens und des westlichen und nördlichen Oberbayern wurden in diesem Zeitraum gar mehr als 60 Liter pro Quadratmeter gemessen, darunter in Sigmarszell am Bodensee mit 160 Liter - eine solche Regenmenge in so kurzer Zeit wird laut amtlicher Statistik in dieser Region nur alle 50 bis 100 Jahre registriert.

Wären es nur diese Regenfälle, wäre Bayern in puncto Hochwassergefahr möglicherweise noch glimpflich davonkommen. Doch es gibt noch einen weiteren Faktor. Es ist die meteorologische Vorgeschichte: Der Mai brachte vielerorts übernormale Regenmengen, im Schnitt fiel 30 Prozent mehr Regen als normal. Die Böden sind gesättigt mit Wasser, viele Flüsse kaum mehr aufnahmefähig.

Zum Teil sorgte das bereits zu Pegelständen, wie sie statistisch gesehen nur einmal in hundert Jahren erreicht werden. So führten in der Nacht zu Sonntag die Flüsse Günz, Memminger Ach, Kammel, Mindel, Paar und Maisach so viel Wasser wie bei einem Jahrhunderthochwasser.

Nach kurzer Pause: Neue Unwetter mit Starkregen

In der Nacht auf Sonntag hat der Dauerregen zwar vielerorts eine kleine Verschnaufpause eingelegt, doch der Deutsche Wetterdienst warnt bereits vor neuen Wassermengen. Ab den Mittagsstunden ziehen demnach von Nordosten kommend gebietsweise kräftige Gewitter mit Unwetterpotenzial auf. Wieder ist auch mehrstündiger Starkregen möglich. Laut den Wetterexperten können dabei kleinräumig bis 50 Liter pro Quadratmeter, lokal eng begrenzt auch bis zu 70 Liter pro Quadratmeter innerhalb weniger Stunden zusammenkommen.

Für den Start der neuen Woche sind laut DWD nur noch südlich der Donau Gewitter zu erwarten. Diese könnten aber weiterhin unwetterartig ausfallen, hieß es. 

Grafik: Bayernkarte - Wetterwarnungen des DWD

Hochwasser-Lage könnte sich wieder verschärfen

Laut Hochwassernachrichtendienst Bayern waren an den südlichen Donauzuflüssen und an der oberen Donau selbst die Scheitel im Oberlauf Sonntagnacht überwiegend erreicht, mit dem Durchzug der Unwetter kann das Wasser aber zum Teil kurzfristig wieder steigen. Mit deutlichen weiteren Anstiegen muss noch in Mühlried und insbesondere Manching an der Paar, Offingen/Mindel, im Unterlauf der Zusam und der Schmutter, sowie an der Abens in Aunkofen und Geisenfeld/Ilm gerechnet werden.

Der Pegel Neu Ulm/Bad Held ist im Scheitel bei der höchsten Meldestufe 4. In Günzburg wurde der Scheitel für die frühen Morgenstunden in Meldestufe 3 erwartet, in Dillingen am Nachmittag in Meldestufe 2. Für Donauwörth ist die Prognose durch die Überlagerung der Hochwasserwellen noch mit größeren Unsicherheiten behaftet, Meldestufe 4 sollte am Montag überschritten werden.

Unterhalb von Neuburg bis Passau erreichen die Wasserstände spätestens Montag Meldestufe 3, in Neuburg, Kelheim, Regensburg, Schwabelweis, Straubing am Sonntag auch Meldestufe 4. Die Scheitel werden erst Anfang der Woche erwartet, dann liegen weitere Donaupegel Meldestufe 4.

Auch im Isar-Einzugsgebiet sind die Wasserstände vor allem an der Amper durch die westlichen Zuflüsse stark am Steigen.

Welche Rolle spielt die Klimakrise?

Der Klimaforscher Harald Kunstmann vom Campus Alpin des Karlsruher Instituts für Technologie wies im BR24 extra am Samstagabend darauf hin, dass in Bayern aufgrund des Klimawandels solche Extremwetterereignisse in Häufigkeit und Intensität zunehmen werden. Grund sei zum einen, dass mit der globalen Erwärmung auch mehr Feuchtigkeit in der Luft sei, die zu mehr Regen führe. Hinzu komme, dass die Wetterlagen auch viel lang anhaltender würden, wodurch noch mehr Niederschlag fallen könne. "Wir wissen auch, dass diese V-b-Wetterlage in den letzten Dekaden sehr viel häufiger geworden ist. Insofern sind wir also gut beraten, uns in Bayern auf diese Art Extremereignis noch besser einzustellen" so Kunstmann.

Im Video: Extremwetterlagen kommen immer häufiger vor

Fachleute sprechen in Teilen Bayerns von einem Jahrhunderthochwasser - einem Ereignis, das statistisch nur alle 100 Jahre vorkommt.
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Fachleute sprechen in Teilen Bayerns von einem Jahrhunderthochwasser - einem Ereignis, das statistisch nur alle 100 Jahre vorkommt.

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